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27.10.07 / Wahre Gefühle / Junge Frau vertraut geheimen Briefen Sorgen an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-07 vom 27. Oktober 2007

Wahre Gefühle
Junge Frau vertraut geheimen Briefen Sorgen an

„Lieber Luca“, so beginnen die Briefe, welche Simone in einer roten Keksdose vor ihrem Freund Frank in einer verschlossenen Schublade versteckt hält.

Eigentlich hatte Simone gedacht, ihre Vergangenheit und die Ehe mit Gianni erfolgreich verdrängt zu haben, doch nachdem sie eines Tages einen alten Einkaufszettel mit seiner Handschrift findet, brechen die alten, nie richtig verheilten Wunden wieder auf.

Die von Rücksicht und freundlichem Miteinander geprägte Beziehung zu Frank wird ihr plötzlich zur unerträglichen Last und sie beginnt zu verstehen, weshalb sie zum Beispiel seine Obsession für die Formel 1 nie als störend empfunden hat.

„Daß ich diese Leidenschaft zwar nicht teile, aber toleriere, ist in Franks Augen einer meiner größten Vorzüge. Er preist oft und gerne, vor allem im Kreis seiner neidischen Freunde, meine Großzügigkeit auf diesem Gebiet, was mir peinlich ist ... Er denkt nur das Beste von mir, das beschämt mich. Denn meine hochgelobte Toleranz ist in Wahrheit Gleichgültigkeit.“

Franks Pläne, zusammen eine Eigentumswohnung zu finanzieren, treffen bei Simone auf wenig Begeisterung, doch erwähnt sie ihre Vorbehalte ihm gegenüber mit keinem Wort. Nur in ihren Briefen an Luca, kann sie ihren wahren Gefühlen und Gedanken Ausdruck verleihen.

„Es ist kurz vor sechs, ich sitze auf einer Bank an der Isar, gleich gegenüber vom Flaucher, wo wir beide früher oft gebadet haben, du erinnerst dich bestimmt; in den Sommerferien haben wir oft, ausgerüstet mit einem großen Picknickkorb, ganze Tage dort verbracht. Es ist inzwischen dunkel. Ich will noch nicht nach Hause, obwohl Frank wahrscheinlich schon auf mich wartet und mir von seinem Termin bei der Bank erzählen will ...“

Nur nach und nach kann der Leser erahnen, um wen es sich bei dem mysteriösen Adressaten Luca handelt und welche eine Rolle er in Simones Leben spielt.

Durch den geschickten Aufbau des Romans schürt Marina Borger die Neugier des Lesers solange, bis er endlich erfährt, wer Luca ist. Doch beginnt erst ab diesem Moment auch das eigentliche Drama, welches sich bis zum Ende des Buches immer weiter zuspitzt.

Mit viel Einfühlungsvermögen gibt die Autorin einen Einblick in die Komplexität von Beziehungen unter Partnern und innerhalb der eigenen Familie.

Denn wer kennt sie nicht, die zahllosen Gründe, die einen daran hindern, dem Partner, den Eltern oder den Kindern die wahren Gefühle vorzuenthalten und hinter einer Maske von Gelassenheit, Wut oder gar Desinteresse zu verbergen.

„Wie so viele Menschen habe ich geglaubt, Stolz sei eine positive Eigenschaft, Synonym für ein gesundes Selbstwertgefühl, für Achtung vor der eigenen Person. Dabei zählt er als ,Superbia‘, auch Hoffart, Eitelkeit oder Hochmut genannt, zu den sieben Todsünden. Mein Stolz hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Er hat mich um Gianni gebracht und auch um dich.“

Eine intelligenter Roman, der einen daran erinnert, wie wichtig es ist, sich selbst und das eigene Leben immer wieder zu hinterfragen und gegebenenfalls auch zu ändern, für das eigene Glück, das des Partners und der Familie.         A. Ney

Martina Borger: „Lieber Luca“, Diogenes, Zürich 2007, 18,90 Euro, Best.-Nr. 6412


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