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03.11.07 / Was Küche und Keller bieten / Das Ahrtal kann nicht nur edle Tropfen, sondern auch kulinarische Genüsse aufweisen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-07 vom 03. November 2007

Was Küche und Keller bieten
Das Ahrtal kann nicht nur edle Tropfen, sondern auch kulinarische Genüsse aufweisen
von Uta Buhr

Bitte die Gurkenscheiben ganz fein schneiden!“ Carsten Cohrs, Chef der Kochschule „La Cucina“ in Remagen, hat auf alle Kursusteilnehmer ein Auge. Es macht Spaß, mit diesem Künstler ein Gourmet-Menü zu kreieren. Während wir schnippeln, rühren und probieren, trinken wir genüßlich ein Glas Rieslingsekt aus dem benachbarten Weingut Burggarten. Unser Hors d’Oeuvre, ein Cocon vom Zander auf buntem Linsensalat in Holunderblütenvinigrette, ist gelungen. Später wird aus den eigenen Reihen hier und da Kritik geübt: „An der Spargelsuppe mit den Garnelen war etwas zuviel Salz“, findet die Dame zu meiner Linken. Doch unser Lehrer ist am Ende des Festmahles zufrieden mit uns: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Aber ihr habt eure Sach’ schon recht gut gemacht. Weiter so daheim!“

„Wer rastet, rostet“, sagt Waltraud Bündgen von Rheinland-Pfalz Tourismus. „Wir lassen uns immer etwas Neues einfallen, damit es unseren Gästen nie langweilig wird.“ Unter dem Motto „Topfgucker und Weinnase“ nehmen Touristen aktiv am Geschehen rund um Weinberg und Winzerküche teil. „Trinken ist keine Sünde! Schon in der Bibel steht, daß der Wein des Menschen Herz erfreut. Lesen Sie nach unter Psalm 104. Wohlsein“, schmunzelt die Winzerin aus Rech und hebt ihr Glas. Wir prosten ihr inmitten blühender Rebhänge zu. In unseren Gläsern funkelt rubinroter Spätburgunder.

„Sie befinden sich in einem der schönsten Seitentäler des Rheins. Unsere wunderbaren Weine verdanken wir dem trockenen warmen Klima. Die Meteorologen sprechen von einem Sonderklima an der Ahr. Wir leben und arbeiten hier in einem der regenärmsten Gebiete Deutschlands.“ Das Ahrtal ist berühmt für seine filigranen Früh- und Spätburgunder.

Doch vor den Ertrag haben die Götter den Schweiß gesetzt. Der Weinanbau auf den steil abfallenden Terrassen ist sehr mühsam und fordert den Winzern nahezu alpine Kletterkünste ab. Die junge Frau trägt schwere Arbeitsstiefel mit ausgeprägten Profilen. Sie kraxelt ein Stück den Hang hinauf und erklärt Beschnitt, Laubarbeit und Weinlese. „Alles Handarbeit“, betont sie. „Maschinen kommen hier nicht zum Einsatz.“

Sie freut sich darüber, daß immer mehr Touristen kommen, um dem Winzer bei seiner Arbeit über die Schulter zu blicken. „Das ändert auch die Trinkgewohnheiten. Ein Wein, in dem soviel Mühe und Arbeit steckt, wird andächtig verkostet und nicht schnell hinunter gestürzt.“

Das Ahrtal umfaßt etwa 500 Hektar Rebfläche. Es zählt zu den kleineren deutschen Weinanbaugebieten und ist gleichzeitig das nördlichste Rotweinanbaugebiet der Welt. Über 35 Kilometer erstreckt sich der „Rotweinwanderweg“.

Er beginnt in Bad Bodendorf und führt durch sattgrüne Weinberge nach Altenahr. Tief unten, gerahmt von einer wild-romantisch zerklüfteten Felsenlandschaft, begleitet das silberne Band der Ahr den Wanderer. Ein Reihe schmucker Weinorte säumt das enge Tal.

„Ein Städtchen wie auf einer Hochglanzpostkarte“, schwärmt ein Tourist aus Norddeutschland bei der Ankunft in Ahrweiler. Eine intakte, von Türmen gekrönte viertorige Stadtmauer umschließt ein Ensemble prächtiger Fachwerkhäuser.

Als Kontrastprogramm lädt gleich nebenan Bad Neuenahr zum Entspannen in seinem modernen Kurbetrieb ein. „Morgens genießen wir die ‚Sinfonie der Sinne‘, ein wunderbares Relaxprogramm mit Massagen, Packungen und einem Bad in den Heilquellen, damit wir abends wieder nach Herzenslust schlemmen können. Und in der Spielbank gewinnen wir das Geld für diesen Luxus!“ Das fidele Damenquartett in der Trinkhalle läßt es sich schon seit einer Woche hier gut gehen. Natürlich gehört zur Abrundung dieser Genußreise auch die Erkundung der Umgebung: Um die beiden steil in den Himmel ragenden Felsen Bunte Kuh und Teufelsley ranken sich viele Legenden. Die dramatischste erzählt ein alter Winzer in seiner Straußwirtschaft an den Ufern der Ahr: „Während der Verfolgung einer holden Maid stürzte einst ein Raubritter mit seinem Pferd in die Tiefe. Den Abdruck der Hufe können Sie noch auf dem Felsen dort drüben erkennen. Und leider ertrank auch die schöne junge Frau in den Fluten des Flusses. Wenn die Ahr viel Wasser führt, kann sie sehr wild sein.“

Wer sich nach einer langen Wanderung in einer urigen Weinstube niederläßt, wird mit allem verwöhnt, was Küche und Keller eines Winzerortes bieten. Köstlich ist der leckere Zwiebel-Lauch-Kuchen, der in der heimischen Mundart schlicht „Kooche mot Öloch und Breeloch“ heißt. Nach der Vesper geht’s wieder hinauf in die Weinbergterrassen mit Ziel Rech, einem Ort, dessen Häuser hinter üppigem Weinlaub und einem Meer bunter Blumen hervorlugen. Auch Mayschoss sollte niemand links liegen lassen. Hier wurde 1868 die erste Winzergenossenschaft Deutschlands gegründet. Im kühlen Kellergewölbe befinden sich neben einem kleinen Weinmuseum Räume, in denen Gerätschaften ausgestellt sind, die Anno dazumal am Weinberg zum Einsatz kamen.

Die letzte Etappe unserer Reise durch das „Tal der roten Trauben“ führt nach Heppenheim zu einer kulinarischen Legende. Hans Stefan Steinheuer, ein mit zwei Michelin-Sternen geadelter Spitzenkoch, verwandelte den einfachen Landgasthof seiner Eltern in einen der ersten Gourmettempel Deutschlands.

In dem schlicht-eleganten Gastraum werden Menüs serviert, bei denen man nur die Augen schließen und genießen kann. „Fast so gut wie unser selbst gekochtes Festmahl in der Kochschule von Remagen“, witzelt einer aus unserer Gruppe beim Hauptgang.

Der Rehrücken ist so zart, daß er auf der Zunge zergeht. Zum Essen werden Weine des Traditionsweingutes Jean Stodden in Rech gereicht. Die Geschichte der Winzerfamilie Stodden geht bis auf das Jahr 1578 zurück. Während Jean Stodden seine Gäste durch den Barriquekeller führt und sie seine edelsten Tropfen verkosten läßt, erklärt er die Philosophie des Hauses: „Wir fühlen uns verpflichtet, im Einklang mit der Natur alles zu tun, unseren Wein zur Vollendung zu bringen. Bei uns geht Klasse vor Masse. Das beginnt bereits beim Rebschnitt.“

Stoddens Weine – speziell die Früh- und Spätburgunder – genießen Weltruf. Echte Weinkenner müssen sich sputen, um noch ein paar Flaschen zu ergattern. Sehr zum Wohl!

Auskunft: Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH, Löhrstraße 103-105, 56068 Koblenz, Telefon (02 61) 91 52 00  oder im Internet unter www.rlp-info.de.


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