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03.11.07 / Ohne jegliche Distanz / Biographie über Heinrich von Trott zu Solz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-07 vom 03. November 2007

Ohne jegliche Distanz
Biographie über Heinrich von Trott zu Solz

Die Autorin Michaela Seul, Jahrgang 1962, ist wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind zu dem Thema für die hier vorliegende Biographie „Ein aufrechtes Leben – Heinrich von Trott zu Solz“ gekommen. Dabei interessierte sie die „braune Vergangenheit“ nicht. „Mich interessierten andere Gebiete, andere Themen. Anregendere, leichtere, wie ich glaubte. Und auch interessantere. So, als wäre diese Vergangenheit ein schwerer schwarzer Eisenklotz.“

Von diesem anfänglichen Unwillen merkt man der Autorin allerdings nichts an. Sie, die häufig als Ghostwriterin arbeitet und Krimis und Ratgeber verfaßt, schreibt voller Begeisterung über Heinrich von Trott zu Solz, den jüngeren Bruder des im Zusammenhang des Hitler-Attentates vom 20. Juli 1944 hingerichteten Adam von Trott zu Solz. Bedauerlicherweise merkt man der Schriftstellerin auch ihr geringes Wissen über die Zeit an. Da ihr der von ihr Dargestellte sehr sympathisch ist, kommt noch mangelnde Distanz hinzu, so daß das Buch auch noch langweilig wird. Bedauerlicherweise setzt die Autorin, die die Familie von Trott zu Solz offenbar vor ihrem Buch-Projekt auch nicht kannte, voraus, daß ihre Leser zumindest die Entwicklungen um den hingerichteten Adam kennen, und so kann nicht jeder ihr folgen, wenn sie mitten ins Thema springt.

Auch wird dem Leser nicht deutlich, warum Heinrich von Trott zu Solz selbst als Widerständler angesehen wird. Nur weil er desertiert ist und einen Verleger nachweisbar gebeten hat, regime-kritische Veröffentlichungen herauszubringen, was aber nie geschah, ist man eigentlich noch kein Held. Während sein deutlich älterer Bruder Adam handelte, belegen intellektuell verworrene, teils schrecklich pathetische Aufzeichnungen nur die innere Distanz des einst begeisterten Hitler-Jungen Heinrich zum NS-Staat. „Die Qualen und die Erhabenheit ritterlicher Höhe und ,Geborgenheit‘ haben gewechselt mit der Preisgegebenheit und Nacktheit, Spielball zu sein der Willkür und der Herrlichkeit über alle Maßen … Der katastrophale Vorgang wandelt sich in ihm zur Bereitschaft, das Leiden auf sich zu nehmen und aus ihm den Kern einer großen Liebestat zu lösen …“

Das Buch wechselt zwischen Tagebuchaufzeichnungen des Dargestellten und Erkenntnissen der Autorin und beide zeugen davon, daß die Verfasser alles andere als den Durchblick hatten beziehungsweise haben. Das Pathos des einen und die Naivität der anderen werden schnell offenbar und lassen das vorliegende Buch in die Mittelmäßigkeit abrutschen. Bel

Michaela Seul: „Ein aufrechtes Leben – Heinrich von Trott zu Solz“, Herbig, München 2007, geb., 263 Seiten, 19,90 Euro, Best.-Nr. 6427


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