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03.11.07 / Der Mohr des Prinzen / Eine preußische Familie mit dunkler Haut: die Sabac el Chers

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-07 vom 03. November 2007

Der Mohr des Prinzen
Eine preußische Familie mit dunkler Haut: die Sabac el Chers

Vielleicht erinnern sich einige Leser der PAZ an den Artikel „Einmal im Walzertakt“ aus der Weihnachtsausgabe 2006 von Ruth Geede. Das Bild zum Artikel war dasselbe wie jenes auf dem Titel des Buches „Preußisches Liebesglück – Eine deutsche Familie aus Afrika“. Es geht um die Familie des lange Zeit in Königsberg wohnenden Gustav Sabac el Cher, „den einzigen schwarzen Kapellmeister der deutschen Armee“, wie die „Neue Illustrierte Zeitung“ 1897 schrieb.

Das Autoren-Duo nimmt den Leser mit in eine Zeit vor über 150 Jahren. 1843 reiste der unglücklich verheiratete Preußen-Prinz Albrecht, jüngster Sohn von Königin Luise, nach Ägypten. Sein Bruder, König Friedrich Wilhelm IV., hatte ihm die erbetene Scheidung vorerst verwehrt und hoffte, daß eine Zeit der Trennung die Ehe wieder kitten würde. Zwar ging der Wunsch des Königs nicht in Erfüllung, die Ehe wurde unter viel Häme der Presse geschieden (beide Ehepartner waren schon lange neu liiert), dafür brachte Albrecht viele Dinge von seiner Arabien-Reise mit. Eines dieser „Dinge“ war ein Geschenk des ägyptischen Vizekönigs Mehmed Ali: ein siebenjähriger dunkelhäutiger Knabe. Dieser erhielt den Namen August Albrecht Sabac el Cher und begleitete den Prinzen von nun an über mehrere Jahrzehnte. Zahlreiche, im Buch enthaltende Zeichnungen zeigen den Prinzen in Begleitung des Dunkelhäutigen. Dieser erhielt eine entsprechende Ausbildung und wurde als Bediensteter bei Hofe angemessen für seine Leistungen entlohnt.

„Das Klima im preußischen Staat der 40er und 50er Jahre war mehr von Neugier auf das ,Fremde‘ geprägt als von den deutlich ablehnenden Tönen, die bald darauf laut werden sollten“, schreiben die Autoren. Und so war die dunkle Hautfarbe für August Sabac el Cher eher eine positive Tatsache, die ihn beruflich sogar weiter brachte. 1867 heiratete er die deutsche Anna Maria Jung, Tochter eines Berliner Kleidermachers, dessen Frau eine geborene von  Reitzenstein war. Ihren Kindern Gustav und Elise war ein unterschiedliches Schicksal beschieden. Während Gustav, der übrigens wie zahlreiche Fotos zeigen, keineswegs so dunkelhäutig war wie auf dem Gemälde, Karriere als Kapellmeister machte, wurde Elise in jungen Jahren unehelich schwanger und blieb unverheiratet. Auch ihre Tochter Gertrud sollte früh Mutter werden, hatte jedoch einen ihr stets treu ergebenden Bankangestellten zum Mann. Elises Enkelin Editha Horn war sogar als Schauspielerin während der NS-Zeit und auch danach relativ erfolgreich.

Anhand von Fotos, Aufzeichnungen und Zeugenberichten erstellen die beiden Autoren ein umfassendes Bild der Familie. Da die Materiallage aus dem 19. Jahrhundert eher dünn war, läuft der Anfang des Buches ein wenig schleppend an, danach zieht das Schicksal der interessanten Familie jedoch in seinen Bann. Dank Tagebuchaufzeichnungen und Briefen schildern die Autoren auch die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander. So erfährt man, daß die Söhne von Gustav, Herbert und Horst, sehr an ihrer Familie hingen. Beide fingen früh an zu musizieren und gingen auch beruflich in die ihnen von Seiten ihres Vaters vorgegebene Richtung. Während Herbert jedoch beruflich Erfolg hatte, hatte Horst weniger Glück. 1943 fiel er als Soldat im Zweiten Weltkrieg.

Der Zweite Weltkrieg und die deutsch-deutsche Teilung riß die Familie auseinander. Horsts Frau und die Kinder und Kindes-Kinder von Elise blieben auf dem Gebiet der DDR, Herbert lebte mit seiner Familie im Westen.

Über fünf Generationen fühlt der Leser mit der Familie Sabac el Cher mit, um so trauriger ist es, daß der Stammbaum der geschichtsträchtigen Familie in der Gegenwart endet. Elises Enkelinnen Editha und Ilse blieben unverheiratet und kinderlos und auch die Kinder von Gustav hatten wenig Nachfahren. Horst starb kinderlos und Herberts Sohn Axel hat zwar eine Tochter (*1965), doch Kinder werden nicht angeführt.

„Die Spurensuche, die mit einem militärhistorischen Gutachten begann und gleich mehrere Künstlerbiographien zutage förderte, endete so in einer Familienzusammenführung“, endet das Autoren-Duo und meint damit, daß Axel das Grab von seinen Großeltern Gustav und Gertrud sowie von seiner Cousine Ilse pflegt. „Die schwarze Hautfarbe des Stammvaters ist ebenso verblaßt wie die Erinnerung an ihn. Die afrikanischen Wurzeln sieht man weder Axel noch seiner Tochter Angela an. Die promovierte Betriebswirtin ist die letzte Trägerin des illustren Namens Sabac el Cher.“ R. Bellano

Gorch Pieken, Cornelia Kruse: „Preußisches Liebesglück – Eine deutsche Familie aus Afrika“, Propyläen, Berlin 2007, geb., zahlr. Abb., 271 Seiten, 24 Euro, Best.-Nr. 6429


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