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10.11.07 / Der Horrorfall Pakistan / Die Atomwaffen des Landes sind nur schlecht geschützt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-07 vom 10. November 2007

Der Horrorfall Pakistan
Die Atomwaffen des Landes sind nur schlecht geschützt
von Klaus D. Voss

Die Welt muß die Luft anhalten – die Staatskrise in Pakistan gehört zu den gefährlichsten Szenarien, die Sicherheitspolitiker ins Kalkül ziehen: Die Lunte am Pulverfaß brennt.

Der Westen macht sich in diesem Fall höchstens in zweiter Linie Sorgen um die Zukunft der Demokratie in Islamabad, seit Staatschef Pervez Musharraf den Ausnahmezustand verhängt hat. In erster Linie heißt die bange Frage: Was geschieht mit dem Kernwaffen-Arsenal des Landes? Zum ersten Mal ist der Horrorgedanke von Atombomben in den Händen von Terroristen nicht mehr nur Fiktion.

Mitteleuropa darf sich leider keine übertriebenen Hoffnungen machen, weil die pakistanischen Trägerraketen maximal 3500 Kilometer weit reichen – von Pakistan aus könnte jedes Land im Nahen Osten, der Süden Rußlands, China und natürlich der Erzrivale Indien angegriffen werden. Europa und die USA sind gefährdet, wenn andere Träger für die Kernwaffen eingesetzt werden sollten – etwa der kaum zu kontrollierende Transport ans Ziel mit Seeschiffen.

Entscheidend ist die Frage, ob General Musharraf, der sich 1999 unblutig an die Macht geputscht hatte, und die Sicherheitskräfte die Lage unter Kontrolle halten können – die Erfahrungen der letzten zehn Jahre aus vielen Ländern zeigen, daß Polizei und Militär die Macht nicht demokratisch verankerter Regierungen gegen eine aufbegehrende Bevölkerung kaum erhalten können: Die Beispiele reichen von Belgrad über Kiew bis Moskau.

In Pakistan ist die Lage besonders dramatisch, weil das Musharraf-Regime jetzt  nicht nur die demokratischen Kräfte des 160 Millionen Einwohner starken Landes gegen sich aufgebracht hat. In weiten Teilen Pakistans beherrschen radikale Islamisten das Leben.  Auch in der Armee bis ins Offizierscorps haben die Islamisten Anhänger; das macht die Sicherheitslage jetzt unkalkulierbar.

Pakistan verfügt über mindestens 24, vermutlich aber mehr als 70 nukleare Sprengkörper. Pakistan ist in der Lage, pro Jahr spaltbares Material für vier bis sechs weitere Bomben herzustellen. Das ist das Szenarium, das mit der Gefahr durch die „islamische Bombe“ umschrieben wird. Wie schlecht es um die Sicherheit der pakistanischen Kernwaffen steht, haben viele Experten über die Jahre zusammengetragen. So heißt es etwa in einer Studie der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) aus dem Jahr 2001, daß in Pakistan die zivilen Regierungen kaum Einfluß auf die Nuklearaktivitäten nehmen könnten.

Die genauen Lagerorte der Kernwaffen kennt nur das Militär, aber die Bomben sind nicht ausreichend gesichert. Zwar werden nach Expertenberichten das spaltbare Material und die Zündeinrichtungen getrennt gelagert, doch sollen schon durchschnittliche Physikkenntnisse ausreichen, die Teile zusammenzufügen. Besondere elektronische Sicherungen, wie sie etwa in den USA oder in Rußland üblich sind und die einen Einsatz der Kernwaffen ohne Mitwirkung der Präsidenten unmöglich machen, gibt es nicht. Sollten die pakistanischen Kernwaffen Terroristen in die Hände fallen, wären sie auch in der Lage, sie zu zünden, heißt es in der HSFK-Studie von Alexander Kelle und Annette Schaper.


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