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10.11.07 / Oma ihr klein’ Häuschen / Große Koalition einigt sich auf neue Freibeträge bei der Erbschaftssteuer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-07 vom 10. November 2007

Oma ihr klein’ Häuschen
Große Koalition einigt sich auf neue Freibeträge bei der Erbschaftssteuer
von Rebecca Bellano

Mit den Worten „Und die Koalition bewegt sich doch“ kommentierte „Spiegel Online“ die Einigung von Union und SPD zu einer Veränderung der Erbschaftssteuer. Und tatsächlich scheint es so, als hätten Peer Steinbrück (SPD) und Roland Koch (CDU) nach monatelangen Verhandlungen eine saubere Gesetzesänderung ausgearbeitet.

Wer seit Jahren seine ältliche Erbtante pflegt und hofft, nach ihrem Ableben so einiges zu erben, muß allerdings mehr als zuvor den Nachlaß mit Vater Staat teilen. Allerdings war von vornherein klar, daß es bei der Gesetzesänderung Gewinner und eben Verlierer geben wird, denn Vorgabe war, daß die Reform auf gar keinen Fall etwas kosten sollte. Das Erbschaftssteueraufkommen von vier Milliarden Euro im Jahr sollte konstant bleiben, also stand schon von Beginn an fest, daß es sich nur um eine Umverteilung handeln würde. Doch auch das ist schon ein kleiner Sieg, liebäugeln doch vor allem die Linken immer wieder mit der Erbschaftssteuer, die nicht umsonst den Beinamen Neidsteuer zugedacht bekommen hat.

Eigentlich hat sich die Große Koalition auch gar nicht freiwillig an die Arbeit gemacht. Da aber das Bundesverfassungsgesetz aufgrund einer Klage einer unzufriedenen Erbin festgestellt hatte, daß es eine Ungleichbehandlung sei, Immobilien und Betriebsvermögen nur zu 60 Prozent ihres tatsächlichen Wertes zu besteuern, während Kapitalvermögen und Aktien voll unter die Erbschaftssteuer fielen.

Es mußte noch in diesem Jahr gehandelt werden, da das Bundesverfassungsgericht dies forderte und die neue Gesetzesänderung auch schon ab dem 1. Januar 2007 rückwirkend in Kraft tritt.

Damit „Oma ihr klein’ Häuschen“ von der Steuer freigestellt wird, wie Peer Steinbrück es bereits versprochen hat, blieb also nur, die Freibeträge der nahen Verwandten zu erhöhen. So dürfen Ehegatten jetzt statt zuvor 307000 Euro 500000 Euro steuerfrei erben. Jedes Kind erhält nun einen Steuerfreibetrag von 400000 Euro (bisher 207000 Euro) und Enkel dürfen jetzt 200000 Euro statt zuvor 51000 Euro erben, ohne dem Staat etwas abgeben zu müssen. Der Wert des Hausrates darf allerdings genau wie zuvor nicht 41000 Euro übersteigen.

Da, wie gesagt, der Gesamtwert der Erbschaftsteuereinnahmen nicht sinken soll, müssen dafür Eltern, Geschwister, Neffen, Nichten oder Freunde mehr von ihrem Erbe an den Staat geben. Neben einem geringen Freibetrag von nur 20000 Euro greifen hier höhere Steuersätze. Für eingetragene Lebenspartner wurde immerhin eine Sonderregelung geschaffen: Sie haben einen so hohen Freibetrag wie der Ehepartner, müssen allerdings alles darüber mit einem höheren Steuersatz geltend machen.

Die höheren Freigrenzen sorgen dafür, daß die Finanzbeamten trotz gleichbleibender Erbschaftssteuereinnahmen auch weniger zu tun haben, denn statt 220000 Fällen, bei denen die Erbschaftssteuer greift, sollen es jetzt nur noch 120000 bis 140000 Fälle sein. Die Erbschaftssteuer bleibe also weiterhin „ein Recht, das die wenigsten betrifft“, versprach Hessens Ministerpräsident Koch anläßlich der Veränderungen.

Ein weiteres Problem hat die Runde um Peer Steinbrück und Roland Koch ebenfalls in Angriff genommen. So ächzten viele Firmenerben unter der Last der Erbschaftssteuer, manche mußten sogar deswegen den Betrieb aufgeben, da sie die geforderte Summe nicht aufbringen konnten oder wollten. Nun allerdings wird die Steuerschuld jährlich um ein Zehntel der größtmöglichen steuerfreien 85 Prozent des Betriebsvermögens erlassen. Wird der Betrieb verkauft, muß also nur noch die restliche Steuerschuld beglichen werden. Für Kleinbetriebe ist eine Freigrenze von 100000 bis 150000 Euro im Gespräch. Die Regierung hofft so, Arbeitsplätze erhalten zu können. Und damit das auch geschieht, zieht die Stundung nur, wenn die Lohnkosten 70 Prozent der Höhe vor der Betriebsübergabe nicht unterschreiten.

Wer eine vermietete Immobilie erbt, erhält übrigens einen Abschlag von zehn Prozent auf die Bewertungsgrundlage. Die Regierung hofft, so Kapital in den Wohnungsbau zu ziehen. Auch für die Landwirtschaft wird es Ausnahmen geben.


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