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10.11.07 / Gezänk und faule Kompromisse / Österreich: Die ungewollte Koalition schleppt sich über die Runden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-07 vom 10. November 2007

Gezänk und faule Kompromisse
Österreich: Die ungewollte Koalition schleppt sich über die Runden
von R. G. Kerschhofer

Wenn man den Regierungsalltag in Österreich mit dem in Deutschland vergleicht, fallen verblüffende Ähnlichkeiten auf. Es scheint ziemlich egal zu sein, wer in „großen“ Koalitionen den Regierungschef stellt, denn regiert wird hauptsächlich durch Reagieren – in Angst vor „Nicht-Regierungs-Organisationen“, der veröffentlichten Meinung und dem Ausland.

Da sich aber die Auslöser für Anlaßgesetze unterscheiden, gibt es doch immer wieder Berichtenswertes. So etwa ist die Affäre um eine kosovarische „Asylanten“-Familie zwar noch nicht gelöst, aber sie brachte SPÖ und ÖVP dazu, sich auf die Errichtung eines Asyl-Gerichtshofs zu einigen. Was neue Arbeitsplätze verspricht – wohl auch für Soziologen und dergleichen. Ob durch die erhoffte Verkürzung der Verfahren die Mehrkosten für den Steuerzahler wieder hereinkommen, wird allerdings davon abhängen, ob man die zahlreichen Asyl-Schwindler dann tatsächlich abschieben „darf“. Angesichts „europäischer“ Kritik am österreichischen Fremdenrecht eher fraglich.

Geeinigt hat man sich auch auf die „Online-Fahndung“. Wenigstens im Prinzip, denn es hagelt Proteste aller Art, und der Teufel steckt im Detail. Man müßte ja die Anbieter von „Firewall-Software“ dazu zwingen, ihre Programme so zu modifizieren, daß sie zwar gewöhnliche „Trojaner“ abfangen, nicht aber „amtliche“. Natürlich soll das Eindringen in private PCs nur auf gerichtliche Anordnung erfolgen. Doch wenn es technisch möglich gemacht wird, Trojaner einzuschleusen, um belastendes Material aufzuspüren, dann ist es auch möglich, Trojaner mit belastendem Material einzuschleusen – das dann aufgespürt und gerichtlich verwertet werden kann! Eröffnet ganz neue Perspektiven.

Perspektiven gibt es auch für Homosexuelle, denn die ÖVP geht vom bisherigen Nein zur Homo-Ehe ab. Es soll zwar nur eine „eingetragene Partnerschaft“ sein – doch die hat recht viele Gemeinsamkeiten mit der echten Ehe. Wenn es tatsächlich nur um zivilrechtliche Belange zwischen zwei Personen ginge, könnte man das Ganze ja mit einem gewöhnlichen Vertrag regeln, und wozu dann ein eigenes Rechtsinstitut? Doch der anscheinend bereits weit ins „bürgerliche Lager“ reichenden Homo-Lobby geht es letztlich auch um Dinge wie Pensionsansprüche, Adoptionen und Erbrecht. Da wird wohl noch lange verhandelt werden.

Apropos Erben: Die Erbschaftssteuer, die vom Höchstgericht in ihrer bisherigen Form für verfassungswidrig befunden wurde, wird mangels Einigung der Koalitionspartner ersatzlos auslaufen, und das wird für etliche Österreicher ein unerwartetes Nachspiel haben. Denn da Berlin massenhafte Steuerflucht befürchtet, wurde das Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich bezüglich der Erbschaftssteuer aufgekündigt. Jeder Österreicher, der in Deutschland eine Wohnung gekauft oder gemietet hat, also auch jeder Student, müßte daher bei einem Erbfall in Österreich in Deutschland volle Erbschaftssteuer zahlen.

Soeben hat man sich in der Regierung auch auf das Liebkind aller Linken geeinigt, auf die „Gesamtschule der Zehn- bis Vierzehnjährigen“. Doch in einer Form, die nur als klare Niederlage für die SPÖ und ihre Bildungsministerin gewertet werden kann: Es wird in einigen Dutzend Schulen vierjährige Schulversuche geben – wenn jeweils zwei Drittel der Eltern und der Lehrer an der betreffenden Schule zustimmen. Die Grünen sind empört, und Kritik – natürlich aus anderen Gründen – kommt auch von FPÖ und BZÖ. Wobei sich das BZÖ schwerer tut, weil sich für Kärnten Landeshauptmann Haider schon vorher mit der Bildungsministerin geeinigt hatte.

Über den in Lissabon beschlossenen „EU-Reformvertrag“ fordert zwar die FPÖ eine Volksabstimmung. Doch wie in früheren Fällen wird man Volksabstimmungen wohl zu verhindern wissen, denn der EU-Frust in der Bevölkerung ist allzu groß. Nicht zuletzt auch, da Österreich nun sogar den Import von „Gen-Mais“ zulassen muß, weil sonst die USA Strafzölle gegen die EU verhängen würden.

Aber was ist das schon gegen den Kummer, daß Österreichs Fußballer so knapp vor der Fußball-EM immer noch in einem hoffnungslosen Formtief stecken! Da kann es nur wenig trösten, daß Österreich bei der Tischfußball-WM in Italien gleich mehrere Weltmeistertitel und Podestplätze errang. Immerhin beginnt wieder die Ski-Saison und dies gleich mit einem Doppelerfolg: Denn zwei Weltcup-Slaloms, die Finnland wegen Schneemangels absagen mußte, werden an diesem Wochenende in der Steiermark ausgetragen.


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