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10.11.07 / Weg in Isolation / Bosnien bleibt ein Hexenkessel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-07 vom 10. November 2007

Weg in Isolation
Bosnien bleibt ein Hexenkessel
von Wolf Oschlies

Der Slowake Miroslav Lajcak amtiert seit dem 1. Juli 2007 als hoher UN-Beauftragter in Bosnien. Als letzte Instanz überwacht er die Umsetzung des Dayton-Friedensvertrags, mit dem das Land 1995 nach drei Jahren mörderischen Kriegs militärisch befriedet wurde. Ein ziviler Wiederaufbau steht noch aus, da Dayton das Land in zwei „Entitäten“ spaltete, deren Politiker einander mit Mißtrauen und Blockaden begegnen. Daran sind seit 1995 fünf Amtsvorgänger Lajcaks gescheitert.

Am 19. Oktober verfügte Lajcak Änderungen bei Abstimmungen im Parlament und bei der Zentralregierung, die nach Ansicht von Politikern der „drei konstitutiven Völker“ – Bosnier, Serben, Kroaten – auf eine „ethnische Diskriminierung“ hinauslaufen und wütende Proteste provozierten. Am 1. November trat Ministerpräsident Nikola Spiric, seit 1995 der erste Serbe in diesem Amt, zurück. Wenige Tage zuvor hatten in Banja Luka, Hauptstadt der „Republika Srpska“, zahlreiche Serben mit der Abspaltung gedroht. Gleichzeitig forderte Mustafa Ceric, geistiges Oberhaupt der bosnischen Muslime, bei einem Aufenthalt in den USA einen eigenen „Staat“ für die Muslime. Lajcak wies Ceric zurecht: Er solle keine Erklärungen abgeben, die im Widerspruch zu Dayton stünden. Den zurückgetretenen Premier Spiric nannte er einen Heuchler – der habe ihn oft genug um Hilfe gebeten und nichts anderes habe er, Lajcak, mit seinen jüngsten Maßnahmen getan. Der UN-Gouverneur: Bosnien verfällt politisch und ökonomisch, seine Politiker „wählten den Weg der Isolation statt der EU-Integration“. Dieser Kurs ist „verheerend für das Land“, geht aber weiter, wie die verhinderte Polizeireform und „Blockaden“ zeigen. Dahinter stünden allein nationalistisch getarnte „Interessen an gut bezahlten Jobs“, womit es nun durch einfache Mehrheiten bei Abstimmungs- und Gesetzgebungsverfahren vorbei sei: „Die Bürger haben Parlamentarier nicht gewählt, damit diese die Parlamentsarbeit sabotieren.“ Bis zum 1. Dezember müßten die Änderungen parlamentarisch akzeptiert sein, anderenfalls „werde ich sie kraft meines Amtes aufzwingen“.

Anfang November hatte die EU Kritik an bosnischer Korruption, Rechtsunsicherheit und Reformabstinenz geübt. Zeitgleich übte das internationale „Implementierungskomitee für den Frieden“ (PIC) dieselbe Kritik und stellte sich nach zweitägigen Beratungen in Sarajevo demonstrativ hinter Lajcak. Selbst die Russen, normalerweise auf serbischer Seite, zogen einhellig mit, was die ganze Tiefe der Krise Bosniens verdeutlicht.


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