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10.11.07 / Hilfe für die Helfer / Wie Entwicklungshilfe zur Entwicklungsbremse werden kann

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-07 vom 10. November 2007

Hilfe für die Helfer
Wie Entwicklungshilfe zur Entwicklungsbremse werden kann
von Mariano Albrecht

Gut 4,5 Milliarden Euro stellt die Bundesregierung im Jahr 2007 für die internationale Entwicklungshilfe zur Verfügung. Über die Höhe des Entwicklungshilfeaufkommens aus Nichtregierungsorganisationen (NGO) existieren kaum Angaben. Eines steht jedoch fest: Die Kosten aller Kriege und bewaffneten Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent betrugen zwischen 1990 und 2005 284 Milliarden Euro. Die gleiche Summe pumpte die Weltgemeinschaft in dem Zeitraum an internationaler Entwicklungshilfe in den afrikanischen Kontinent, das geht aus der aktuellen Studie „Africa’s Missing Billions“ (Afrikas verlorene Milliarden) hervor, die im Oktober von den Nichtregierungsorganisationen Oxfam, dem Internationalen Aktionsnetz zu Kleinwaffen IANSA und Saferworld in New York vorgestellt wurde. Verfehlte Entwicklungshilfe?

Nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist seit Ende der 80er Jahre das Gießkannenprinzip, mit dem Entwicklungsgelder verteilt wurden, abgeschafft. Man setzt auf die nachhaltige Unterstützung in der wirtschaftlichen Entwicklung der Länder, doch viele Länder könnten sich längst selbst helfen.

Schuld sind Diktatoren und korrupte Tyrannen, die von den Geberländern noch immer mit Samthandschuhen angefaßt werden, und Gutmenschen, die unkoordiniert, mit im schlimmsten Fall zweifelhaften Projekten in Entwicklungs- und Krisenregionen eingreifen. Beispiel Nigeria: Das westafrikanische Land ist der größte Ölexporteur Afrikas. Die Milliardeneinnahmen sprudeln wie das Öl, und trotzdem ist Nigeria ein internationaler Pflegefall. Im Jahr  2004 erhielt Nigeria 317,6 Millionen US-Dollar Entwicklungshilfe. die Europäische Union unterstützte Nigeria mit 49,8 Millionen US-Dollar, zehn Millionen US-Dollar davon zahlte Deutschland. Statt politischen Druck auf die Regierungen auszuüben, wird munter weiterverteilt.

Es sind besonders die kleineren Initiativen und nichtstaatlichen Organisationen, die oft – gut gemeint, jedoch wenig zielführend – eine eigenständige Entwicklung in Entwicklungsländern behindern. Zweifelhafte Aktionen gipfeln in Unternehmungen wie der der französischen Hilfsorganisation Arche de Zoe, die Waisenkinder aus dem sudanesischen Darfur nach Europa bringen wollte. Nun sitzen die vermeintlichen Helfer unter dem Verdacht der Kindesentführung im Tschad in Haft. Andernorts werden zaghaft gewachsene Strukturen durch fehlgeleitete Entwicklungshilfe gefährdet.

Das Internetportal www.Kava.org ist ein weltweites Netzwerk für die Vergabe von privaten Kleinkrediten. Die gute Absicht: Unterstützer können Existenzgründer in Entwicklungsländern mit Kleinkrediten auf die eigenen Beine helfen. Bei Kava können Spender aus aller Welt mit Beträgen ab 25 Euro helfen. Das Geld wird als Kredit gewährt, kein Geber muß den gesamten Kredit finanzieren und bei Rückzahlung fließt das Geld in das nächste Projekt. Das Problem bei der gutgemeinten Initiative ist, daß mittlerweile Banken vor Ort kaum noch Geschäfte machen, weil die Hobbybanker mit ihren Null-Zins-Krediten das Geschäft kaputt machen. Resultat einer ungesteuerten Entwicklungshilfe. Professionelle Kontroll- und Koordinierungsinstanzen fehlen.

Das deutsche Ingenieurunternehmen Gauff ist seit den 60er Jahren planend und beratend in Entwicklungsländern tätig. Die Auftragsbücher sind über Jahre voll. Dem 76jährigen Firmengründer Helmut-Paul Gauff ist die karitative Unterstützung der Entwicklungsländer, in denen sein Unternehmen kommerziell tätig ist, wichtig. Neben den eigentlichen Projekten kümmert sich das Unternehmen um die Schaffung von Infrastrukturen und die Bildung und Ausbildung der Menschen vor Ort, ein ganzheitliches Konzept, das aus der Firmenkasse finanziert wird. Weitsicht statt Geschäftemacherei und Selbstzweck. Den meisten Entwicklungshilfeorganisationen fehlt nach Gauffs Worten die Kompetenz und die Durchsetzungskraft im Umgang mit den Einheimischen. „Wenn unsere Projekte  funktionieren sollen, müssen wir auch die Betreiber ausbilden und ihnen Perspektiven bieten“, meint Gauff. Das Prinzip Cash and Carry (Geld und weg) funktioniert in der Dritten Welt nicht. Der Erfolg scheint Gauff recht zu geben. Die Regionen, in denen das Unternehmen tätig ist, erleben einen Aufschwung, während zahllose Entwicklungsprojekte von Spendenorganisationen zum Faß ohne Boden geworden sind.

Foto: Bei der Selbsthilfe helfen: Mehr als 100 deutsche Experten helfen in Äthiopien dabei, die Bauwirtschaft zu modernisieren.


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