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17.11.07 / Schadensbegrenzung nach Mord / Italien und Rumänien vereinbaren »strategische Partnerschaft«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-07 vom 17. November 2007

Schadensbegrenzung nach Mord
Italien und Rumänien vereinbaren »strategische Partnerschaft«
von Wolf Oschlies

Rumänien ist Freundesland, die Rumänen sind ein befreundetes Volk“, bekundete am 7. November der italienische Premier Romano Prodi im Beisein seines rumänischen Kollegen Calin Popescu-Tariceanu. Aus ernstem Anlaß war der Rumäne nach Rom geeilt: Dort war die 47jährige Giovanna Reggiani von Nicolae Mailat, einem rumänischen Roma, überfallen und ermordet worden. Mailat lebte illegal in Italien, sollte in Rumänien noch eine dreijährige Haftstrafe verbüßen und löste nun Eilmaßnahmen der italienischen Regierung gegen „gefährliche Ausländer“ aus, die ohne großes Federlesen ausgewiesen werden sollten.

Wie die PAZ berichtete, herrscht derzeit in Italien schlechteste Stimmung gegen alle Rumänen. Die wollten Prodi und Tariceanu beheben, wobei sich der Rumäne erfolgreich bemühte, einen unglücklichen Anfang glücklich zu beenden: Rumänien und Italien, „seit 2000 Jahren als Teile des antiken römischen Imperiums verbunden“ (so Staatspräsident Traian Basescu), werden künftig noch enger kooperieren und Anfang Juni 2008 eine „Deklaration zur strategischen Partnerschaft“ signieren, die seit zehn Jahren vorbereitet wird.

Rumänien atmet auf: Rund vier Millionen Rumänen arbeiten im Ausland, von wo sie jährlich zwei Milliarden Dollar nach Hause überweisen. Allein eine Million Rumänen zog es nach Italien, wo sie sprachlich wenig Probleme haben und rechtlich kaum Probleme schaffen: Nur 0,1 Prozent von ihnen kamen in den letzten Jahren mit der italienischen Justiz in Konflikt. Doch scheinen darunter „schwere Jungs“ zu sein, meist Roma mit oder ohne Papiere. Bei ihrem jüngsten Italienbesuch begegneten Premier Tariceanu und Außenminister Andrian Cioroianu dem italienischen Roma-Politiker Costica Argint, einem in Rumänien verurteilter Sexualstraftäter. Vor einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe war er nach Italien geflohen, bekam dort Asyl, obwohl rumänische Behörden ihn in ganz Europa zur Fahndung ausgeschrieben hatten. Jetzt fragen sich Italiener und Rumänen, wie viele Mailats, Argints und weitere kriminelle Roma aus Rumänien in Italien sind.

Das Ethnonym „Roma“ (Menschen) wurde 1979 auf einem Kongreß in der Schweiz proklamiert, um den (scheinbar) abwertenden Begriff „Zigeuner“ auszumerzen. Erreicht wurde ein ethnokultureller Bruch, der alte „Zigeuner“-Kultur entwertete, und internationale Sprachverwirrung. In Westeuropa spricht man von „Sinti und Roma“, nicht wissend, daß „Sinti“ deutsche Roma sind. Noch schlimmer ist es in Rumänien, wie der serbische Roma-Forscher Rade Uhlik  nachgewiesen hat: Dort leben seit Jahrhunderten etwa 40 Stämme „Tigani“, die miteinander wenig zu tun haben und den neuen Sammelnamen „Roma“ ablehnen.

Demographisch gesehen ist Rumänien Europas Land mit der größten Roma-Population, seit dem EU-Beitritt Tschechiens, Bulgariens, Rumäniens und der Slowakei zählt die EU weit mehr Roma als Finnen oder Dänen. Aber die numerische Stärke der rumänischen Roma ist seit 150 Jahren umstritten. Noch die Volkszählung von 2002 wies über eine halbe Million aus, doch gingen Roma-Organisationen von zwei, drei, dreieinhalb Millionen aus. Solche Diskrepanzen sind Tradition, denn Rumänien ist das Lehrbuchbeispiel für die Grundfrage der „Tsiganologie“, was Roma sind: Volksgruppe wollen sie nicht sein, „Romanes“ spricht nur eine Minderheit, Religionen übernehmen sie von ihrer Umgebung, und staatlichen Integrationsbemühungen setzen sie eigene Wertkodizes und Stammestraditionen entgegen.

Dieser Lebensstil kollidiert mitunter mit staatlichen Normen, wie Deutschland eingangs der 1990er Jahre erfuhr. Damals drohte der „internationale Roma-König“ Ion Cioaba (1935–1997), Millionen „rromii“ zum Sturm auf Bonn zu mobilisieren, falls Deutschland nicht Millionen an „Entschädigungen“ für „Rromii“ aus Weltkriegszeiten zahlte. Bonn ignorierte das. Ihr Image im heutigen Rumänien ist nicht gut: Gerade wurde Präsident Basescu gerichtlich verdonnert, da er eine Journalistin „Tiganca imputita“ (stinkende Zigeunerin) nannte. Außenminister Cioroianu scheiterte mit der Idee, kriminelle Auslandsrumänen in Zwangsarbeitsbataillonen in die ägyptische Wüste zu schicken.

Dies sind Unmutsreaktionen, ob der jüngsten Kalamitäten in Italien verständlich, die sich nie mehr wiederholen sollen, versicherte Premier Tariceanu in Rom.


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