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24.11.07 / Politische Gewalt nimmt zu / In Berlin bekriegen sich Links- und Rechtsextreme – Linke nehmen auch Demokraten ins Visier

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-07 vom 24. November 2007

Politische Gewalt nimmt zu
In Berlin bekriegen sich Links- und Rechtsextreme – Linke nehmen auch Demokraten ins Visier
von Markus Schleusener

Berlin steht ein unruhiges Wochenende bevor. Schon vergangenen Sonntag befehdeten sich Rechts- und Linksradikale: Die NPD demonstrierte in Berlin-Karlshorst mit rund 100 Gefolgsleuten anläßlich des Volkstrauertages, was auch 400 linke Gegendemonstranten mit Plakaten wie „Nazis sind doof“ auf die Straße lockte. Es blieb friedlich. Diesmal noch.

Aber die politisch motivierte Gewalt nimmt zu in der Stadt. Seit Jahren verzeichnet Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen stetigen Anstieg der politisch motivierten Gewaltdelikte. Es ist nicht immer nur das direkte Aufeinandertreffen von Demonstrationszügen. Auch Einzelpersonen werden gezielt bedroht oder gar angegriffen.

Es trifft Leute wie Detlef Britt. Als er Ende August am hellichten Tage vor die Haustür trat, sah er überall Plakate hängen, mit seinem Foto und seiner vollen Anschrift. Darüber in großen Lettern: „Achtung Neonazi!“

Britt war einst Republikaner-Mitglied gewesen. „In Antifa-Postillen werde ich regelmäßig erwähnt, auch mit Foto“, klagt er. Nun die „Fahndungsfotos“ auf der Straße. Den Urheber ausfindig zu machen, hätte keinen Sinn gehabt, ist er überzeugt. Auf dem Plakat sei eine Warschauer Adresse angegeben gewesen.

Abends versammelten sich bereits vermummte „Antifaschisten“ vor Britts Haustür und skandierten ihre Parolen. Zu diesem Zeitpunkt sei er „vollkommen entnervt“ gewesen, so der 53jährige. Er habe Angst – offenbar aus gutem Grund.

Wenn es dunkel wird, dann schlägt die Stunde der politischen Gewalt in Berlin. Entweder brennen in Kreuzberg Autos – die seit Monaten laufende Anschlagsserie gegen „klimaunverträgliche“ Nobelkarossen hält unvermindert an. Oder es geht direkt gegen den „Feind“. In der Nacht zum vergangenen Sonntag überfiel eine Horde von mit Schlagstöcken bewaffneten Linksradikalen eine Gruppe von Rechtsradikalen. Die Täter flüchteten unerkannt. Fünf Opfer blieben mit Kopfwunden zurück.

In einem anderen Fall kamen die Gewalttäter nicht so glimpflich davon, weil sie identifiziert werden konnten. Der 22jährige „Antifaschist“ Matthias Z. soll einer von drei Tätern gewesen sein, die 2006 ein rechtsradikales Pärchen überfallen und verprügelt haben. Matthias Z., genannt Matti, steht jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Er bestreitet die Tat. Pikant: Die beiden Opfer hatten ihn auf einem Foto der sogenannten „Anti-Antifa“ wiedererkannt.

Die „Anti-Antifa“ ist die Antwort der Rechtsradikalen auf Denunziationen wie im Falle Britt. Seit einiger Zeit fotografieren die rechten Ultras nun auch die Linken. Bisher war dies immer nur umgekehrt geschehen. Die politische Linke Berlins von der Linkspartei über die Grünen und der Gewerkschaft Verdi bis hin zu den Jusos ist heftig verunsichert von der „Spitzelkampagne der rechtsextremen Szene“ („Tagesspiegel“). Gewalt und Denunziation von links hatten ihnen zuvor keine vergleichbaren Reaktionen entlockt.

Dabei greift die linksradikale Szene mangels echter Neonazis  auch gewöhnliche Konservative an. Zwei Mitarbeiter der Berliner Wochenzeitung „Junge Freiheit“, die im Prenzlauer Berg gewohnt haben oder wohnen, wurden mit Foto und voller Adresse im Internet angeprangert – eine offene Aufforderung an radikale Schläger von links. Einem der beiden klebten Unbekannte bereits einen „Nazis raus“-Aufkleber auf den Briefkasten. Botschaft: Wir wissen, wo du wohnst. Polizei und Staatsschutz ermittelten in den Fällen kurz und  ergebnislos und stellten das Verfahren ein.

Am heutigen Sonnabend droht eine neue Eskalation. Jetzt findet  die Silvio-Meier-Gedenkdemo statt, die an einen jungen Linksextremisten erinnern soll, der 1992 am U-Bahnhof Samariterstraße im Stadtteil Lichtenberg von einem jugendlichen Rechtsradikalen getötet wurde.

Bei der jährlichen Gedenkdemo kommt es immer wieder zu Ausschreitungen.  Diesmal wollen auch rechtsextreme Kameradschaften an einer andere Stelle in Lichtenberg demonstrieren. Obendrein plant die Berliner NPD ihren Landesparteitag ebenfalls für den heutigen Sonnabend, wobei die Partei den Ort geheimhält, um keine Gegendemonstranten einzuladen. 1000 Polizisten sollen für Ruhe und Ordnung in Friedrichshain und Lichtenberg sorgen.


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