20.04.2024

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24.11.07 / Ost-Deutsch (42): Stimmung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-07 vom 24. November 2007

Ost-Deutsch (42):
Stimmung
von Wolf Oschlies

Warum hat eigentlich der Rheinländer Heinrich Heine den November einen „traurigen Monat“ genannt? Am „elften im Elften“ beginnt der Karneval und der bringt Stimmung! Und die ist seit langem sprachliches Exportgut zu Südslawen, in allen ihren Nuancen. Stimmung ist kollektives Wohlbefinden, dito serbisch „dobar stimung do jutra“ (gute Stimmung bis zum Morgen). Sodann Stimmung als optimistisches Hochgefühl, zum Beispiel in der Wirtschaft, wie Kroaten derzeit bei uns beobachten: „U Njemackoj je dobar stimung“ (in Deutschland herrscht gute Stimmung). Schließlich Stimmung als sanfte Melancholie, etwa makedonisch „Srebren stimung i neka bide sto bide“ (Silberne Stimmung und soll alles sein, wie’s ist). Letztere kann aufgehellt werden durch „muzika za stimung“, einen „stimung majstor“ oder gar „stimung macher“.

„Smece i buka kvarili stimung“, lautete das drastische Fazit der touristischen Saison in Montenegro: Dreck und Krach versauten die Stimmung. Anderswo war’s besser, denn nichts störte die „blagdanski stimung“, „zimski stimung“, „folkloren stimung“, „bozicni stimung“ (also Feiertags-, Winter-, Folklore-, Weihnachtsstimmung) und was sich an Belegen in meiner Sammlung deutscher Lehnwörter noch angesammelt hat. Erst seit neuestem registriere ich Kritik – an dem überlauten und untermusikalischen „Turbo-Folk“, den viele mit echter „stimung“ verwechseln. Narren, die nicht wissen, daß „dobar band je najbitniji, o njemu ovisi citav stimung“ (eine gute Band ist am wichtigsten, von ihr hängt die ganze Stimmung ab).

Das alles geht auf die althochdeutsche „stimma, stimna“ zurück, also die Fähigkeit zur Erzeugung von Tönen und dadurch von gewissen Emotionen, eben Stimmungen. Derselben Wurzel entstammt das Verb „stimmen“, das stets eine Harmonie bezeichnet, auch südlich von uns: „Nesto ne stima so brojkite“ (makedonisch: Etwas stimmt mit den Zahlen nicht), oder „Nista ne stima“ (bosnisch: Gar nichts stimmt). Dazu Ableitungen wie „razstiman orkestar“ (makedonisch: eingestimmtes Orchester), Substantivierungen wie „stimovanje“ (serbisch: Einstimmen) etc. Dann noch das Verb „bestimati“, dessen abenteuerliche Verwendung einen eigenen Artikel braucht – ganz bestimmt!


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