19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
24.11.07 / Bauern, Bonzen, Bürokraten / Europäischer Rechnungshof

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-07 vom 24. November 2007

Bauern, Bonzen, Bürokraten
Europäischer Rechnungshof
von Ansgar Lange

Dieser Tage ist – herausgegeben von einigen jungen Leuten aus dem Umfeld der CDU – ein dicker Sammelband über die Europäische Union erschienen. Mit Pathos und Idealismus sprechen sie sich darin für die Vereinigten Staaten von Europa aus. Sie beschwören selbstverständlich auch die europäischen Gründungsväter. Ganz klar: Ein wenig europhiles Brimborium gehört ins geistige Schatzkästlein der Partei Konrad Adenauers und Helmut Kohls, während nationale Töne dort mittlerweile verpönt sind.

Es wäre interessant zu fragen, wie diese Idealisten, die Mitte 20 bis Mitte 30 sind, den Bericht des Europäischen Rechnungshofes empfunden haben. Denn der hat es in sich. „Seid verschlungen, Millionen“ – diesen treffenden Titel lieferte ein Medium für den seit 1994 erscheinenden Jahresbericht der in Luxemburg residierenden Behörde. Wie diverse Nachrichtenagenturen berichteten, zahlt die EU Agrar-Subventionen an Golfclubs und verliert durch mangelhafte Kontrollen auch der zuständigen Stellen in den Mitgliedsländern Milliardenbeiträge.

Wie sah es 2006 konkret aus? Von den zirka 32 Milliarden Euro Regionalförderung für strukturschwache Gebiete hätten etwa zwölf nie bewilligt werden dürfen. Im Agrarsektor – Kostenpunkt 50 Milliarden Euro – hat es nach Darstellung des Rechnungshofes zwar Verbesserungen gegeben. Doch es herrsche noch immer reger Mißbrauch.

Eigentlich sollten die Finanzströme an die Bauern transparenter und einfacher fließen. Aber dies führte zu dem absurden Resultat, daß sogar besagte Golfclubs, aber auch Reitervereine, Eisenbahngesellschaften sowie Städte und Gemeinden Milch aus den Zitzen der EU-Melkkuh saugen konnten. Neben Dänemark, Schweden und Großbritannien wurde insbesondere Deutschland gerüffelt. Allerdings ist Deutschland bekanntlich der Zahlmeister Europas. Und wer die Party bezahlt – und das sind vor allem die deutschen Steuerzahler –, der darf beim Buffet auch gelegentlich etwas herzhafter zulangen.

Apropos herzhafter zulangen. Wer kontrolliert eigentlich die Kontrolleure? Im Portal der WAZ-Mediengruppe ist nachzulesen, welche feinen Kontrolleure im Rechnungshof sitzen. Die 27 nationalen Mitglieder beziehen einen Hungerlohn von fast 25000 Euro pro Monat plus Spesen und „Ruhegelder“. Alle, darunter auch Hedda von Wedel (CDU), haben einen schicken Dienstwagen und einen Chauffeur. Angeblich sollen die BMW- und Mercedes-Limousinen auch gern für private Einkaufsbummel mit der ganzen Familie genutzt werden.

2008 sollen die Steuerzahler zwölf Millionen Euro für Gehälter, Zulagen und die „sanften Ruhekissen“ der Chefs des Rechnungshofes aufbringen. Und das schmucke neue Domizil des „EU-Finanzgewissens“ wird wohl nicht 23 Millionen, sondern eventuell auch 83 Millionen Euro kosten. Man gönnt sich ja sonst nichts. Peter Sennekamp von der WAZ-Mediengruppe hat jedenfalls eine gute Recherche betrieben.

Und da vor kurzem die handstreichartige Erhöhung der Diäten der Bundestagsabgeordneten die Gemüter erhitzte, noch eine kleine Anmerkung zu dieser Thematik auf der europäischen Bühne. Denn mit der Wahl des neuen Europaparlaments im Jahr 2009 werden alle 750 Abgeordneten um die 7000 Euro pro Monat bekommen, von denen nur 25 Prozent zu versteuern sind. Selbstverständlich gibt es noch zahlreiche Leckerli hinzu wie Sitzungsgeld, Mitarbeiter- und Bürokostenpauschalen sowie üppige Reisekostenerstattungen. Und anders als der normale Opa haben sie auch ab dem 63. Lebensjahr Anspruch auf ein sogenanntes Ruhegeld. Doch wen solche Zahlen in Harnisch bringen, gilt gleich als Neidhammel.

Bundestagsvizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (CSU) sprach daher auch von einer „ausgewogenen, sachgerechten“ Lösung. Abgeordnete kämen auch künftig bei weitem nicht an die Gehälter etwa von Spitzen-Fußballspielern heran.

Um den Bogen zu schlagen zum Idealismus, von dem am Anfang des Artikels die Rede war. Der Publizist Dirk Maxeiner definiert den „Europäischen Geist“ folgendermaßen: „Schwebt über Festveranstaltungen und gehobenen Diskussionen. Wie es sich für einen Geist gehört, weiß niemand, wie er aussieht.“ Vielleicht trägt er ja eine Maske der Gier.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren