26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
24.11.07 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-07 vom 24. November 2007

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

wenn Ihr diese Zeilen lest, sitze ich inmitten unserer „Ostpreußischen Familie“ im Ostheim in Bad Pyrmont, denn die meisten Teilnehmer an unserm Wochenend-Seminar mit dem Titel „Flucht und Vertreibung“ gehören zu unseren eifrigsten und engagiertesten Leserinnen und Lesern. Trotz der Verlegung des zuerst geplanten Vier-Tage-Seminars über dieses Thema auf einen Termin in den ersten Monaten des nächsten Jahres und der kurzfristigen Ansetzung dieses Vor-Seminars sind wir nicht nur „ausgebucht“, wir mußten und müssen auch weitere Interessenten vertrösten und auf das Hauptseminar hinweisen, das wir rechtzeitig ankündigen werden. Wir haben uns sehr gefreut, daß unsere Planung auf eine große Zustimmung stieß und hoffen, daß die Erwartungen unserer Teilnehmer erfüllt werden, die schon bei den Anmeldungen geäußert wurden. Aus einigen Briefen werde ich vorlesen, denn sie fügen sich in das Seminarprogramm ein, in dem ich auch über Arbeit und Aufgaben der Ostpreußischen Familie spreche, in der ja noch immer die Spuren der Flucht sichtbar werden, Woche für Woche, mal deutlich, mal verwischt. Und von denen manche trotz der langen Jahrzehnte, die zwischen dem Einst und Heute liegen, zum Ziel führen.

So wie aus dem Schreiben von Herrn Ditmar Hinz ersichtbar, der – nachdem er durch unsere Zeitung eine ehemalige Nachbarstochter aus der Königsberger Stägemannstraße gefunden hatte – für diese nach ihrer Jugendfreundin sucht. Margot Lange hatte mit 17 Jahren den Tod ihrer ganzen Familie auf der Flucht erleben müssen, war nun froh, mit Ditmar Hinz einen Menschen aus ihrer Heimat zu haben, dem sie in einem regen Briefwechsel ihre Gedanken mitteilen konnte. So auch, daß diese oft bei ihrer Freundin Ellen Quitzrau waren, von der sie seit der Flucht nichts mehr gehört hatte. Herr Hinz bot an, ihr bei der Suche über unsere „Ostpreußische Familie“ zu helfen, und war damit hoffnungsvoller als Frau Lange, die zweifelte, ob ihre Freundin überhaupt noch lebe. Wir veröffentlichten den Suchwunsch in Folge 22, und es geschah zuerst einmal nichts. Dann aber lief die Suche auch über den Kirchlichen Suchdienst – mit dem wir ja eng zusammenarbeiten – und siehe da, mit Erfolg! Herr Hinz schreibt: „Gestern telefonierte Margot Lange mit ihrer so sehnsüchtig gesuchten Ellen zwei Stunden lang. Heute sprudelte sie ihren Jubel in einem Telefongespräch mit mir heraus. Gleich muß ich Ihnen auch meine Freude mitteilen, geht doch der Erfolg auf Sie zurück. Nun werbe ich für die PAZ / Das Ostpreußenblatt. Ich schrieb Frau Lange, sie solle sich mal vorstellen, wieviel früher und schneller sie ein Lebenszeichen bekommen hätte, wenn ihre Freundin oder ihre drei noch lebenden Geschwister unsere Zeitung läsen!“ Danke für diese Zeilen, lieber Herr Hinz. Ich werde Ihren Brief in voller Länge – dies ist nur ein Auszug – vorlesen, denn Sie schneiden damit ein Thema an, das für unsere Familienarbeit so wichtig ist.

Vor vier Jahren begann Frau Ruth Schulz auf den Spuren ihres längst verstorbenen Vaters nach Verwandten zu suchen mit dem damals noch vagen Vorhaben, eine Familienchronik zu erstellen. Deshalb wandte sie sich an unsere Familie, doch leider erbrachten zwei sehr gezielt gestellte Suchfragen keine konkreten Ergebnisse, dafür eine Fülle von Hinweisen und Informationen. Frau Schulz schreibt: „Ostpreußen helfen Ostpreußen! Es sind unglaublich wertvolle Kontakte zustande gekommen. Mittlerweile umfaßt mein Archiv neben Fluchtberichten, Dokumenten, Lebensläufen und Fotos die Daten und verwandtschaftlichen Verhältnisse von über 200 Personen. Danke, danke Euch allen!“ So, diesen Dank habe ich gerne weitergegeben, aber nun wird unsere Familie erneut gefordert. Drei Fragen legt Frau Schulz vor, von denen die erste wohl kaum beantwortet werden kann. Sie führt in das Dorf Pudelkeim, Kreis Pr. Eylau. Dort heiratete ihr Ururgroßvater Johann Ferdinand Schulz am 9. Dezember 1874 Berta Emilie Kohnert und erkannte die Vaterschaft ihrer Tochter an. Diese am 20. April 1872 geborene Minna Luise taucht in keinen späteren Unterlagen auf, sie scheint nicht mehr existent zu sein. Wer kann Hinweise geben? – In Ruddecken, Kreis Tilsit-Ragnit wurde am 1. April 1908 Hermann Paul Schulz als sechstes Kind des Tischlers Gottfried Schulz geboren. Er heiratete etwa 1936 und soll mindestens einen Nachkommen gehabt haben. Er kam dann zum Militär. Von ihm wie von seiner Familie fehlt jede Spur. Eine noch lebende Nichte von Hermann Schulz würde sich über jeden Hinweis freuen. – Frage 3 kann nur anhand des Fotos geklärt werden, das Frau Schulz durch Zufall erhielt. Es zeigt laut umseitiger Beschriftung eine Familie Schulz aus Bremen. Wer kennt diese Familie, in der die Suchende Verwandte vermutet? (Ruth Schulz, Oberstraße 5 in 35789 Weilmünster, Telefon 0 64 75 / 91 17 23.)

Für Frau Ingeborg Sebber-Doehring sind wir der letzte Hoffnungsanker, denn alle Bemühungen, etwas über die ostpreußische Familie zu erfahren, auf deren Gut sie als Erntehelferin tätig war, blieben ergebnislos. Vielleicht lag es auch daran, daß sie Orts- und Kreisnamen verwechselt hat, jedenfalls steht es so in dem an mich gerichteten Schreiben: Heilsberg, Kreis Sternberg, umgekehrt ist richtig. Der Name des Besitzers stimmt, Niekammers Güterverzeichnis bestätigt es mir: Robert Taube. Auf dem nahe bei Heilsberg gelegenen Gut Sternberg war die gebürtige Danzigerin, die an der Königsberger Kunst- und Gewerkschule studierte, im Rahmen des studentischen Ernteeinsatzes von Juli bis August 1939 tätig – sechs unvergessene Wochen im ostpreußischen Erntesommer kurz vor Kriegsbeginn. Frau Sebber-Doehring erinnert sich, daß die Taubes streng katholisch waren, an jedem Sonntag fuhr die Familie mit ihrem grünen Mercedes nach Heilsberg zur Kirche. Das Ehepaar hatte vier Kinder, zwei Jungen und zwei Mädchen im Alter von zwei bis zwölf Jahren. Was wohl aus ihnen geworden ist? Frau Sebber-Doehring hätte gerne Kontakt zu der Familie aufgenommen oder wenigstens etwas über ihr Schicksal erfahren, das sie immer beschäftigt hat, denn gerade in jener Gegend ist ja während und nach den letzten Kampfhandlungen Furchtbares geschehen. Jedenfalls glaube ich, daß unsere Familie wenigstens mit Hinweisen auf den Verbleib der ermländischen Familie helfen kann. (Ingeborg Sebber-Doehring, Hartengrube 20 in 23552 Lübeck, Telefon 04 51 / 70 35 21.)

Da gehen die Gedanken zurück in die nun ferne Kindheit, die auf einmal so nah gerückt ist! Was habe ich vor Beginn der Adventszeit in der Zeitung nach einem ersten Weihnachtssymbol gesucht, bis man es endlich fand: einen Tannenast mit oder auch ohne Kerze, einen Stern, einen Engel, ein lachendes Weihnachtsmannsgesicht – ach, was war man glücklich, denn man wußte, es beginnt zu weihnachten! Und wenn dann in den Schaufenstern die Pfefferkuchenhäuschen mit weißem Zuckerguß und Fenstern aus roter Gelatine auftauchten, wenn die Auslagen sich mit Marzipan, Pfeffernüssen, Steinpflastern und Kathrinchen füllten und man die kalten Füße im Schnee nicht mehr fühlte, wenn man die Auslagen bestaunte, dann stieg die Erwartung ins Grenzenlose. Dieser langsame, behutsame, kalendergerechte Gang in die Weihnachtszeit mit seinen kleinen Freuden – was war er doch schön!

Eure Ruth Geede

Foto: Familie Schulz aus Bremen (?): Wer diese Familie kennt, wende sich an Ruth Schulz, Oberstraße 5 in 35789 Weilmünster.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren