28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
24.11.07 / Schüler läuft Amok / Privatdetektiv auf Motivsuche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-07 vom 24. November 2007

Schüler läuft Amok
Privatdetektiv auf Motivsuche

Philip Marlowe ist das unübertroffene Vorbild aller hartgesottenen Privatdetektive. Mit ihm schuf Raymond Chandler einen Helden, im Kino kongenial von Humphrey Bogart oder Robert Mitchum verkörpert, der immer wieder gegen das Verbrechen zu Felde zog. 

Ist Robert B. Parker ein würdiger Nachfolger Chandlers? Ist sein Held Spenser, der seit 1973 in über 30 Krimis die Hauptrolle gespielt hat, dem großen Philip Marlowe ebenbürtig? Immerhin promovierte der 1932 geborene Parker über die „Schwarze Serie“, also Autoren wie Hammett, Chandler oder Ross MacDonald. Der deutsche Leser kann sich wieder ein Bild von den literarischen Fähigkeiten Parkers machen, seit der kleine Bielefelder Verlag Pendragon zwei neue Spenser-Bücher auf den Markt gebracht hat. Nach „Die blonde Witwe“ liegt jetzt „Der stille Schüler“ vor. Es sind recht spannende, streckenweise witzige und insgesamt unterhaltsame Romane, die man guten Gewissens empfehlen kann. Doch im Vergleich zu Chandlers Meisterwerken sind sie eher literarische Hausmannskost.

Trotzdem: Spenser ist ziemlich witzig und auch mal sarkastisch. „Die blonde Witwe“ und „Der stille Schüler“ begeistern zwar nicht unbedingt mit einem besonders kniffligen Fall oder einem brisanten Inhalt, aber Parker schafft es, und das ist keine geringe Leistung, dem Leser den ehemaligen Boxer und Literaturliebhaber Spenser nahezubringen. Man findet ihn auf Anhieb sympathisch. Und daß die Kapitellänge der Romane immer extrem kurz ausfällt, kommt denjenigen Lesern entgegen, die abends im Bett noch ein paar Seiten lesen wollen. Mit Dankbarkeit stellt man übrigens fest, daß uns der lakonische Autor nicht mit diversen Nebenhandlungen und Nebenfiguren mit allerlei psychischen, familiären oder sonstigen Defekten traktiert.

In „Der stille Schüler“ erhält Spenser, der in den 80er Jahren auch als TV-Held für Furore sorgte, den Auftrag, die Unschuld des 17jährigen Jared Clark zu beweisen. Dieser soll gemeinsam mit einem Mitschüler ein Massaker an einer amerikanischen Privatschule begangen haben. An der Schuld des Jungen gibt es keinen Zweifel, Spenser interessiert sich jedoch als einer der wenigen für das Motiv des „stillen Schülers“. In diesem Punkt ähnelt er Marlowe, der auch weniger an Geld und dem Zurstreckebringen von Gangstern, sondern an Hintergründen und dem – pathetisch gesprochen – Herstellen von ein wenig Gerechtigkeit interessiert war.

Zwar ist „Der stille Schüler“ ein Krimi über eine Schießerei auf einem Campus, doch Parker ist kein platter und oberflächlicher Autor. Er greift zwar dieses aktuelle Thema auf, löst es aber auf eine gekonnte und überzeugende Weise.             Ansgar Lange

Robert B. Parker: „Der stille Schüler. Ein Auftrag für Spenser“, Pendragon Verlag, Bielefeld 2007, 216 Seiten, Euro 9,90, Best.-Nr. 6458


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren