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24.11.07 / Zeitreise nach Ostpreußen / Alte Fotos erläutert von Arno Surminski

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-07 vom 24. November 2007

Zeitreise nach Ostpreußen
Alte Fotos erläutert von Arno Surminski

Niemand war da, der von den vergangenen Dingen erzählen konnte“, schrieb Arno Surminski in seinem 1997 veröffentlichten Roman „Sommer vierundvierzig oder Wie lange fährt man von Deutschland nach Ostpreußen“. „Die Alleen hatten ihre Schatten verloren. Hier und da ein vereinzelter Baum, der sich vergangener Zeiten erinnerte ... Es gab keine Türme mehr und keine Dörfer. Gott war ausgewandert, wer weiß wohin?“

Und: „Es sind schon viele Länder untergegangen, aber keines versank so gründlich wie das Land zwischen Memel und Pregel. Als es nach fünfzig Jahren wieder auftauchte, reisten sie hin, um das Wunder zu betrachten, erschraken aber, weil es ein fremdes Land war ...“

Wie es einst aussah, dieses heute fremde und doch so vertraute Land, davon kann man sich anhand einer Fülle von Fotografien ein Bild machen, die wie durch ein Wunder die Zeiten und Kriege überdauert haben. Als das Königsberger Denkmalamt im 19. und frühen 20. Jahrhundert Fotografen aussandte, ostpreußische Kulturdenkmäler auf die Platte zu bannen, ahnte man noch nicht, welchen kulturhistorischen Schatz man für die Nachwelt zusammentragen würde. Heute befinden sich die Originale im Institut für Kunstforschung der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau. Nachdem eine Auswahl vor einiger Zeit auf einer Wanderausstellung gezeigt wurde, ist nun ein prächtiger Bildband im Verlag Ellert & Richter erschienen. Die eindrucksvollen Schwarzweiß-Aufnahmen aus der Zeit von 1880 bis 1943 werden kommentiert und erläutert von Arno Surminski. Er versteht es, von der heilen Welt der alten Fotografien behutsam einen Bogen zu spannen zu den Schrecknissen der Kriegs- und Nachkriegszeit. „Die Ostpreußen hängen bis zu ihrem Tode an dem, was einmal ihr Zuhause gewesen ist. Darin liegt die besondere Tragik des Verlustes 1945, als die ostpreußische Landbevölkerung Häuser und Höfe mit allen Tieren verlassen mußte, um ihr Leben zu retten.“

Doch nicht nur dem Landleben im alten Ostpreußen begegnet man in diesem Band, auch die alten, ehrwürdigen Städte, die Kirchen, Schlösser, Burgen und Windmühlen sind akribisch festgehalten worden. Reizvoll an diesen Aufnahmen ist neben ihrem kulturhistorischen Wert die Tatsache, daß die Fotografen es verstanden, Menschen nicht als störendes Element zu betrachten, sondern sie in ihre Darstellungen bewußt mit einzubeziehen. Auf diese Weise ist ein beispielloses Dokument entstanden, das auch vom Leben damals erzählt. Da stehen sie aufgereiht wie die Perlen einer Kette, die Lorbasse und Marjellchen. Mal mit Hut und langer Hose, mal mit Klotzkorken oder barft, mal mit schneeweißer Schürze oder im Sonntagsstaat und Strohhut – die Jugend des alten Ostpreußen wußte, was sich gehört, wenn der Fotograf in die Stadt kam. Daß es hin und wieder eine kleine Rangelei gab, macht sie um so sympathischer.

Entstanden ist ein zauberhaftes Buch, das den Betrachter mitnimmt auf eine Zeitreise in ein Land – so nah und doch so fern. Ein Buch, das von den vergangenen Dingen erzählt, ohne allzu wehmütig zu stimmen.               SiS

Arno Surminski: „Das alte Ostpreußen“, Ellert & Richter, Hamburg 2007, 352 Seiten mit 400 Abb., geb., 19,95 Euro, Best.-Nr. 6430


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