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01.12.07 / Eine Wende westwärts / Der Ostdeutsche Kulturrat plagt sich mit seinem Namen – Neue Bezeichnung gesucht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-07 vom 01. Dezember 2007

Eine Wende westwärts
Der Ostdeutsche Kulturrat plagt sich mit seinem Namen – Neue Bezeichnung gesucht
von Karlheinz Lau

Für eine Überraschung sorgte auf der Jahresversammlung des Ostdeutschen Kulturrates (OKR) im November in Bonn der Präsident Eberhard Schulz mit der Ankündigung, an den Bezeichnungen „Ostdeutscher Kulturrat“ und dem Titel der seit vielen Jahren  stark beachteten Wanderausstellung „Große Deutsche aus dem Osten“ semantische Veränderungen vorzunehmen. Ein sich andeutender Paradigmenwechsel? – Keineswegs.

 Der Präsident des OKR begründet das mit der „Westverschiebung“ des Begriffes Ostdeutschland auf die neuen Länder, d. h. auf das Territorium der ehemaligen DDR. Daraus könnte gefolgert werden, daß sich der Ostdeutsche Kulturrat mit den heutigen Ländern Brandenburg, Thüringen oder den anderen neuen Bundesländern beschäftigt und die Großen Deutschen aus dem Osten aus Mitteldeutschland stammen.

Es ist zweifellos richtig, daß die neuen Länder von vielen Menschen in Deutschland, von den Medien und auch der Politik pauschal als Ostdeutschland bezeichnet werden. Das geschieht aber nicht flächendeckend, man denke an den Mitteldeutschen Rundfunk, an den Mitteldeutschen Verlag, an den Verkehrsflughafen Halle/Leipzig für Mitteldeutschland, diese Beispiele ließen sich fortsetzen; und Bürger aus Eisenach, Rostock oder Schwerin sehen sich nicht unbedingt als Ostdeutsche, sondern als Mitteldeutsche und Norddeutsche.

Es wird viel darüber nachgedacht, wie es zu dieser Etikettierung gekommen ist. In den Jahren vor der Wende waren die Begriffe Ost und West politisch vorgegeben, und solange erkennbare Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern noch bestehen, halten eben viele Bürger an der ihnen seit langem geläufigen Bezeichnung „Ostdeutschland“ für den mitteldeutschen Raum fest.

Soll nun der Ostdeutsche Kulturrat nach dem Vorschlag seines Präsidenten diese Verschiebung des Begriffes in seiner Bezeichnung berücksichtigen? Aber wie? Es liegt noch keine Ersatzformulierung vor. In den Gremien soll zunächst darüber nachgedacht werden. In diesen Denkprozeß muß einfließen, daß inzwischen auch in Polen nicht mehr bestritten wird, daß der historische deutsche Osten seit Jahrhunderten fester Bestandteil der deutschen Geschichts- und Kulturlandschaft bis 1945 ist. Das drückt sich in den Bezeichnungen aus. Dazu  sollten wir stehen, gerade weil sich an der inhaltlichen Arbeit nichts ändern wird. Böswillige Unterstellungen von Revisionismus oder Revanchismus sind Unsinn und deshalb auszuhalten. Der historische deutsche Osten ist Teil unserer Identität, auf die auch wir Deutsche einen Anspruch haben. Die Bezeichnung der Ausstellung „Große Deutsche aus dem Osten“ soll nach den Vorstellungen des Kulturrats bleiben, allerdings nur im  Untertitel. Der künftige Haupttitel soll lauten „Im Dienste der Menschheit“. Das klingt übertrieben, vielleicht auch anmaßend und erinnert sicher manchen auch an das deutsche Wesen, an dem die Welt genesen sollte. Für eine Änderung des bisherigen Namens, unter dem die Ausstellung bekannt wurde, gibt es keinen sachlichen Grund. Die Leistungen des Ostdeutschen Kulturrates sind so überzeugend, daß jetzt mit Nachdruck gewarnt werden muß, einem gewissen Zeitgeist nachzugeben.

Es wird interessante Diskussionen im Ostdeutschen Kulturrat geben, die – so die Versicherung des Präsidenten – ohne Druck von außen geführt werden können. Jeder der Beteiligten muß sich allerdings vor Augen halten, daß jede noch so geringfügige Namensänderungen zu Richtungsänderungen bzw. zu Fehldeutungen führen können.

Auch die Gefahr eines Rutschbahneffektes ist nicht von der Hand zu weisen. Soll etwa die bewährte Publikation der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen „Ostdeutsche Gedenktage“ ihren Titel überdenken?

Nochmals: wenn die Inhalte der Arbeit sich nicht ändern, besteht kein Grund, das Etikett zu ändern; im Gegenteil, es muß offensiv gegen Kritiker, Zweifler und Skeptiker verteidigt werden.

Im übrigen, kein Feuilleton bzw. Kulturteil der überregionalen Presse in Deutschland hat bisher kulturelle Ereignisse in Dresden, Leipzig, Weimar oder Potsdam als Veranstaltungen ostdeutscher Kultur gekennzeichnet. Damit dürfte eigentlich deutlich sein, worauf sich im allgemeinen Verständnis ostdeutsche Kulturarbeit bezieht.

Ein Blick zu unserem polnischen Nachbarn kann ermutigen, wie nämlich dort mit dem polnischen Osten, der heute zu Litauen, Weißrußland und der Ukraine gehört, umgegangen wird. Trotz veränderter politischer Lage ist er Teil der polnischen Identität.

Foto: Immanuel Kant im Mittelpunkt: Mit der Wanderausstellung zu den Großen Deutschen aus dem Osten hat der Ostdeutsche Kulturrat Zeichen gesetzt.


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