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01.12.07 / Die unsichtbare Front / Eine diffuse „Gefährderszene“ erschwert den Kampf gegen den Terror in Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-07 vom 01. Dezember 2007

Die unsichtbare Front
Eine diffuse „Gefährderszene“ erschwert den Kampf gegen den Terror in Deutschland
von Mariano Albrecht

Ein neues Drohvideo islamischer Terroristen hat Deutschland erreicht, gefordert wird der Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan, andernfalls sei mit Anschlägen auch auf deutschem Boden zu rechnen. Die Schonfrist ist vorbei, heißt es. Wie ernst ist die Lage?

Während die Politik die Diskussion um Online-Durchsuchung, Überwachung und Vorratsdatenspeicherung in aktionistischer Manier in Medien und Öffentlichkeit trägt, wird eines klar: Der Kampf gegen die Ungläubigen, gegen die westliche Welt, findet in den Weiten des Internet und auf Datenautobahnen statt, zumindest die Kriegsvorbereitung und die taktische Kriegsführung wird nicht von den Wohnstuben bärtiger Turbanträger aus geführt, der Gegner hat sich dem modernen Informationszeitalter angepaßt. Gefahrenpotential Internet?

Operierten die Attentäter des 11. September noch aus einem strukturierten Netzwerk heraus, man hatte Kontakte zur el Kaida-Zentrale, Informations- und Reisewege, sowie konspirative Treffpunkte, verschwimmen die Konturen nun zunehmend.

Die Hintermänner und Terrorplaner setzen auf ideologische Mobilisierung der Massen durch eigene Medien. Über Satellit strahlen unzählige islamische Fernsehprogramme in deutsche Migrantenhaushalte, die Botschaften werden sogar in Zeichentrickfilme verpackt, sensibilisieren schon Kleinkinder für den Kampf gegen Ungläubige. Internationale, aus dem Ausland agierende Terrororganisationen setzen auf den neuen Typ des Kämpfers. Der unauffällige, gut gebildete Muslim gerät ins Fadenkreuz der Terroranwerber und seltener in Visier der Fahnder, je jünger desto besser. Der Fall der zum Islam konvertierten deutschen Fritz G. und Daniel S. macht das deutlich. Und, die Anwerber müssen in den seltensten Fällen in direkten Kontakt treten. Viele Jugendliche radikalisieren sich allein durch Medienkonsum, einseitige Informationsvermittlung, durch zum Beispiel türkischsprachige Fernsehsender, die nicht unbedingt aus der Türkei senden, jedoch die Zielgruppe ansprechen. Die Perspektivlosigkeit treibt viele in Hinterhofmoscheen und Kulturvereine, dort wird diskutiert, Meinungen und Überzeugungen schaukeln sich hoch, das stellt auch der Vizepräsident des Bundesverfassungsschutzes, Hans Elmar Remberg, fest. Kaum ein Ansatz für gezielte Ermittlungen vor Ort. Das Eindringen in die Parallelwelten ist für deutsche Fahnder kaum möglich. Das wissen die Drahtzieher von el Kaida, Djihad Union und anderen. Eigene Mediennetzwerke wie das der „Globalen Islamischen Medienfront“ (GIMF) machen den Aufenthalt in einem Trainingslager überflüssig. Bauanleitungen für Rohrbomben und Einkaufsanleitungen für sprengstofftaugliche Materialien finden sich in Internetforen im Handumdrehen, Fernuniversitäten des Terrors. Laut Bundeskriminalamt (BKA) stieg die Anzahl der Straftaten mit dem Hintergrund Internet im vergangenen Jahr um 40 Prozent auf 165000. BKA-Chef Jörg Zierke sieht mit der rasanten technologischen Entwicklung auch eine Veränderung der Täterprofile. Mit  den so entstehenden autonomen Terrorzellen aus „Selbstradikalisierten“, bisher unauffälligen Bürgern, stehen die Ermittler einer unsichtbaren Front gegenüber. Verfassungsschutz-Vize Remberg: Auch in Deutschland müssen wir von einem Potential islamistischer Selbstmordattentäter ausgehen“.

Der Leiter des Hamburger Instituts für Nahost-Studien, Professor Udo Steinbach, meint, man solle das Thema nicht so hoch hängen. Die Mehrzahl der Deutschen sehe das Thema erstaunlich gelassen und realistisch. „Die Gefährdergruppe in Deutschland ist zahlenmäßig sehr klein, wir sind weit entfernt von englischen Verhältnissen. Eine Hysterie um die Verbesserung der Überwachungsmechanismen ist nicht angebracht“. Nach Steinbachs Ansicht sollte eine systematische Sichtung des Internets im Vordergrund der Ermittlungsarbeit stehen. Für nicht weniger wichtig als innenpolitischen Aktionismus hält Steinbach die außenpolitische Komponente. In der Nähe von Bundeskanzlerin Angela Merkel zur US-Nahostpolitik sieht Steinbach ein Eskalationspotential, welches Deutschland zur Zielscheibe des Terrors machen könnte.


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