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08.12.07 / Das »Karussell« dreht sich für Putin / Die Tricks der russischen Wahlhelfer: Stimmenfang vor den Wahllokalen – Dafür gibt es Geld

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-07 vom 08. Dezember 2007

Das »Karussell« dreht sich für Putin
Die Tricks der russischen Wahlhelfer: Stimmenfang vor den Wahllokalen – Dafür gibt es Geld
von Jurij Tschernyschew und M. Rosenthal-Kappi

Lange vor der Staatsduma-Wahl in Rußland war klar, daß die Partei Wladimir Putins, „Einiges Rußland“, haushoch gewinnen würde. Hatte man doch schließlich schon lange vor der Wahl alle Vorkehrungen getroffen, die Macht im Lande in starker Hand zu behalten: Das Wahlgesetz wurde zum Nachteil kleinerer Parteien dahingehend verändert, daß die Fünf-Prozent-Hürde auf sieben Prozent hochgesetzt wurde. Um überhaupt auf die Wahlliste gesetzt werden zu können, muß eine Partei eine ausreichende Zahl von Mitgliedern nachweisen, und schließlich wurde die Pressefreiheit weitestgehend eingeschränkt, so daß in den Medien nur noch große Parteien wie die der Regierung vorkamen. Protestmärsche der Opposition wurden am Ende gewaltsam von der Polizei aufgelöst, politische Gegner verhaftet.

Aber die Wahlstrategen Putins haben noch ganz andere Tricks drauf. Einer heißt „Karussell“, der folgendermaßen funktioniert: Ein unauffälliger Mensch postiert sich vor einem Wahllokal und beobachtet die hineingehenden Leute. Dann sucht er sich ein Opfer aus, meist ältere Personen, die arm aussehen. Er verwickelt sie in ein Gespräch, in dessen Verlauf er der Person vorschlägt, ihm ihren Wahlzettel zu verkaufen. Dieser echte Wähler gibt nun im Wahlbüro seine Registrierungskarte ab, und kommt mit dem leeren Wahlzettel wieder heraus. Der Wahlhelfer macht sein Kreuzchen bei der Partei, für die er arbeitet und sucht sich das nächste Opfer. Die zweite Person holt mit ihrer Registrierungskarte einen neuen leeren Wahlschein und gibt den ausgefüllten des ersten Wählers ab. Nach diesem Schema wird immer weiter verfahren.

 Einfacher, aber noch wirksamer ist die Einschüchterung älterer Menschen, die sich nicht zu wehren wissen. Man lockt Rentner, die das Wahllokal betreten wollen, unter einem Vorwand in ein Auto und beginnt sie zu bearbeiten. Man bietet ihnen Geld dafür, daß sie ihr Kreuzchen an die richtige Stelle setzen. Um sicher zu gehen, daß sie auch wirklich die gewünschte Partei ankreuzen, wird ihnen erzählt, in der Wahlkabine befänden sich Überwachungskameras. Diese und eine Reihe ähnlicher Methoden scheinen als effektiveres Mittel zum Stimmenfang zu gelten als bloße Wahlpropaganda, für die sich die Russen wenig interessieren. Über diese Manipulationstechniken ist in russischen Publikationen nichts zu lesen.

Internationale Wahlbeobachter der OSZE und die Bundesregierung protestierten gegen diese Form der Wahl. Für Putin hingegen gab es nur geringe Unregelmäßigkeiten, die das Ergebnis nicht verändern.

Das Wahlergebnis fiel ja dann auch ganz im Sinne Putins aus: Die Partei „Einiges Rußland“ erzielte 64,2 Prozent der Stimmen, die Kommunistische Partei als einzige Opposition im Parlament 11,6 Prozent, die Liberaldemokraten 8,1 Prozent, und die Partei „Gerechtes Rußland“ erhielt 7,8 Prozent der Stimmen bei einer hohen Wahlbeteiligung von 63 Prozent. In Meinungsumfragen vor der Wahl zeigten viele Russen sich eher gleichgültig gegenüber der großen Politik. Möglicherweise wurde auch bei der Wahlbeteiligung manipuliert; die Bilder von kollektiv wählenden Soldaten sprechen für sich. Mit dem Wahlausgang ist die Mehrheit der Russen zufrieden. Putin ist für sie der Garant für Wohlstand und Stabilität. Mehr zur Wahl in Rußland siehe Seite 6.


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