25.04.2024

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08.12.07 / Spiel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-07 vom 08. Dezember 2007

Ost-Deutsch (44):
Spiel
von Wolf Oschlies

Im Althochdeutschen waren „spil“ und „tanz“ noch dasselbe, im Mittelhochdeutschen nicht mehr. Darum läßt Walther von der Vogelweide um 1190 die Frauen neue Spielregeln aufstellen: Wer uns küssen will, „der werbe mit fuoge und anderem spil“, also mit Anstand und weiteren Qualitäten. Im Neuhochdeutschen wurde die Bedeutungsvielfalt von „Spiel“ unermeßlich: Freizeitbeschäftigung, Spiel auf Musikinstrumenten oder mit Karten, riskantes Wagnis, sportlicher Wettkampf und vieles mehr,  ablesbar im Wortfeld von Karten-, Würfel-, Klavier-, Auswärts-, Brett- und anderen Spielen bis zum „königlichen Spiel“ (Schach) oder „Olympischen Spielen“.

Natürlich hat jede osteuropäische Sprache ihre Entsprechung von „Spiel“, wie aber auch viele aufs deutsche „Spiel“ zurückgreifen. Die Russen, die spätestens seit Dostojewskis „Spieler“ wissen, was ein Casino ist, nennen es „spilka“. Daneben kennen sie noch das „spil ryb“ (Spiel der Fische), im Schach das „mitelspil“ und „endspil“ und andere Spielereien mehr. Im Tschechischen wird konzentriertes Spielen mit „hodit spil“ umschrieben: sich aufs Spiel werfen. Bei Serben hat unsereiner fast ein sprachliches Heimspiel: „Politicka scena, mesanje spila“ heißt es da: In der politischen Szene wird das Spiel gemischt, oder „dzoker u spilu“ – Joker im (politischen) Spiel.

Neueren Datums ist im Osten der „spilmach(e)r“, den wohl die Tschechen als erste übernahmen, als sie ihren Tomas Rosicky als solchen nach Dortmund verkauften. Genau so tönten die Slowaken: „Ty spilmacher, kedy bude stranka hotovo?“ – Spielmacher, wann ist die Partie zu Ende? Die Russen zogen nach, streng am deutschen Beispiel: „V Bundeslige novaja zvezda: spilmacher Bremena“ (neuer Star in der Bundesliga, der Bremer Spielmacher), Debatten, ob „Effenberg gorazdo silny spilmacher byl“ sei, ein zu starker Spielmacher etc.

Ein älteres Beispiel spielt uns Mazedonien zu. Dort bekamen werdende Mütter im neunten Schwangerschaftsmonat ein „Babypaket“ für Neugeborene – Windeln, Cremes, „spilhozni“ (Spielhosen) etc. In letzter Zeit sind die Pakete gestrichen, was Ärger auslöste. Diese Erstausstattung, von Bettchen bis „spilhozni“, kostet 500 Euro, zwei mazedonische Monatslöhne.


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