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08.12.07 / Wir zahlen drauf / Deutschland hat die höchste Inflation seit 13 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-07 vom 08. Dezember 2007

Wir zahlen drauf
Deutschland hat die höchste Inflation seit 13 Jahren
von Mariano Albrecht

Als Angela Merkel (CDU) in der diesjährigen Haushaltsdebatte davon sprach, daß im Lande etwas passiere, „etwas, was wir in diesem Land brauchen, etwas, das man nicht in Euro und Cent berechnen kann: Der Aufschwung kommt bei den Menschen an, bei immer mehr Menschen“, da kannte sie den neuesten Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) noch nicht.

Darin warnt Studienleiter Dr. Claus Schäfer vor einer Verteilungs-Schieflage in Sachen Aufschwung und wachsender Einkommensarmut. Während die Wirtschaft dank der Senkung von Lohnnebenkosten und der Lohnzurückhaltung der Arbeitnehmer kräftig zulegte, ging das Kaufkraftpotential stetig zurück. Zudem liegt die Inflation mit drei Prozent so hoch wie seit 13 Jahren nicht mehr. Und die Löhne?

Nach Angaben der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sind die Löhne im Jahr 2007 um durchschnittlich 1,9 Prozent gestiegen, im Gegenzug explodierten jedoch die Preise für den täglichen Lebensunterhalt. Besonders hart sind die rund 20 Millionen Rentner betroffen, mit der letzten Rentenerhöhung um 0,54 Prozent hatten einige gerade mal fünf Euro mehr in der Tasche, im kommen den Jahr rechnen Experten mit einer Erhöhung von „etwas über einem Prozent“. Die „Bürgerbewegung zum Schutz der Rentner“ kommt in einer Umfrage zu dem Ergebnis, daß viele Senioren durch die höhere Mehrwertsteuer, Preissteigerungen sowie höhere Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge monatlich 83 Euro weniger in der Tasche haben.

Der sogenannte Warenkorb, den die Statistiker ihren Erhebungen zu Grunde legen, ist im täglichen Leben kaum anzuwenden, er setzt sich aus Waren des täglichen Bedarfs aber auch aus Möbeln, Bekleidung, Elektrogeräten, Kraftfahrzeugen einschließlich ihrem Unterhalt, Reisen sowie Kino und Theaterbesuchen zusammen.

Eine Statistik, die weit von der Realität entfernt ist. Und die sieht so aus: Milch-, Butter- und Getreidepreise schnellten um durchschnittlich 20 bis 27 Prozent in die Höhe. An der Supermarktkasse wird der Unterschied zum Durchschnittswert deutlich, kostete eine 300-Gramm-Packung Schnittkäse am Jahresanfang noch 1,59 Euro, so liegt der Preis heute bei 2,19 Euro, das sind satte 37,5 Prozent. Auch die Energieversorger haben über das Jahr mit Preiserhöhungen zugelangt. Anfang 2008 sind bei vielen nochmalige Erhöhungen geplant. Das kann für einen Drei-Personen-Haushalt gut und gern 20 bis 30 Euro mehr pro Monat ausmachen.

Auch die Wohnungsmieten steigen im kommenden Jahr um zirka fünf Prozent, durch hohe Heizölpreise schlägt eine warme Wohnung mit einer zu erwartenden Mehrbelastung von monatlich ebenfalls fünf bis zehn Prozent zu Buche, das kann für eine Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnung je nach Region zwischen 20 und 30 Euro monatlich ausmachen.

All diese Posten verschwinden in der Statistik des Bundesamtes, werden durch angenommene Durchschnittswerte von selten konsumierten Gütern kleingerechnet. Statistiker haben für diesen Effekt den Begriff „gefühlte Inflation“ geprägt. Nach Berechnungen des Statistikers Hans Wolfgang Brachinger lag der Wert im November bei 7,5 Prozent.

Der Aufschwung kommt bei den meisten nicht an. Facharbeiter und Angestellte zahlen drauf. Am schlimmsten trifft es Niedriglöhner und Empfänger von Arbeitslosengeld II (Hartz IV).

Brachinger hat im Auftrag der ZDF-Sendung „Frontal 21“ ausgerechnet, daß einem Hartz-IV-Empfänger von 347 Euro im Monat rund 26 Euro weniger zur Verfügung stehen, unter Umständen entspricht das einem Wocheneinkauf. Daß der Aufschwung nicht bei allen Menschen ankommt, dafür spricht auch die Zahl der sogenannten Lohnaufstocker, das sind die Arbeitnehmer, die trotz Arbeit zusätzlich zu ihrem Arbeitslohn Sozialhilfe beziehen müssen, um den Lebensunterhalt zu sichern. Zwischen 2005 und 2007 stieg die Zahl von 880000 auf 1,3 Millionen. Eine eine echte Konjunktur im Lande kann dauerhaft nur über ein Ankurbeln des Konsums erfolgen. Das Hans-Böckler-Institut hat allerdings für 2007 ein Absinken der Reallöhne um 0,3 Prozent ausgerechnet – statistisch.


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