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08.12.07 / Nur ein weiteres  Kapitel im Fortsetzungsroman / Die Nahost-Konferenz in Annapolis hat nichts bewegt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-07 vom 08. Dezember 2007

Nur ein weiteres  Kapitel im Fortsetzungsroman
Die Nahost-Konferenz in Annapolis hat nichts bewegt
von R. G. Kerschhofer

Es fällt schwer, nach dem Treffen in Annapolis das Wort „erwartungsgemäß“ zu vermeiden. Denn erwartungsgemäß sehen sich alle in ihren positiven oder negativen Erwartungen bestätigt. Was aber konnte man von „der großen Nahost-Konferenz“ wirklich erwarten?

Schon die Teilnehmerliste gibt zu denken: Geladen waren 52 Organisationen und Staaten, manche in Doppelfunktion: die Uno, die fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat, die EU, die Mitglieder der G8 (darunter Deutschland), die Arabische Liga sowie 16 ihrer 22 Mitglieder, aus Europa Griechenland, die Niederlande, Norwegen, Polen, Schweden, Slowenien, Spanien und „auf persönliche Einladung von Condoleezza Rice“ Österreichs Außenministerin Plassnik, ferner Brasilien, Indien, Indonesien, Malaysia, Pakistan, Senegal, Südafrika, die Türkei – sowie natürlich Israel und die Palästinenser-Behörde.

Der Irak hatte abgesagt. Der Iran war nicht geladen und hat das Treffen scharf verurteilt – was nicht ausschließt, daß man einer ernstgemeinten Einladung Folge geleistet hätte. Nicht geladen war auch die Schweiz – vielleicht als Strafe dafür, daß die „Genfer Initiative“, der bisher einzige realistische und halbwegs gerechte Ansatz einer Palästina-Lösung, den USA und Israel nicht ins Konzept paßt.

Spannend blieb bis zuletzt, ob Syrien und Saudi-Arabien teilnehmen würden. Die USA hatten Syrien nicht einladen wollen, dies dann aber doch getan – in der Hoffnung, einen Keil zwischen Teheran und Damaskus zu treiben. Syrien zierte sich, entsandte schließlich nur den Vize-Außenminister, und auch das erst nach der Zusicherung, daß die von Israel annektierten syrischen Golan-Höhen „zur Sprache kommen“ würden. Hinter dieser formalen Bedingung steckt allerdings, daß Syrien sich nicht den Schwarzen Peter zuschieben und in der Arabischen Liga weiter isolieren lassen will.

Auch Saudi-Arabien zierte sich – wohl um seine Rolle als größter Almosengeber und wichtigster Gegenspieler des Iran zu unterstreichen. Haben aber – wie das der Westen zu sehen glaubt – wirklich alle Araber Angst vor einem mächtigen, vielleicht eines Tages atomar gerüsteten Iran? Oder fürchten sich nur manche arabischen Herrscher? Mangels ausreichender Daten kann man darüber nur spekulieren.

Per saldo war Annapolis keine Nahost- und nicht einmal eine Palästina-Konferenz: Gastgeber Bush verbrachte drei Stunden im Konferenzsaal. Hinter verschlossenen Türen durfte Syrien die Golan-Höhen „ansprechen“ und Saudi-Arabien die Kernthemen, nämlich die Grenzen von 1967, Jerusalem, die Räumung der völkerrechtswidrigen Siedlungen und das Heimkehrrecht der vertriebenen Palästinenser. „Beschlossen“ wurde aber nur, daß „ernsthafte Verhandlungen“ zwischen Israelis und Palästinensern bis Ende 2008 zu einem „Friedensvertrag“ führen sollen – mit den USA als Schiedsrichter.

US-Präsident Bush mag von einem Auftritt als Onkel geträumt haben, der die kleinen Neffen versöhnt. Dem hatten bei „Camp David II“ mit Bill Clinton, Ehud Barak und Jassir Arafat wenigstens die Größenverhältnisse entsprochen. Doch in Annapolis paßte nicht einmal das, denn Olmert ist größer als Bush. Und als die beiden mit Mahmud Abbas vor die Kamera traten, war zu sehen, wie Bush rechts Olmert an der Hand faßte und links den verlegenen kleinen Palästinenser. Eine doppelt fatale Optik, denn für Orientalen ist die rechte Hand die, mit der man ißt, während die linke ... naja.

Der Vergleich mit „Camp David I“ – damals mit Jimmy Carter, Menachem Begin und Anwar Al-Sadat – fällt noch krasser aus: Denn der Ägypter hatte im Jom-Kippur-Krieg 1973 einen militärischen Achtungserfolg erzielt, der ohne Eingreifen der USA noch viel größer gewesen wäre. Er konnte auf Augenhöhe verhandeln, und das – nur das – führte zum bisher einzigen substantiellen Nahost-Abkommen, dem ägyptisch-israelischen Friedensvertrag. Leider auch zu Sadats Ermordung – so wie 1995 wegen „Oslo II“ auch Jitzhak Rabin ermordet wurde.

Und wer soll diesmal verhandeln – schon ab 12. Dezember? Ein israelischer Premier, gegen den vier Korruptionsverfahren anhängig sind, dessen Koalition bei kleinsten Konzessionen zu zerbrechen droht und der bereits wieder von Zusagen zurückkrebst. Und ein Palästinenser-Präsident, der nicht einmal alle Palästinenser in dem durch jüdische Siedlungen und Straßensperren fragmentierten Westjordanland vertritt – vom Gaza-Streifen und der Diaspora ganz zu schweigen.

 

Was bisher geschah

– November 1947: Uno-Beschluß, das Mandatsgebiet Palästina zwischen damals 900000 Palästinensern und 600000 eingewanderten Juden aufzuteilen. Ausgangspunkt aller Nahost-Kriege und Aufstände.

– November 1977: Anwar Al-Sadat bekundet Bereitschaft zum Frieden mit Israel. Das führt 1978 zu „Camp David I“, 1979 zum Friedensvertrag und letztlich zum Abzug Israels aus dem Sinai.

– Oktober 1991: Internationale Nahost-Konferenz in Madrid unter Teilnahme von Israel, Syrien, Libanon, Jordanien und Palästinenser-Vertretern ohne PLO. Weichenstellung für weitere Verhandlungen.

– September 1993: Konferenz in Oslo über palästinensische Teilautonomie im Gaza-Streifen und im Gebiet von Jericho. Beginn des „Oslo Friedensprozesses“.

– Mai 1994: Unterzeichnung des „Gaza-Jericho-Abkommens“ („Oslo I“) durch Israel und die PLO.

– Oktober 1994: israelisch-jordanischer Friedensvertrag.

– September 1995: Unterzeichnung von „Oslo II“ über Westjordanland und Gaza-Streifen.

– Oktober 1998: Verhandlungen in Wye (USA) über israelischen Truppenabzug.

– September 1999: Unterzeichnung des „Wye-Abkommens“.

– Juli 2000: „Camp David II“. Ergebnislose Verhandlungen von Ehud Barak und Jassir Arafat. Auch „Wye“ wird nie umgesetzt, weil nach Scharons Besuch auf dem Tempelberg am           

– 28. September 2000 die „Zweite Intifada“ ausbricht.


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