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15.12.07 / Die Schuld liegt bei Lenin / Erst »Schwarzbuch des Kommunismus«, jetzt ist der Gründer der UdSSR dran

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-07 vom 15. Dezember 2007

Die Schuld liegt bei Lenin
Erst »Schwarzbuch des Kommunismus«, jetzt ist der Gründer der UdSSR dran
von Pierre Campguilhem

Nach dem Riesenerfolg des „Schwarzbuchs des Kommunismus“, das in 33 Sprachen übersetzt wurde und eine Gesamtauflage von mehr als einer Million Exemplare erreicht hat, setzt der Herausgeber Stephane Courtais seine Tätigkeit als Historiker über das Thema „Kommunismus“ fort. Jetzt steht Lenin im Zentrum der historischen Kritik. Wir treffen Courtois in seiner Pariser Wohnung, um uns über sein soeben erschienenes „Lexikon des Kommunismus“ zu informieren.

Das Buch umfaßt 640 Seiten. 20 Mitarbeiter, darunter ein spanischer Fachmann, haben daran mitgewirkt – jeder für seinen eigenen Fachbereich – und Courtois verbrachte acht Monate damit, die Texte zu redigieren.

Laut seinen Aussagen ist es zu bedauern, daß es nicht möglich gewesen ist, ein Sonderkapitel für jedes Land, das von diesem Weltgeschehnis erfaßt wurde, niederzuschreiben. Man hat allerdings darauf verzichtet, da der Umfang des Werks sonst zu gewaltig geworden wäre. Die Geschichte der Berliner Mauer wurde dennoch darin behandelt, auch wenn der Name von Walter Ulbricht nur ein einziges Mal genannt wird. Laut Courtois ist eine Übersetzung des „Lexikon des Kommunismus“ ins Deutsche geplant.

Die Absicht dieser Mannschaft von Historikern sei es, dem Leser einen Überblick des Phänomens „Kommunismus“ von der Französischen Revolution von 1789 über das 19. Jahrhundert hinweg bis zum gegenwärtigen Postkommunismus zu bieten.

Courtois, der seit langem Forschungsleiter beim französischen staatlichen CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique) ist, kommt selbst aus einem maoistischen Umfeld und wurde von einer Gelehrten, Annie Kriegel, für die Kommunismusforschung gewonnen. Sein erstes Buch behandelte die Tätigkeit des Vertreters der Komintern in Westeuropa, Eugen Fried. Courtois verbirgt nicht, daß ohne das Ende der Sowjetunion 1991 und der danach folgenden Öffnung der Moskauer Archive seine eigene Forschungsarbeit nicht so leicht gewesen wäre.

Nach Courtois’ Einschätzung sei der Kommunismus keineswegs ein universelles Vorhaben gewesen, denn davon könne keine Rede sein mit einer Ideologie, die vom Allgemeinwohl ganze Schichten der Gesellschaft ausschließe. Hingegen sei er eine Weltversuchung gewesen. Mit Lenin, dem Erfinder des Totalitarismus, wurde die Sowjetunion zum Prototypen der kommunistischen Revolution. Durch den Sozialismus sollte eine Weltrevolution erreicht werden. 

Mit dem Leninisten sei eine revolutionäre Partei aufgetreten, meint Courtois weiter, die es ihrem Gründer ermöglicht habe, am 7. November 1917 die Macht zu erobern, noch bevor nach dem Sturz des Zaren eine konstituierende Versammlung gewählt werden konnte. Courtois arbeitet jetzt auch an einer Biographie Lenins, mit der ihm der Nachweis gelingen soll, daß dieser der eigentliche Erfinder des Totalitarismus ist.

Nach Courtois’ Meinung sei es nun das Wichtigste, über die wirklichen Zusammenhänge  aufzuklären, um das festgefügte Lenin-Bild neu interpretieren zu können. Während die mörderische Politik Stalins heute keine Verteidiger mehr fände, sei das Werk Lenins noch unangefochten. Daher diese geplante Biographie des Gründers der Sowjetunion.

Das Lexikon des Kommunismus beinhaltet sehr interessante Angaben über den sogenannten Postkommunismus und besonders über die europäische Linke. Freilich seien die französischen Kommunisten vom Experiment „Gysi / Lafontaine“ fasziniert, Courtois glaubt aber nicht, daß in Frankreich eine solche Allianz nachgeahmt werden könnte. Gefährlicher scheine ihm die Tätigkeit der Ultralinken im Europäischen Parlament, wo sie eine mit Geld gut dotierte Gruppe von 40 Abgeordneten stellen. Das Europaparlament könnte unter solchen Umständen das Rettungsboot des sterbenden Kommunismus sein.

Foto: Weggeschafft, aber nicht vergessen: Lenin-Statue wird aus Dresden abtransportiert.


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