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15.12.07 / Das große Afrika-Geschäft / Europa will an die Rohstoffe des schwarzen Kontinents, doch die Konkurrenz ist groß

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-07 vom 15. Dezember 2007

Das große Afrika-Geschäft
Europa will an die Rohstoffe des schwarzen Kontinents, doch die Konkurrenz ist groß
von Rebecca Bellano

Das eine, was ich will, das andere, was ich muß. Jene Politiker Europas, die sich entschieden hatten, trotz Anwesenheit Robert Mugabes am EU-Afrika-Gipfel in Lissabon teilzunehmen, mußten einiges schlucken. Das neue Selbstbewußtsein, das fast alle afrikanischen Vertreter im Gepäck hatten, führte dazu, daß die Europäer es alles andere als leicht hatten.

Doch woher kommt das neue Selbstbewußtsein der Afrikaner, das viele Europäer als überhebliche Arroganz empfanden – eine Charakterisierung, die die Afrikaner bisher eher ihnen hatten zuschreiben können. Der Grund für den Wechsel im Auftreten ist einfach: Europa will etwas von Afrika.

„Wir müssen endlich wegkommen von einer auf Wohltätigkeit beruhenden postkolonialen Beziehung hin zu einer Partnerschaft auf Augenhöhe. Es geht nicht um karitative Fürsorge, sondern um gemeinsame Verantwortung“, hatte EU-Entwicklungskommissar Louis Michel die Afrikaner nach Portugal gelockt. Die ahnten schon im vorraus, daß die EU etwas von ihnen will, sonst hätte sie Despoten und Dikatoren wie Robert Mugabe (Simbabwe), Umar al-Baschir (Sudan), Joseph Kabila (Kongo), Laurent Gbagbo (Elfenbeinküste), Muammar al-Gaddafi (Libyen) und Paul Kagame (Ruanda) nicht an ihren Verhandlungstisch gelassen. Machthaber, die für Mißwirtschaft, Korruption, Bürgerkrieg, Unterdrückung und sogar Völkermord stehen, durften nun mit darüber verhandeln, wie die zukünftige Zusammenarbeit zwischen der EU und dem afrikanischen Kontinent aussehen soll. Da es aber vor allem um die Verteilung afrikanischer Rohstoffe und Märkte geht, mußte die EU ihre Werte und Prinzipien außer acht lassen. Das Wettrennen um Afrikas Rohstoffe entscheidet sich nämlich derzeit zwischen China und den USA. Denn während die ehemaligen europäischen Kolonialherren die letzten Jahrzehnte damit verbracht haben, Afrika aufgrund übersteigerter Schuldgefühle mit Entwicklungshilfe zu überschütten, haben China und die USA den Kontinent unter sich aufgeteilt. Diese erneute Inbesitznahme Afrikas geschah unblutig und mit Zustimmung der jeweiligen Machthaber, denn die verdienen an den Geschäften fleißig mit. Und da vor allem China es mit der Einhaltung von Menschenrechten nicht so genau nimmt, haben die Afrikaner von ihnen keine guten Ratschläge oder Ermahnungen zu befürchten.

Und so kommt es, daß der afrikanische Kontinent Wachstumsraten von durchschnittlich vier Prozent verbuchen kann. Denn obwohl Länder wie Simbabwe den Durchschnitt nach unten ziehen – die Lebensbedingungen in dem Land sind so schlecht, daß die durchschnittliche Lebenserwartung seit 1990 von 62 Jahren auf 37 Jahre gesunken ist –, gibt es Länder wie Mauretanien und Angola, die aufgrund ihres Erdölreichtums Wachstumsraten von 19,8 Prozent beziehungsweise 17,6 Prozent verbuchen können.

Alleine diese Unterschiede offenbaren, wie anmaßend es von den Europäern ist, Afrika als einen auch nur einigermaßen homogenen Kontinent zu behandeln. Gleichmäßig ist in den meisten Ländern nur das Elend der größten Bevölkerungsteile. Warum es den jeweiligen Einwohnern jedoch so elend geht, ist von Land zu Land unterschiedlich. Es wäre auch vermessen, wenn man behaupten würde, in jedem Land würden die herrschenden Eliten ihre Einwohner ausbeuten, bei manchen Herrschern ist es „nur“ mangelndes Können, andere hingegen werden nicht Herr über die in ihrem Land immer wieder aufkommenden Stammesfehden. Staaten wie Ägypten, Äthiopien, Südafrika, Niger, Algerien, Kenia und Ghana in einen Topf zu werfen, verbietet sich, auch wenn die Bilanz auf den ersten Blick die meisten von ihnen gleichermaßen schlecht aussehen läßt. Im Uno-Lebensstandard-Index belegen afrikanische Länder die letzten 23 Plätze. Von den 49 Staaten, die die Uno unter der Rubrik „geringst entwickelte Länder“ zusammenfaßt, befinden sich 38 in Afrika. Und während sich unter den 50 freiesten Nationen nur die afrikanischen Länder Mauritius und Botswana befinden, liegt jedes zweite der 50 unfreiesten Länder auf dem schwarzen Kontinent.

Trotzdem traten die afrikanischen Staatschefs in Lissabon selbstbewußt auf und ließen die Europäer in den meisten Punkten abblitzen. Vergessen war, daß in manchem der Länder jeder dritte Einwohner an Aids erkrankt ist, vergessen war, daß vor Ort häufig selbst die einfachste Grundversorgung der Menschen nicht erfolgt; Europas nur unter Auflagen zu erhaltende Gelder werden derzeit nicht benötigt. Außerdem: Während Chinesen die für den Abbau der Rohstoffe nötige Infrastruktur innerhalb von wenigen Jahren bauen, hat die EU im selben Zeitraum noch nicht einmal ihre Planungsfeststellungsverfahren abgeschlossen. Also: Wozu brauchen die herrschenden Eliten die Europäer?

Wer der afrikanischen Bevölkerung helfen und nebenbei auch Geschäfte machen will, sollte sich einige Länder aussuchen. Dies jedenfalls empfiehlt Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck, der seit über 25 Jahren in Krisenregionen der Welt im Einsatz ist. Gegenüber der PAZ begründet Neudeck, warum er für Deutschland die beiden Länder Äthiopien und Ruanda vorschlägt. Ruanda sei „das Land mit der effektivsten und besten Regierung, die für ihr Volk was erreichen will“. Äthiopien hingegen hätte „ganz große Potentiale, auch im kulturellen Bereich“, außerdem würden die Deutschen Äthiopien eher kennen als den Tschad oder den Sudan. Allerdings bedenkt der Entwicklungshelfer nicht, daß beide Länder über keine nennenswerten Bodenschätze verfügen, was sie nicht attraktiv macht, denn auch Deutschland will endlich einmal Gewinn mit Afrika erzielen.

Foto: Wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik: Simbabwes Präsident Mugabe genoß den Medienrummel.


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