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22.12.07 / Die zwei Potsdams

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-07 vom 22. Dezember 2007

Die zwei Potsdams
von Harald Fourier

Im Sommer hat mein Schulkamerad Daniel sein Haus in Potsdam einweihen lassen. Er hat sogar extra unseren alten Religionslehrer Pater Glorius (SJ) eingeladen, um die Zeremonie in seinen neuen vier Wänden am Neuen Garten feierlich durchzuführen.

Daniel kommt aus einer wohlhabenden Familie in West-Berlin, und so waren die anderen Gäste, die ich dort kennenlernte, überwiegend West-Berliner oder Neu- Potsdamer, die erst nach der Revolution dorthin gezogen sind.

In dem aufwendig renovierten Wohnhaus traf sich das eine Potsdam.

Im Schlaatz lebt das andere. Jeder dritte in diesem Plattenbauviertel lebt von Arbeitslosengeld oder anderen „Leistungen“. Dort wird weiterhin – egal, wieviel Geld die Stadt dort investiert – Linkspartei gewählt. „Wenn ich denen mit dem Wiederaufbau des Stadtschlosses komme, dann kriege ich keine Stimme“, sagt ein Abgeordneter der Linken.

Es gibt zwei Potsdams: das klassische Potsdam mit dem Fortunaportal, den höchsten Durchschnittslöhnen in ganz Mitteldeutschland und das andere im Schlaatz – mit Hartz IV und Dosenbier. Letzterer Bevölkerungsteil interessiert sich nicht die Bohne für die Geschichte der Stadt oder den Wiederaufbau alter Gebäude. Unter ihnen ist auch die zurückgeworfene DDR-Elite, die ihre Privilegien verloren hat und den neuen Staat nicht als den ihren ansieht. Für sie ist die „BRD“ nur eine große Suppenküche.

Wie konnte es dazu kommen, daß in Potsdam zwei so unterschiedliche Lager entstanden? Daran sind die Kommunisten schuld. Bis 1945 gab es das Potsdamer Bürgertum, das stolz auf seine Stadt war. Doch dieses Bürgertum hat sich unter dem massiven Druck der roten Herren schnell aufgelöst. Nirgendwo wurde nach 1945 die Bevölkerung so radikal ausgetauscht wie hier. Die alten Eliten flüchteten, oft nach Berlin. Kommunisten aus ganz anderen Teilen des Staates, die neue Elite, bevölkerten die Filmschule oder Stasi-Institute. Auch deren Nachkommen haben mit der Garnisonkirche oder dem Stadtschloß nichts am Hut.

Gibt es begründete Hoffnung darauf, daß sich das Günter-Jauch-Potsdam am Ende durchsetzt? Daß die sozialen Probleme 18 Jahre nach dem Mauerfall irgendwann einmal nicht mehr so wichtig sind und die Mauer in den Köpfen verschwindet?

Derzeit sind die Aussichten eher durchwachsen. Der Landtagsabgeordneten Gerd-Rüdiger Hoffmann von den Linken will beobachtet haben, daß es längst eine Art Hartz-IV-Volk gibt. „Die kümmern sich den ganzen Tag nur noch darum, Sozialleistungen zu bekommen. Das überträgt sich in die nächste Generation.“
Von einer religiösen Hausweihe haben die Schlaatzer wahrscheinlich noch nie gehört.


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