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22.12.07 / Blocher ausgebootet / Mitte-Links-Bündnis vertreibt Schweizerische Volkspartei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-07 vom 22. Dezember 2007

Blocher ausgebootet
Mitte-Links-Bündnis vertreibt Schweizerische Volkspartei
von R. G. Kerschhofer

Was sich vorige Woche in der Schweiz abspielte, war für dortige Verhältnisse fast schon ein „Putsch“: Das „seit Menschengedenken“ – genauer gesagt, seit 1959 – bestehende „Konkordanz-Prinzip“ wurde über Bord geworfen. Demzufolge waren die sieben Mitglieder der Bundesregierung bisher einvernehmlich von den vier größten Parteien nominiert worden – der Schweizerischen Volkspartei (SVP), der Sozialdemokratischen Partei (SP), der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) und der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP).

Die 1959 ausgehandelte „Zauberformel“ – je zwei Ressorts für SP, FDP und CVP sowie eines für die SVP – war allerdings schon 2003 gefallen, als die SVP stärkste Fraktion wurde und darauf bestand, zulasten der CVP ein zweites Ressort zu übernehmen. Die Wahlen vom 21. Oktober 2007 brachten der SVP mit 29 Prozent der Stimmen und 62 der 200 Parlamentsmandate einen weiteren Sieg. Aber sie waren auch Vorspiel zum Eklat vom 12. Dezember: In geheimer Absprache verweigerten SP, FDP, CVP und Grüne dem inoffiziellen Parteiführer der SVP Christoph Blocher die Wiederbestellung als Justizminister und wählten ohne Einverständnis der SVP eine SVP-Abgeordnete neu in die Regierung.

Die ursprüngliche Bauernpartei SVP verdankt ihren Aufstieg maßgeblich dem Unternehmer Blocher, der sie zu einer konservativen Volkspartei umformte. Blocher stellt Schweizer Interessen klar in den Vordergrund und wird folglich als „ausländerfeindlich“ abgestempelt. Besonders kritisiert wurde ein SVP-Wahlplakat mit weißen Schafen, die ein schwarzes hinaustreten. Der Senegalese Doudou Diène, UN-Sonderberichterstatter für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, hatte die Einziehung des Plakats gefordert, was die Schweizer Regierung aber zurückwies. Die Wahlen 2007 waren erstmals auch von einer OSZE-Delegation beobachtet worden.

Das zeitliche Zusammentreffen der Abwahl Blochers mit der Unterzeichnung des „Reform-Vertrags“ war Zufall. Die Polarisierung in der Schweiz hat aber wesentlich mit der EU zu tun: In einem Land, das einst die habsburgischen Vögte verjagte, gibt es wenig Sympathie für den Brüsseler Zentralismus, der lokale Institutionen entrechtet oder durch anonyme, demokratisch nicht legitimierte Organe ersetzt. Und in einem Land mit fast 21 Prozent Ausländeranteil mußte auch die Forderung von EU-Kommissar Frattini nach 20 Millionen außereuropäischen Einwanderern für Aufregung sorgen.

Die SVP quittierte die Abwahl Blochers mit dem Gang in die Opposition und betrachtet die zwei von anderen Parteien in die Regierung gewählten SVP-Abgeordnete als „fraktionslos“. Bei der Oppositions-Entscheidung hat Blocher wohl berücksichtigt, daß es mit dem Höhenflug Jörg Haiders und der FPÖ vorbei war, als man sich Anfang 2000, nach dem großen Wahlsieg von 1999, zur Regierungsbeteiligung entschloß, obwohl dies mit dem von der „Weltmeinung“ erzwungenen Verzicht Haiders auf ein Regierungsamt und mit großen Abstrichen vom Wahlprogramm verbunden war.

Ob die SVP auf Oppositions-Kurs besser fährt und wie hart dieser sein wird, läßt sich noch nicht abschätzen. Von außen spekuliert man sogar mit einer Parteispaltung – FDP und CVP bieten „gemäßigten“ SVP-Leuten großzügig Obdach an. Die von den drei bürgerlichen Parteien bisher verzeichneten Aus-, Ein- und Übertritte zeigen noch keine klare Tendenz, scheinen aber per Saldo zu Lasten der CVP zu gehen. So dürfte sich wieder bestätigen, daß einer Partei mit dem „C“ im Namen ein Linksbündnis nur abträglich sein kann.


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