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05.01.08 / »Sie werden jeden Tag was Neues sehen« / Wilhelm Busch war weitaus mehr als nur der Erfinder von »Max und Moritz«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-08 vom 05. Januar 2008

»Sie werden jeden Tag was Neues sehen«
Wilhelm Busch war weitaus mehr als nur der Erfinder von »Max und Moritz«
von Helga Steinberg

Immer wieder zerriß er seine Bilder und er signierte nur diejenigen, die er für gut hielt. Die alten Meister hatten ihn seine Grenzen erkennen lassen, und so wurde er ein Maler, der an sich zweifelte und nur in aller Stille malte. Um so erstaunlicher ist die Menge der Gemälde (335) und Handzeichnungen (mehr als 1300), die sich heute im Besitz des Wilhelm-Busch-Museums in Hannover befinden. Einen großen Teil hat man nun von Hannover nach Schleswig-Holstein ausgeliehen, damit auf Schloß Gottorf zum 100. Todestag die Ausstellung „Soviel Busch wie nie“ gezeigt werden kann. In der Ausstellung werden über 240 Ölbilder und 140 Zeichnungen präsentiert, darunter auch zahlreiche bislang nie ausgestellte Werke, die einerseits die große Fülle der Sammlung verdeutlichen, andererseits aber auch die thematische Vielfalt im Schaffen des Malers und Zeichners Busch zeigen. Sie sind chronologisch gehängt und lassen so die stilistische Entwicklung des Malers Busch deutlich werden. Das Spektrum reicht von Arbeiten aus den 1850er Jahren, die noch romantisch geprägt waren, über Zeichnungen und Gemälde, die ahnen lassen, daß Busch freier und souveräner mit dem Sujet umgehen wollte, bis hin zu Werken der Spätzeit, die durchaus bis an die Grenze der Abstraktion heranführen. Den letzten Schritt aber wagte Busch nicht. Er blieb stets gegenständlich in seinen Landschaftsbildern und Porträts. Und er fand seine Motive in der heimatlichen norddeutschen Landschaft, die für andere vielleicht gar langweilig war. „Sagen Sie mir nicht, Sie hätten alles schon gesehen“, entgegnete er einem Gesprächspartner, der die Impulse der Großstadt bevorzugte. „Üben Sie Ihr Auge, und Sie werden jeden Tag was Neues sehen. Schaut der Wald nicht täglich anders aus?“

Auf den Akademien in Düsseldorf und München (da als Schüler von Wilhelm v. Kaulbach) hatte Wilhelm Busch sich nicht wohlgefühlt. Auch in Antwerpen waren es vor allem die alten Meister, die ihn faszinierten – Rubens, Brouwer, Teniers, Hals – nicht die Ausbildung an der Königlichen Akademie. „Ihre göttliche Leichtigkeit der Darstellung, die nicht patzt und kratzt und schabt, die Unbefangenheit eines guten Gewissens, welches nichts zu vertuschen braucht, dabei der stoffliche Reiz eines schimmernden Juwels, haben für immer meine Liebe und Bewunderung gewonnen“, schreibt er in seiner Autobiographie. „... und gern verzeih ich’s ihnen, daß sie mich zu sehr geduckt haben, als daß ich’s je recht gewagt hätte, mein Brot mit Malen zu verdienen, wie manch anderer auch. Die Versuche, freilich, sind nicht ausgeblieben; denn geschafft muß werden ...“

Natürlich sind auf Schloß Gottorf auch Bilderfolgen wie originale Handschriften von „Max und Moritz“ zu sehen, die ihn unsterblich machten und bis heute mit seinem Namen verbunden sind.

Die Ausstellung „Soviel Busch wie nie“ ist auf Schloß Gottorf  (Reitstall) bis März dienstags bis freitags von 10 bis 16 Uhr, am Wochenende von 10 bis 17 Uhr zu sehen, ab April bis 18 Uhr, Eintritt 6 / 3 Euro, bis 27. April.

Aus der Reihe der Veröffentlichungen zum 175. Geburtstag im vergangen Jahr und zum 100. Todestag am 9. Januar seien drei Bücher aus dem Deutschen Taschenbuch Verlag, München, herausgegriffen, welche die Vielfalt im Schaffen des Mannes aus Wiedensahl zeigen: die Biographie von Michaela Diers „Wilhelm Busch – Leben und Werk“ (196 Seiten, brosch., 14,50 Euro), „Max und Moritz – mundartgerecht“ (zehn Mundarten, 192 Seiten, brosch., 8 Euro) sowie „Und überhaupt und sowieso – Reimweisheiten“ (160 Seiten, brosch., 6 Euro). Ein Lesevergnügen für die ganze Familie.

 

Von den Höhen und Tiefen im Leben von Wilhelm Busch

Einszweidrei, im Sauseschritt läuft die Zeit, wir laufen mit“, so heißt der bekannte Vers aus der Bildergeschichte „Julchen“ von Wilhelm Busch. Der humoristische Dichter, der durch satirische Bildergeschichten in Versen weltberühmt wurde, starb am 9. Januar vor 100 Jahren.

Geboren wurde Wilhelm Busch am 15. April 1832 in Wiedensahl – einem kleinen Ort westlich von Hannover –  als erstes von sieben Geschwistern. Die Eltern gaben ihren Ältesten im Alter von neun Jahren zu Georg Kleine, einem Bruder der Mutter, der als Pfarrer in Ebergötzen bei Göttingen tätig war, weil der Platz im Hause Busch nicht mehr ausreichte. Wilhelm Busch, der bis dahin die Dorfschule in Wiedensahl besuchte, erhielt von seinem Onkel fortan Privatunterricht.

1847 bestand Busch im Alter von 15 Jahren die Aufnahmeprüfung am Polytechnikum Hannover und begann – so wie sein Vater es wünschte – ein Maschinenbau-Studium, obwohl seine Begabung mehr beim Malen und Zeichnen lag. 1851 brach Wilhelm Busch das Maschinenbaustudium ab und ging an die Kunstakademie Düsseldorf.

Enttäuscht vom nüchternen wissenschaftlichen Betrieb wechselte er 1852 an die Königliche Akademie der schönen Künste in Antwerpen. Die Werke der großen flämischen und holländischen Meister des 16. und 17. Jahrhunderts übten einen großen Einfluß auf Busch aus. Rund 1000 Ölgemälde sind von Busch überliefert, die er allerdings zu Lebzeiten nicht veröffentlichte, weil er sie für zu schlecht hielt.

1853 erkrankte Wilhelm Busch an Typhus. Er kehrte nach Wiedensahl in sein Elternhaus zurück, um sich dort zu erholen. Danach sammelte er Volkslieder, Sagen und Märchen, die bisher nur mündlich überliefert waren, um sie aufzuzeichnen und zu publizieren.

1854 ging Busch nach München in die Akademie der bildenden Künste. Er schloß sich dem Künstlerverein „Jung-München“ an und arbeitete ab 1858 für das satirisch-humoristische Journal „Fliegende Blätter“, in dem er viele Zeichnungen, aber auch Gedichte veröffentlichte. Insbesondere als Karikaturist hatte Busch eine glückliche Hand.

Waren die Anfangswerke noch gekennzeichnet von der ausgedehnten Erzählprosa in den Texten sowie einer steifen und detailgetreuen Bildgrafik, so änderte sich das nach und nach zu einer gebundenen Sprache in Versform. Die zitatenartigen Sprüche waren eingängiger zu merken und die auf das Wesentliche beschränkten Zeichnungen schneller zu erfassen.

In seinen Werken nahm sich Busch satirisch die bürgerliche Gesellschaft der Gründerzeit vor. Die komischen Bildgeschichten waren provozierend mit grotesken oder grausamen Elementen ausgestattet.

1863 kehrte Wilhelm Busch nach Wiedensahl zurück. Dort zeichnete er seine Bildergeschichte „Max und Moritz“, die 1865 veröffentlicht wurde. Diese Bildergeschichte, die Busch berühmt gemacht hat, gibt es heute in mehr als 200 Übersetzungen. Weitere Werke folgten.

1868 zog Wilhelm Busch nach Frankfurt, wo sein Bruder Otto lebte. Dort lernte er Johanna Keßler kennen, mit der ihn eine tiefe Freundschaft verband.

Von 1872 bis 1878 lebte Busch bei seiner Schwester Fanny und deren Mann, dem Pastor Hermann Nöldeke, im Pfarrhaus in Wiedensahl. Nach dessen Tod zog er dann mit seiner Schwester und den drei Neffen ins Pfarrwitwenhaus.

1898 holte Otto Nöldeke, einer der drei Söhne von Fanny, der mittlerweile Pfarrer in Mechtshausen geworden war, die Mutter und den Onkel zu sich. Das war für den 66jährigen Busch der Abschied von Wiedensahl, denn er kehrte bis zu seinem Tod am 9. Januar 1908 nicht mehr dorthin zurück.

Seit 1997 wird dem großen Dichter zu Ehren jährlich in Stadthagen, der Heimatregion von Wilhelm Busch, der Wilhelm-Busch-Preis für satirische und humoristische Versdichtung verliehen. Corinna Weinert


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