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05.01.08 / Mit einem Hilfstransport nach Lötzen / Der Erste und der Zweite Kreisvertreter betreuten die deutsche Volksgruppe in der Heimat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-08 vom 05. Januar 2008

Mit einem Hilfstransport nach Lötzen
Der Erste und der Zweite Kreisvertreter betreuten die deutsche Volksgruppe in der Heimat

Um 5 Uhr morgens starteten der Erste und der Zweite Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Lötzen, Erhard Kawlath und Siegfried Koyro aus Hildesheim, ihre lange Fahrt von Kawlaths Wohnort Neumünster mit dem VW-Transporter. Der Transporter war voll beladen, so daß der Rückspiegel kaum frei war. Den Wagen hatte die Firma Michel, deren Ursprung Bartenstein im Ermland/Ostpreußen ist, leihweise zur Verfügung gestellt. Bei strömendem Regen erreichten die beiden gegen 17 Uhr Allenstein, wo sie im „Novohotel“ übernachten. Sie hatten 900 Kilometer, überwiegend Bundesstraße, hinter sich.

Nach dem Frühstück ging es um 7 Uhr weiter nach Lötzen. Von Allenstein bis Lötzen hatten die beiden sieben große Baustellen mit Ampeln zu überwinden. Dazu kamen kleine Baustellen, wo die starken Kurven begradigt werden. Hier sieht man, wo die Gelder der Europäischen Union verbraucht werden. In Stürlack wurde Zwischenstation gemacht und das Automobil zum ersten Mal erleichtert. Dort wohnt eine arme deutsche vierköpfige Familie, nette bescheidene Leute. Die ältere Frau war zur Zeit sehr krank und lag im Bett. Sie meinte, die beiden sollten sich das nächste Mal anmelden, dann würde sie ein schönes Essen bereithalten.

Um 15 Uhr war Kawlath mit dem Geschäftsführer des Deutschen Vereins Walter Zantop im Hotel Wodnik in Lötzen verabredet. Er war aber gut in der Zeit, und so fuhren er und Koyro über das rund neun Kilometer von Lötzen entfernte Steintal nach Doben, einem landschaftlich wunderschönen Ort mit einer hübschen kleinen Kirche. Dort besuchten sie eine rund 35 Jahre alte Frau, die an Muskelschwund leidet und seit vielen Jahren an den Rollstuhl gefesselt ist. Es ist eine sehr ordentliche Familie. Der Mann arbeitet als Tierpfleger in Lötzen und ist handwerklich sehr geschickt. Die Tochter ist rund 14 Jahre alt. Die Frau saß zusammengekrümmt im Sessel, nur noch ein kleines „Häuflein“. Sie konnte noch nicht mal den 50-Euro-Schein fassen, den sie erhielt. Bei den vorausgegangenen Begegnungen hatte Kawlath sich immer bücken müssen, damit sie ihn umarmen konnte. Hierzu war sie nun nicht mehr fähig. Sie sagte nur flüsternd danke, danke. Die Spende hatte Kawlath von einem ehemaligen Landsmann aus Widminnen erhalten, der nun in Mainz wohnt. Das Mädchen war sehr schüchtern und gehemmt. Sie bekam einen roten langen Schal und band ihn gleich um, dazu zwei neue T-Shirts. Der Mann erhielt drei guterhaltene Pullover, die von Kawlath selber stammten und eine schöne wattierte Winterjacke. Anschließend sahen Kawlath und Koyro zu, daß sie fortkamen, denn das Erlebte ging an ihre Nieren. Wer weiß, ob die junge Frau die Weihnacht 2008 noch überleben wird.

Die beiden gingen noch durch das kleine Dorf und wurden von den Einwohnern bestaunt, weil Kawlath von der Landschaft und vom Kirchlein Aufnahmen machte. Vom am Mauersee gelegenen Doben ist es nicht mehr weit nach Steinort. Besitzer waren die bekannten Lehndorffs. Die beiden verzichteten bei der Weiterfahrt auf das Mittagessen in einem Restaurant, da sie noch genügend „Stullen“ im Gepäck hatten.

Walter Zantop war natürlich pünktlich da – als alter Masure –, und Kawlath entledigte sich des vielen Geldes. Er ist immer sehr froh, wenn er dies tun kann. Allein 4000 Euro hatte er von der Kreisgemeinschaft für die geplante neue Dacheindeckung mit. Dann begann das große Umladen in Walters Personenkraftwagen für die Weihnachtsfeier in der Begegnungsstätte. Allein 15 Marzipanstollen, fünf Pakete Bohnenkaffee, rund zehn Päckchen mit Weihnachtsgebäck, dazu Marzipanbrote und für die Kinderweihnachtsfeier Spielzeug, Kinderkleidung und einen blauen Sack mit Stofftieren … Zwei nette Hilfskräfte vom Hotel, die Kawlath seit mehreren Jahren kennt, erhielten auch Geschenke. Dann wurden mitgebrachte Pakete an der Rezeption abgegeben, die Kawlath für Landsleute aus dem Kreis Lötzen mitgenommen hatte.

Um 11 Uhr begann das große Weihnachtsfest für die Senioren. Vorher kamen zwei Mann mit dem Lastkraftwagen und holten 3800 Einwegspritzen für das Muterhaus Bethanien (Preußenhaus) ab. Die Firma Transcoject aus Neumünster ist der größte Spender. Der große Raum der Begegnungsstätte mit rund 125 Quadratmetern Wohnfläche war sehr festlich geschmückt. Erschienen waren diesmal fast 80 Landsleute, sonst waren es meistens 120 und mehr. Viele fehlten wegen Krankheit. Nach der Zweiten Vorsitzenden, Barbara Ruzewicz, sprach Kawlath zu den Landsleuten, die er vorher alle einzeln mit Handschlag begrüßt hatte. Er berichtete, daß die Kreisgemeinschaft auch zu kämpfen hat, weil die Jugend fehlt und es laufend weniger Mitglieder werden, bedingt durch Krankheit und Todesfälle. Trotzdem konnte er ihnen zusagen, daß die Kreisgemeinschaft Lötzen zum Haupttreffen Ende August 2008 wieder 40 Landsleute einladen wird. Die Freude war groß. Alle gingen mit einer reichhaltigen Weihnachtstüte nach Hause. Viele erhielten noch eine gute Geldspende und mußten teilweise mit dem Bus noch 30 Kilometer nach Hause fahren.

Am nächsten Tag ging eine Fahrt nach Widminnen, Gr. Gablick, Lindenheim und weiter nach Treuburg. Das sind von Lötzen insgesamt 57 Kilometer. Alle Sachen wurden von Kawlath persönlich überreicht. Es gab viele Freudentränen. Die Familien in Gr. Gablick und Treuburg erhielten noch Geldspenden wegen Schwerbehinderung. Spät am Abend, um 21 Uhr, waren Kawlath und Koyro wieder im Hotel. Natürlich erhielten viele von Kawlath noch Bohnenkaffee. Dieser erfreut sich bei den Landsleuten im südlichen Ostpreußen einer besonderen Beliebtheit, weil die Polen ihn anders brennen als die Deutschen.

Am nächsten Tag hatten Kawlath und Koyro bereits um 9 Uhr ein Gespräch mit der Lötzener Bürgermeisterin Jolanta Piotrowska und drei Stadträten, darunter die Zuständige für Wirtschaft, die Kawlath bereits in Kiel bei einer kommunalpolitischen Veranstaltung kennengelernt hatte. Thema war die Sozialstation der Johanniter-Unfall-Hilfe. Das Problem ist, daß die Johanniter-Unfall-Hilfe in Schleswig-Holstein die Förderung nach zehn Jahren aufgibt. Davon betroffen sind auch zwölf weitere Stationen im südlichen Ostpreußen. Die Kreisgemeinschaft Lötzen hat weitere Unterstützung zugesagt, falls es denn zu einer Lösung kommt. Die Deutschen, die von den zwei Krankenschwestern im weiten Umkreis betreut werden, sind bitter enttäuscht. Die betroffenen Kreisvertreter haben keinen Einfluß auf diese Entscheidung. Der Dank der Johanniter an die Kreisgemeinschaft Lötzen für die enorme geleistete Arbeit und Hilfe war groß.

Am fünften Tag ging es – diesmal bei trockenem Wetter – wieder zurück Richtung Neumünster. Abends um 18 Uhr waren Kawlath und Koyro in Deutsch-Krone. Den Rest der Fahrt bewältigten sie am nächsten Tag über die A 20. Um 13 Uhr trafen sie in Neumünster ein. 2620 Kilometer hatten sie zurückgelegt. Auf der Rückfahrt war der Wagen mit vielen Honiggläsern für alle netten Freunde gut beladen.

Schon jetzt gehen Kawlaths Gedanken hin zu der Fahrt 2008. Oft wünscht er sich, daß doch einer von den treuen Spendern die Freude der Landsleute in Masuren miterleben könnte.       E. K.

Foto: Im Büro der Bürgermeisterin Lötzens: Koyro, Ruzewicz, Zantop, Kawlath und Piotrowska (von links nach rechts)


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