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12.01.08 / Kirchenfreiheit versus Recht auf Streik / Die Frage, was

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-08 vom 12. Januar 2008

Kirchenfreiheit versus Recht auf Streik
Die Frage, was von beidem im Arbeitskampf schwerer wiegt, ist umstritten
von Manuel Ruoff

Das kirchliche beziehungsweise religionsgemeinschaftliche Selbstbestimmungsrecht, auch Kirchenfreiheit genannt, ist in der Bundesrepublik Deutschland ein Recht der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften mit Verfassungsrang. Es resultiert aus dem bürgerlichen Ideal des Laizismus, der Trennung von Kirche und Staat. So geht in Deutschland seine verfassungsrechtliche Geschichte denn auch auf die bürgerliche Revolution von 1848 zurück. In der deutschen Paulskirchenverfassung heißt es in Paragraph 147: „Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig, bleibt aber den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen.“ Während es in der Paulskirchenverfassung also noch einen nachgeschobenen Gesetzesvorbehalt gibt, heißt es in der Verfassung Preußens von 1848/50 im Artikel 12: „Die evangelische und die römisch-katholische Kirche, so wie jede andere Religionsgesellschaft, ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig und bleibt im Besitz und Genuß der für ihre Kultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds.“

In der Weimarer Republik heißt es bezüglich des kirchlichen Selbstbestimmungsrechtes in Artikel 137: „(1) Es besteht keine Staatskirche. (2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen. (3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes … (4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. (5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft … (7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen. (8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.“ Gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes gelten diese Weimarer Bestimmungen auch für die Bundesrepublik Deutschland.

Unter Juristen unumstritten ist, daß die Kirchen wie andere Arbeitgeber grundsätzlich das Recht der Wahl haben, ob sie Tarifverträge abschließen oder dieses bleiben lassen. Umstritten ist hingegen, ob die Kirchen wie andere Arbeitgeber bei ihrer Wahl seitens der Arbeitnehmer mit Hilfe von Arbeitskampfmaßnahmen wie Streiks beeinflußt werden dürfen.

Während die arbeitgeberfreundliche Schule auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht verweist, argumentiert die andere, dieses Recht würde relativiert durch die ebenfalls grundgesetzlich geschützte Betätigungsfreiheit der Koalitionen, welche auch Streiks von Kirchenmitarbeitern abdecke.


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