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19.01.08 / Die »Jupitereichen« der Griechen / Der mächtige Walnußbaum wurde zum Baum des Jahres 2008 erkoren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-08 vom 19. Januar 2008

Die »Jupitereichen« der Griechen
Der mächtige Walnußbaum wurde zum Baum des Jahres 2008 erkoren
von Anne Bahrs

Vorderasien soll die Heimat des Walnußbaumes sein. Nur im Mittelmeerraum, in Persien, Turkestan, Afghanistan, dem Himalaya und in Westtibet gibt es noch wild wachsende Walnußbäume. Die „Alten Griechen“ haben uns überliefert, wie sehr sie die geheimnisvollen Früchte dieser Bäume, die sie „Jupitereichen“ nannten, schätzten. Denn sie waren schon damals wohlschmeckend und nahrhaft, gaben Kraft und sollten zudem Liebesverlangen und -genuß steigern, mußten also eine Speise der Götter sein.

In Griechenland wird auch heute noch manches Brautpaar nach der Trauung mit guten Wünschen bedacht und dabei mit Walnüssen beworfen. Dieses Ritual entstand wahrscheinlich aus der Erfahrung, daß Walnüsse die Leistungskraft des menschlichen Gehirns, dem sie in ihrer gelappten Gestalt ähneln, steigern können.

Der geflügelte Fruchtkern wächst in einer grünen, ledrigen Hülle heran, die reifend verholzt und ihren schützenden Mantel sprengt, oder er platzt, wenn die Frucht vom Baum fällt. Inmitten der holzigen Nußschale trennt eine feste Haut zwei Kernhälften bis auf einen kleinen Zipfel, der den Embryo birgt. Dank seiner nährstoffreichen Mitgift kann sich ein kräftiger Keim entwickeln.

Von den Griechen lernten die Römer den Anbau der Walnußbäume. Die brauchen Platz, einen fruchtbaren, tiefgründigen Boden und reichlich Feuchtigkeit.

Da unter ihren ausladenden Kronen kaum andere Pflanzen gedeihen und sie ertragreicher sind, wenn in ihrer Nachbarschaft ein zweiter Walnußbaum wächst, verbreitete sich in abgelegenen Dörfern Italiens die Vorstellung, in den glatten, silbrig-glänzenden Stämmen der mächtigen Bäume würden Dämonen hausen, die sich des Nachts tanzend vergnügen, wenn keine Blume in ihrer Nähe sei!

Über Italien und Frankreich kam Juglans regia, die königliche „Welschnuß“, als Mitbringsel über die Alpen nach Deutschland. Zuerst wuchs sie am Kaiserstuhl, im mittleren Rheintal und an der Mosel. Mit dem Wissen über die Anzucht dieser Bäume brachten die heilkundigen Mönche auch ihre Erfahrungen über die medizinische Wirkung der aromatisch duftenden Blätter, des grünen Fruchtfleisches und des Nußöls in unser Land. Sie warnten allerdings vor zu reichlichem Verzehr der schwerverdaulichen Nüsse. Im Volksmund wurde die beliebte Welschnuß zur Walnuß.

Wenn der Maifrost die unscheinbar gelben, weiblichen Blütentrauben an den Zweigspitzen und die in den Blattachsen der vorjährigen Zweige hängenden grünen, langen männlichen Kätzchen verschont hat, wird der Walnußbaum reichlich Früchte ansetzen. Außer dem Maikäfer hat er keine Feinde, aber viele Liebhaber. Die kommen zwischen Juni und September und pflücken sorgsam von seinem gefiederten Laub, befreien es von den Stielen und trocknen es rasch an luftigem Ort.

Die desinfizierende Wirkung des Walnußlaubes ist schon sehr lange bekannt. Früher wurden Krankenzimmer nach dem Reinigen mit Wacholder, Weihrauch und Walnußblättern ausgeräuchert, bevor sie wieder belegt werden durften.

Mit einem Sud aus gekochten Walnußblättern reinigte man Wunden. Walnußblättertee trank man gegen Hautkrankheiten und Karbunkel. Eine Abkochung der fleischigen Walnußhüllen sollte gegen Milchüberschuß und bei Gicht und Rheuma helfen.

Die Hoffnung darauf mag den schmerzgeplagten Preußenkönig Friedrich II. veranlaßt haben, in den Gebieten seines Landes, in denen Wein gedeiht, das Pflanzen von Walnußbäumen anzuordnen.

Was uns nach vielhundertjähriger Erfahrung als wichtige Volksmedizin überliefert wurde, prüfte und übernahm die moderne Pharmazie. Das ätherische Öl, Bitter- und Gerbstoffe in Blättern und Fruchtfleisch von Juglans regia sind enthalten in Präparaten zur Blutreinigung, gegen Darmka-tarrh und Hautkrankheiten, in magenstärkender und appetitanregender Arznei.

Schon Paracelsus schrieb in seiner Signaturlehre, daß Nußöl gut sei für die Kopfhaut und die Haare, und die Kosmetikindustrie bedient sich fleißig der Wirkstoffe dieses Baumes und seiner Früchte.

Ein Walnußbaum soll 400 bis 500 Jahre alt werden können. Alte Bäume erkennt man an der rissig gewordenen, weißschimmernden Rinde. Und weil das Holz des begehrten Baumes hart und elastisch, dazu hübsch gemasert ist, ist es gefragt für edle Möbel und Intarsien.

Seine glatte Oberfläche läßt sich leicht polieren. Zur Herstellung der Politur ist das Nußöl gut. Die alten Meister haben ihre leuchtenden Farben schon mit Nußöl angerührt.

Unter den 15 eßbare Früchte tragenden Arten der Familie Juglanda ceae gibt es inzwischen dank der Zuchterfolge weniger empfindliche, spätblühende Walnußbäume. Sie wachsen auch im Norden und tragen wohlschmekkende, aber kleine, schrumpelige Früchte.

Walnüsse enthalten 50 bis 60 Prozent Fett, Eiweiß, Kohlehydrate, Kalk und besonders reichlich Vitamin C. Sie sind also leider „Kalorienbomben“: 100 Gramm Walnüsse = 600 Kalorien! Das möchte man nicht wahrhaben, wenn zum kalten Braten eingelegte Walnüsse so gut schmecken, eine Torte hübsch mit Walnüssen verziert wird und köstliches Nougat, eine Kombination aus Schokolade, Walnüssen und Gewürzen, zum Naschen locken.

Um auf den Wert dieses Baumes aufmerksam zu machen, wurde der Walnußbaum zum Baum des Jahres 2008 ausgerufen.

Foto: Ausladende Krone: Der Walnußbaum spendet Schatten und schmackhafte Früchte.


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