23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
19.01.08 / Die Ehe als Pflicht für alle / Bereits in der Antike gab es Gesetze zum Schutz der Familie / Das bleibt in der Familie (Folge 12)

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-08 vom 19. Januar 2008

Die Ehe als Pflicht für alle
Bereits in der Antike gab es Gesetze zum Schutz der Familie / Das bleibt in der Familie (Folge 12)
von Klaus J. Groth

Gemessen an den vielen guten Worten, die zum Jahreswechsel für die Familie gefunden wurden, ist sie entweder in allerhöchster Gefahr – sonst müßten nicht so viele Wohlmeinende sich ihrer annehmen - oder aber, es steht gar nicht so schlecht um sie – weil sich so viele für ihren Schutz einsetzen. Die Familie fehlte bei diesem Jahreswechsel in keiner Neujahrsansprache. Die Kanzlerin gedachte ihrer, die evangelischen Bischöfe setzten sich für sie ein, und für Papst Benedikt XVI. war die Familie zentraler Punkt seiner Predigt. Er bezeichnete die Familie als „Hauptagentur für den Frieden“ auf der Welt. Die auf der Ehe zwischen Mann und Frau gegründete Familie nannte er „Wiege des Lebens und der Liebe und die erste und unersetzbare Erzieherin zum Frieden“.

Das klingt doch deutlich anders, als das flapsige  „Gedöns“, mit dem noch 1998 der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder Frauenpolitik (und damit auch Familienpolitik) abtat. Nicht irgendwo am Stammtisch, sondern anläßlich der Vereidigung des Bundeskabinetts. Da ist eine sorgfältige Wortwahl im allgemeinen angebracht. Allerdings hat sich dann die Familienpolitik bereits in der Regierungszeit Schröders vom „Gedöns“ zur Chefsache entwickelt. Sie wurde zur „strategischen Aufgabe ersten Ranges“. Denn, so Schröder, „die wirtschaftliche Kraft des Landes, die Sicherheit der Altersvorsorge und die Lebensfähigkeit aller Regionen liegt in unseren Kindern“. Damit war aus dem „Gedöns“ Familienpolitik ein „hartes“ Wirtschaftsthema geworden.

Die Familie als Wirtschaftsfaktor, um den sich der Staat Sorgen machen muß – das ist freilich ein vollkommen anderer Ansatz, als der,  den der Papst meinte, als er sagte: „Die auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegründete natürliche Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.“

 Nun muß man nicht die Sorge um die Familie bemühen, um zu erkennen, daß zwischen Gerhard Schröder und Benedikt XVI. Welten liegen. In einem aber stimmen beide überein: Wenn sie von und über die Familie sprechen, dann meinen sie Familie und Partnerschaft, so wie sie sich heute darstellen. Aber: Die Familie, das Fundament der Gesellschaft, ist so fundamental nicht. Das Familienbild ist nicht unverrückbar. Es hat im Laufe der Zeit deutliche Wandlungen durchgemacht. Allerdings vollzogen sich die Veränderungen nicht so rasch bis hektisch, wie das heute der Fall ist.

Die Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau, nicht erst seit Romeo und Julia romantisch verklärt, sie war in der Antike als Voraussetzung für eine Ehe und eine Familie vollkommen bedeutungslos. Familie, das war in erster Linie eine soziale Angelegenheit – und darüber entschied die soziale Gemeinschaft. Die Familien, die durch eine Heirat miteinander verbunden werden sollten, bestimmten, wer wen zu ehelichen hatte.

Im klassischen Griechenland galt die Ehe bereits als das Fundament der gesellschaftlichen Ordnung. Somit wurde sie zum staatspolitischen Faktor. Wer als Mann etwas gelten wollte, der mußte verheiratet sein. Im Athen des Perikles war die Ehe Voraussetzung für einen Mann, der ein öffentliches Amt bekleiden wollte. Selbst in Sparta, wo die Knabenliebe bekanntermaßen in hohem Ansehen stand und die Dichter inspirierte, war ein Mann erst ein Mann, wenn er geheiratet und Kinder gezeugt hatte. War diese Voraussetzung erfüllt, dann war das auch mit der Knabenliebe in Ordnung.

Ehe und Familiengründung wurden in der griechischen Antike staatspolitisch so bedeutend, daß der als Gesetzgeber gerühmte Solon überlegte, ob es nicht sinnvoll sei, ein Gesetz über die Erfüllung der Pflicht zur Ehe zu erlassen. Die Ehe zu arrangieren, war Sache des Vaters. Von praktischen und nützlichen Erwägungen geleitet, wählte er die Familie aus, mit der ihm eine Verbindung vorteilhaft erschien.  War alles geklärt und abgemacht, wurde ein Vertrag aufgesetzt, der vor Zeugen unterzeichnet wurde.

Nun verbanden die zwischen den Vätern beschlossenen Ehen keineswegs unmündige Jugendliche. Im Regelfall war der Bräutigam Ende 20, die Braut knapp unter 20. Wichtigste Aufgabe der Frau war es, Kinder zur Welt zu bringen. Sie blieb ans Haus gebunden. Das öffentliche Leben wurde von den Männern bestimmt.

Jeder Ehemann hatte grundsätzlich nur eine Ehefrau. Das bedeutete jedoch nicht, daß er nur eine Frau hatte. Die aus praktischen Erwägungen geehelichte Frau war nicht unbedingt auch die Frau für die vergnüglichen Stunden. Dafür hatte „Mann“ die Prostituierten oder Konkubinen. Und wem das noch nicht genügte, der pflegte erotische Beziehungen zu jungen Männern.

So gesehen, bestand aus Sicht der Männer wenig Anlaß zu einer Scheidung. Und obgleich die Gesetze den Männern die Trennung leichter machte als den Frauen, wurde davon nur selten Gebrauch gemacht. Gründe waren entweder Untreue der Frau oder Unfruchtbarkeit. Allerdings hatte die Frau im Falle einer Trennung das Recht, ihre Mitgift mitzunehmen. Und das wirkte sich ziemlich dämpfend auf die Scheidungsrate aus.

Im antiken Rom wurden die Ehegesetze fortlaufend verfeinert. Das ging einher mit einer Stärkung der Position der Frau und Ehefrau. In der römischen Frühzeit verfügte der Mann allein über sämtliche Rechte, auch an Leib und Leben seiner Frau und seiner Kinder. In der Kaiserzeit hingegen war nahezu eine rechtliche Gleichstellung zwischen den Eheleuten erreicht.

 Die Ehe – und auch die Scheidung – waren im alten Rom absolut private Angelegenheiten. Der Staat mischte sich nicht ein, und die Priester taten es auch nicht.

 Als zur Zeit des Kaisers Augustus die Zahl der Eheschließungen und der Geburten dramatisch zurückgingen, wurde ein Gesetz zur Ehepflicht erlassen. Für Ledige waren spürbare Strafen vorgesehen.

Während im alten Rom die rechtliche Stellung der Ehefrau deutlich gestärkt wurde, änderte sich in der moralischen Wertung wenig. Der Gang ins Freudenhaus blieb ebenso gesellschaftsfähig wie die Beziehung zu einer Konkubine.

In der nächsten Folge lesen Sie: Germanischer Brauthandel / Abschied von der Scheidung – Minnesang und Wirklichkeit

 

Familienmenschen

Solon (* etwa um 640 v. Chr. in Athen, † vermutlich um 560 v. Chr.) stammte aus einer der hoch angesehenen Familien Athens. Zu seinen Vorfahren zählte der letzte König der Stadt. Mit dem Namen Solons verbinden sich grundlegende sozialpolitische Reformen. In diesem Zusammenhang entstanden auch seine Überlegungen, die Ehe als grundsätzliche Pflicht in einem Gesetz festzuschreiben. 594 v. Chr. in Athen zum höchsten Staatsbeamten (Archont) gewählt, entwickelte Solon für den Stadtstaat eine neue Verfassung. Das Ziel seiner Reformen war es, die soziale Kluft zwischen dem vermögenden Adel und dem Volk zu verringern. Gleichzeitig sollten Standesvorrechte beschnitten und Beamtenwillkür verhindert werden. Die Leistung jedes einzelnen sollte darüber entscheiden, welchen Einfluß und welches Ansehen er in dem Staat hatte. Geburt, soziale Herkunft oder Erbe einer reichen Familie wurden somit nachrangig. Entscheidend für das Mitspracherecht wurde das selbst erwirtschaftete Eigentum. Um die verarmten Bauern aus der Schuldknechtschaft zu befreien, verfügte Solon die Entfernung der Hypothekensteine von den Äckern der verschuldeten Landbevölkerung. Die Schuldknechtschaft, in die sich die Bauern selbst verkauft hatten, wurde verboten. Gleichzeitig wurden Bauern aus der Schuldknechtschaft herausgekauft. Um das Andenken an Solon zu bewahren, gab man ihm nach seinem Tod diesen Sinnspruch mit auf den letzten Weg: „Nichts im Übermaß“.

Augustus (* 23. September 63 v. Chr. in Rom; † 19. August 14 n. Chr. in Nola bei Neapel) herrschte als erster römischer Kaiser. Die anhaltende Friedensperiode während seiner Regentschaft versetzte ihn in die Lage, sich auch um Fragen des partnerschaftlichen Zusammenlebens zu kümmern. Seine Regentschaft brachte eine Rückbesinnung auf althergebrachte Sitte und Moral. Im Jahr 19 v. Chr. ließ sich Augustus vom Senat die Sittenaufsicht (cura morum) übertragen. Er verschärfte die Strafvorschriften für Ehebruch und führte die allgemeine Pflicht zur Ehe ein. Während der Zeit seines Aufstiegs, - Augustus war Großneffe und Haupterbe des Gaius Julius Caesar und gewann die Machtkämpfe nach dessen Ermordung – hatte er nicht gerade als Tugendbold gegolten. Aber nachdem er an der Macht war, erkannte er die Wirksamkeit traditioneller Werte für Frieden und Ordnung. Auf diese moralischen Ansprüche setzte er, um einer Verwahrlosung der Sitten nach den Machtkämpfen um die Herrschaft Einhalt zu gebieten. Um diese Prinzipien durchzusetzen, machte er auch vor der eigenen Familie nicht Halt. Seine Tochter Julia ließ er wegen Ehebruchs anklagen und auf die kleine Insel Pandateria verbannen. Besonders stolz machte es Augustus, als ihm der Senat den Titel pater patriae („Vater des Vaterlandes“) verlieh. Mit dieser Würdigung wurde deutlich, daß der Herrscher gegenüber jedem Angehörigen des Reiches die gleiche Autorität besaß wie jedes römische Familienoberhaupt (pater familias) gegenüber den Seinen – die absolute.

Bill Clinton (* 19. August 1946 in Hope, Arkansas als William Jefferson Blythe III.) hätte in der Antike möglicherweise weniger Ärger gehabt, nachdem seine Affäre mit Monica Lewinsky aufgeflogen war. Eine Konkubine für das Vergnügen, eine Ehefrau für die häuslichen Angelegenheiten, das gehörte durchaus zum guten Ton im klassischen Griechenland und im alten Rom. Nicht aber in Washington. Ein amerikanischer Präsident darf eben doch nicht alles, was ein römischer Kaiser durfte. Dennoch bleibt festzuhalten: Bill Clintons Präsidentschaft dauerte von 1993 bis 2001. Er war der 42. Präsident der Vereinigten Staaten. Und er strauchelte zwar, aber er fiel nicht über die Lewinsky-Affäre. Seine sexuellen Eskapaden, zu denen er sich mit der Praktikantin Monica Lewinsky ins Oval Office des Weißen Hauses zurückzog, brachte ihm zwar ein Amtsenthebungsverfahren ein, aber das scheiterte. Immerhin war Clinton erst der zweite Präsident der USA (nach Andrew Johnson 1868), gegen den ein Amtsenthebungsverfahren geführt wurde. Das Verfahren wurde übrigens nicht wegen der Seitensprünge angestrengt. Clinton hatte, wie die meisten ertappten Sünder, anfangs alles abgestritten und geleugnet. Eine solche Falschaussage unter Eid war Anlaß für das Verfahren gegen den Präsidenten. Als dann doch alles rausgekommen war, kritisierte Clinton Gesellschaft und Politik und bezichtigte sie der Heuchelei.

Foto: Hochpolitisch: Die Ehe als Eckpfleiler der Gesellschaft


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren