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19.01.08 / Es muß nicht gleich operiert werden / Mit kleinen Schritten zur Gewichtsabnahme und zu mehr Lebensqualität

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-08 vom 19. Januar 2008

Es muß nicht gleich operiert werden
Mit kleinen Schritten zur Gewichtsabnahme und zu mehr Lebensqualität
von Rosemarie Kappler

Zwischen medial konstruierten Idealmenschen, einem hochqualitativen Nahrungsüberangebot und einem massenwahnsinnigen Freizeitprogramm ist ein neues Bermuda-Dreieck entstanden, das immer mehr Menschen mit überzähligen Pfunden in die Tiefe reißt. Gegen den Sog anzukämpfen haben bedauerlicherweise viel zu viele der inzwischen zwei Drittel Übergewichtigen und Adipösen (Fettsüchtigen) in Deutschland aufgegeben. Damit verzichten sie aber auf die reale Chance einer besseren Lebensqualität, und sie gehen bewußt das Risiko weiterer Krankheiten ein. Die Schreckens-Liste liest sich etwa so: Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Störungen, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Fettleber (die immer häufiger zur Transplantation zwingt), Schlaganfall, Infarkt, Schlafapnoe-Syndrom, Gicht, Gallenblasen- und Bauchspeicheldrüsen-Erkrankungen, Krebs, Gelenkkrankheiten und nicht zu unterschätzen das Ausmaß psycho-sozialer Störungen und eine kürzere Lebenserwartung. Verschärft wird das Ganze durch Alkoholmißbrauch und Nikotinkonsum.

Vermutlich hat der Allmächtige zwar kein Kraut gegen Übergewicht wachsen lassen, doch einen Ausweg hat er in Stein gemeißelt: „Sei du du, ersetze zuckerhaltige Getränke durch schlichtes Wasser, nimm täglich 500 Kalorien weniger als benötigt zu dir und schwitze zwei- bis dreimal  pro Woche richtig tüchtig.“ Es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn nicht nach und nach das eine oder andere Pfund seinen Geist aufgibt. Zur Kontrolle ist natürlich eine Waage sinnvoll. 

„Leider machen wir immer wieder die Erfahrung, daß gerade schwer Übergewichtige nicht einmal ihr aktuelles Gewicht kennen“, bedauert Privatdozent

Dr. Peter Schiedermaier. Der Internist und Chefarzt im Evangelischen Krankenhaus Zweibrükken will Übergewichtigen Mut machen: „Sie brauchen keine komplizierte Diät. Sie brauchen Bewegung und weniger Zucker.“ Denn Glukose stimuliert im Gehirn sogenannte „Glückszentren“. Jede Zuckerzufuhr wird als Belohnung aufgefaßt und schreit nach mehr. „Diesen Kreislauf zu durchbrechen, darauf sollten sich Übergewichtige konzentrieren, statt auf die nächste Diät“, so Schiedermaier. Sich ständig zu konzentrieren ist natürlich auch ungesund. Ablenkung wäre das Beste, und dazu bietet sich dann die Erkundung der Umgebung mit schnellen Schritten oder mit dem Rad idealerweise an. Wer tüchtig schwitzt, muß obendrein auch mehr trinken. Wasser ist am Besten, spült den Körper richtig durch, hilft beim Entsorgen belastender Stoffwechselprodukte.

Doch in manchen Fällen reicht dieses Basis-Programm nicht aus. Menschen mit einem Body-Mass-Index (siehe Kasten) höher als 30 brauchen weiterführende Unterstützung. Sie reichen von medizinischer Ernährungsberatung über Medikamente bis hin zur Kunst des Chirurgen. Schiedermaier weiß aus Erfahrung, daß es für Adipöse dabei am Besten ist, sich an ein spezialisiertes Zentrum zu wenden, weil dort eine engmaschige Kontrolle ihres Abnehmprozesses gewährleistet ist. Die wichtigsten Werte sind dabei die Blutfett- und Blutdruckwerte und das Gewicht. Mit Experten-Unterstützung können auch stark Adipöse bis zu einem Viertel ihres Gewichtes verlieren.

Das Entscheidende aber ist, daß Betroffene lernen, das Erreichte auch zu halten und sich nicht von der Zielvorgabe „Leistungssportler“ kirre machen lassen. Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und in die Erfahrung der Helfer ist dabei wichtigste Voraussetzung. Das klingt einfacher als es ist. Denn oft müssen Übergewichtige eben dies zum ersten Mal in ihrem Leben lernen: Vertrauen und das Überwinden überflüssiger Scham-, Schuld- und Versagensgefühle. Psychologische Unterstützung kann dabei äußerst effektiv sein.  Sie hat zumindest weniger Nebenwirkungen als Medikamente. Die aktuellen Wirkstoffe sind Sibutramin, Orlistat und Rimonabant. Sie verstärken das Sättigungsgefühl, erschweren die Fettaufnahme im Darm oder bremsen den Zuckerstoffwechsel. Studien belegen eine mittlere Gewichtsreduzierung bis zu zehn Prozent, aber auch eine Gewichtszunahme beim Absetzen. „Bewährt hat sich in der Behandlung von Adipositas die operative Verkleinerung des Magens. Zum einen können wir in einem schonenden OP-Verfahren ein Band um das Organ legen, mit dem der Magen im oberen Drittel zusammengeschnürt wird“, erklärt Schiedermaier. Ziel ist, daß der Betroffene weniger Nahrung aufnimmt. Alternativ und mit gleichem Ziel kann endoskopisch über die Speiseröhre ein Ballon in den Magen eingeführt werden, der mit einer Kochsalzlösung gefüllt wird. Gewichtsverluste zwischen 15 und 20 Prozent können damit erreicht werden.

 

Wie berechnet man den BMI?

Der international gültige Body-Mass-Index ist definiert als das Körpergewicht in Kilogramm dividiert durch das Quadrat der Körpergröße in Meter. Ein 140 Kilogramm schwerer Mensch mit einer Größe von 1,80 m hat danach einen BMI von 43,2 und gilt damit als extrem adipös.

BMI-Klassifizierung nach WHO:

Normalgewicht                18,5-24,9

Übergewicht                     25,0-29,9

Adipositas Grad I             30,0-34,9

Adipositas Grad II           35,0-39,9

Adipositas Grad III          über 40


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