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26.01.08 / Krank

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-08 vom 26. Januar 2008

Krank
von Harald Fourier

Letzte Woche hat Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher den „Aktuellen Bericht über die gesundheitliche Lage der Berliner Bevölkerung und das Gesundheitswesen“ vorgestellt. Ein 664 Seiten starkes Werk von über 50 Autoren, das fast nur aus Zahlen und    Tabellen besteht. Es wiegt mit 1696 Gramm halb soviel wie ein Neugeborenes.

Der diesjährige Bericht widmet sich schwerpunktmäßig der Lage von Migranten und kommt zu der wenig überraschenden  Erkenntnis, daß es den Leuten in den wohlhabenden Bezirken besser geht als den in den armen.

Natürlich ist es für Fachleute interessant zu wissen, wie viele Entbindungen oder Apotheken es in der Stadt gibt, oder wie hoch die Impfquote bei Erstkläßlern ist. Aber wer braucht Statistiken, aus denen hervorgeht, daß der Anteil der Rentner unter den AOK-Versicherten von 24,7 auf 24,6 Prozent gesunken ist? (Außer der AOK selbst vielleicht, aber die wird ihre eigenen Statistiken haben.)

Nun, einen wirklichkeitsnahen Eindruck vom Stand unseres Gesundheitswesens habe ich letzte Woche bekommen, als ich eine Freundin aus Frankfurt zu Gast hatte. Sie mußte nämlich einen Arzt aufsuchen. Keine große Sache, dachte ich und reichte ihr das Pankower Branchenfernsprechbuch. Sie  wollte schließlich einen Arzt in der Nähe  aufsuchen.

Die erste Sprechstundenhilfe teilte ihr mit, daß ihre Praxis leider keine neuen Patienten annehmen könne. Ebenso die zweite. Und auch die dritte und die vierte. Man sei „total ausgelastet“ und habe bereits zu viele Patienten, behaupten die Angerufenen.

Endlich fand sich dennoch eine Ärztin bereit, meine Freundin zu behandeln. Beim Abschied flüsterte ihr die Sprechstundenhilfe noch zu: „Aber bitte sagen Sie niemandem, daß wir Sie so einfach aufgenommen haben, sonst können wir uns demnächst vor dem Ansturm nicht mehr retten.“

Die Freundin jedenfalls war baff: Wo gibt es denn so etwas, daß Anbieter irgendwelcher Leistungen die Nachfrage nicht mehr befriedigen können und wollen? Haben Sie schon mal erlebt, daß ein Buchhändler Sie hinauskomplimentiert mit den Worten, „heute verkaufen wir keine Bücher“?

Ärzte beklagen einhellig zuviel staatliche Regulierung, zuviel Bürokratie. Die Politiker sollten sich demnach weniger Gedanken über theoretisches Zahlenmaterial machen als über die praktischen Probleme der nieder­gelassenen Ärzte, die Patienten kaum noch              behandeln können, weil sie angeblich „total ausgelastet“ sind. Wo das endet, wenn – wie andere Unter­suchungen einhellig ergeben – die Menschen immer älter und gebrechlicher werden, möchte man sich lieber nicht ausmalen.


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