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26.01.08 / Auf das falsche Pferd gesetzt / Legale Drogen im Fokus der Drogenbekämpfung, die harte Szene macht weiter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-08 vom 26. Januar 2008

Auf das falsche Pferd gesetzt
Legale Drogen im Fokus der Drogenbekämpfung, die harte Szene macht weiter
von Mariano Albrecht

Langeweile in Deutschlands Diskotheken? Verderben Rauchverbot und verbotene Flatrate-Partys den feierfreudigen Teenagern den Spaß in den Tanztempeln des Landes? Bei weitem nicht, denn die tanzfreudige Partygemeinde kann auch anders auf Touren kommen. Das war schon vor dem umstrittenen Rauchverbot so.

Seit dem 1. Januar drohen Wirten und Veranstaltern von Partys drastische Strafen, wenn das Rauchverbot nicht eingehalten wird. Auch der Gast zahlt Strafe,  wenn er trotzdem am Glimmstengel zieht. Zirka 24 Prozent aller erwachsenen Deutschen sind Raucher, die deutsche Krebsgesellschaft schätzt den Anteil an zwölf- bis 18jährigen auf zirka 30 Prozent. Kontrolleure der Ordnungsämter sollen über die Einhaltung des Rauchverbotes, auch in Diskotheken, wachen. Wogegen sie nichts tun können, ist der in vielen Diskotheken ausufernde Konsum sogenannter Partydrogen wie Ecstasy, Kokain oder Speed. Die Party geht weiter ...

In Deutschland konsumieren zirka 330000 Menschen illegale Drogen wie Cannabis, Amphetamine (Aufputschmittel), Ecstasy, Crack oder Heroin. Anläßlich der Vorstellung der Jahresberichte zur Drogensituation in Deutschland und Europa der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) und ihrer Deutschen Referenzsstellle (DBDD) erklärte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, im vergangenen Jahr, daß Erwachsene immer weniger Drogen nehmen. Auch bei Jugendlichen soll der Drogenkonsum sinken. Am deutlichsten werde das beim Konsum von Cannabis: Nur noch 13 Prozent der 14- bis 17jährigen haben 2007 zumindest einmal Haschisch oder Marihuana probiert. 2004 waren das noch 22 Prozent in dieser Altersgruppe. Auffällig sei dagegen, daß sich die Zahl der regelmäßigen Konsumenten von Cannabis wenig verändert habe.

Ein gutes Ergebnis meint Bätzing, doch eigentlich hat sich nichts verändert. Die Dauerkonsumenten bleiben konstant, auch unter Jugendlichen.

Grund für Bund und Länder, politisch plakativ andere Prioritäten bei der Suchtbekämpfung zu setzen.

Erklärtes Ziel ist die Bekämpfung von legalen Suchtmitteln wie Alkohol und Tabak. Ausgerechnet jene Genußmittel, an denen der Staat viele Steuern verdient. Einnahmen, die unter anderem in die innere Sicherheit investiert werden sollen. Rauchen für den Heimatschutz. Auch wird der Tabakanbau in Deutschland nach wie vor subventioniert. Klare Zielsetzungen?

Zugegebenermaßen sind Schnaps und Zigaretten der Gesundheit insbesondere bei Jugendlichen nicht zuträglich. Verwunderlich ist nur, daß man etwas verstärkt bekämpft, das nicht verboten ist. Statt die Bekämpfung illegaler Drogen zu intensivieren oder Einhaltung der Altersgrenzen für den Konsum von Tabak und Alkohol schärfer zu kontrollieren, werden mündige Erwachsene pauschal mit Rauchverbot belegt. Die eigentliche Tragödie wird auf sogenannte Randgruppen projiziert.

Während Nikotin erst auf lange Sicht zu gefährlichen Krankheiten wie Krebs führen kann, ist die Auswirkung von verbotenen Drogen weitaus unmittelbarer nach dem Konsum zu spüren.

Für den 19jährige Berliner Rico G. endete eine Party auf der Intensivstation, später in der Psychiatrie. Rico G. hatte zuerst Marihuana geraucht, zur Entspannung. Später kamen ein paar Bier hinzu, als er von dem Mix müde geworden war, gaben ihm seine Kumpels „Speed“, ein Aufputschmittel. Später in der Disko schluckte er noch drei Ecstasy-Pillen, die können einen erwachsenen Mann drei Tage wachhalten, wenn er den chemischen Cocktail aus Psychopharmaka überlebt.

Rico G. ist kein Einzelfall. Bei einer Razzia in einer Hamburger Diskothek stellte die Polizei unter 500 Besuchern 383 Ecstasy-Pillen, 30 Tütchen mit Speed, zehn Joints, vier Beutel mit Marihuana, Haschisch, Kokain und 24 Beutel mit „Pep“, einer gefährlichen synthetischen Droge, ähnlich wie Speed, sicher. Nach Auskunft der Hamburger Polizei müssen für solche Razzien konkrete Verdachtsmomente vorliegen. Auch die behördlichen Ordnungsdienste, die die Einhaltung des Rauchverbotes sicherstellen sollen, reagieren erst, wenn sich ein Gast über die Nichteinhaltung des Rauchverbotes beschwert.


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