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26.01.08 / »Das Kosovo gehört uns« / Präsidentschaftswahl in Serbien überraschte vor allem Demoskopen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-08 vom 26. Januar 2008

»Das Kosovo gehört uns«
Präsidentschaftswahl in Serbien überraschte vor allem Demoskopen
von Wolf Oschlies

Soll Serbien seinen EU-Kurs weiter verfolgen, weil es nur in der EU seine legitimen nationalen Interessen verteidigen kann? So sagte es Präsident Tadic, Chef der Demokratischen Partei (DS), während sein Gegner Nikolic von der Serbischen Radikalen Partei (SRS) für das Gegenteil plädierte: „Die EU will die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen, uns also das Kosovo wegnehmen. Mit einer solchen Organisation brauchen wir keinen Vertrag.“

Um diese Positionen wurde im Wahlkampf um die Präsidentschaft in Serbien heftig, aber fair gestritten. Der stets hoch konzentrierte Tadic wechselte oft seine Rollen –  Staatsmann, Landesvater, Tribun, polyglotter Interviewpartner der internationalen Presse –, aber nie seine Argumente: Serbien brauchte den Rückhalt der EU, schon um ausländische Investitionen zu bekommen. Serbien wird nie „sein Kosovo“ aufgeben, auch wenn es dort „nicht mehr wie früher herrschen wird“, aber es akzeptiert nur ein Kosovo „unter dem gemeinsamen serbischen Dach und innerhalb der unverletzlichen Grenzen Serbiens“. Der stets etwas drög wirkende Nikolic verblüffte an der Spitze einer SRS, die von einer großserbischen Kriegspartei zur nationalen Erweckungsbewegung gewandelt erschien. Und in Interviews zeigte er sogar Witz, etwa wenn „ne rat, nego inat“ empfahl: Keinen Krieg, aber altserbischen Trotz gegen die Bevormunder aus Brüssel und Washington. Das wirkte, zumal Nikolic eine enge Kooperation mit Rußland empfahl. Dem hatte Tadic nichts entgegenzusetzen, während Nikolic aufzählte, was  jeder wußte: Rußland liefert Gas und will im UN-Sicherheitsrat die kosovarische Unabhängigkeit per Veto abblocken.

Nikolic hatte im Wahlkampf getönt, er werde so überzeugend siegen, daß „ein zweiter Wahlgang sinnlos wird“. Diese kühne Prognose hat der Wahlabend nie bestätigt: Gegen 22 Uhr führte Nikolic zwar mit 38,3 Prozent, aber Tadic war ihm mit 35,2 Prozent unerwartet dicht auf den Fersen. In der Wahlnacht gab ein frustrierter Nikolic zu verstehen, daß er kaum auf Stimmenzuwachs im zweiten Wahlgang rechnen kann. Umgekehrt fließen Tadic neue Stimmen zu, vor allem die über acht Prozent des drittplatzierten Ilic, wozu diesen die Solidarität als Regierungsmitglied zwingen sollte.

Serbien hat sich in den letzten sieben Jahren prächtig entwickelt, wie Tadic betonte: Wirtschaftswachstum sechs bis acht Prozent im Jahr, Arbeitslose auf 830000 zurückgegangen, Löhne und Kaufkraft stark gestiegen, Inflation bei nur noch zehn Prozent mit fallender Tendenz, „Reformland Nummer eins in der Welt“. Dieses Serbien wollte Nikolic im Wahlkampf unbedingt schlechtreden, überzeugte aber nicht einmal die 123000 Serben im Kosovo, deren Wahlbeteiligung bei 55 Prozent lag.

Diese Menschen wissen, wie recht ihr Präsident hat, wenn er die Zustände im Kosovo anprangert: Polit-kriminelle Machtstrukturen, Arbeitslosigkeit über 70 Prozent, Terror gegen nicht-albanische Minderheiten, vor allem die serbische, ständig Attentate, das  letzte in der Wahlnacht. „Wir verteidigen das Völkerrecht und die Sicherheit Südosteuropas“, sagte Tadic, „wenn wir die Unabhängigkeit dieses Kosovos strikt ablehnen. Ich werde nie verstehen, warum gewisse westlichere Staaten einen solchen Staat mit zwei Millionen Einwohnern zum Schaden von zehn Millionen Serben fördern.“


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