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02.02.08 / Das Mekka der Manager / Weltwirtschaftsforum in Davos: Gigantischer Debattendschungel mit zu vielen Gutmenschen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-08 vom 02. Februar 2008

Das Mekka der Manager
Weltwirtschaftsforum in Davos: Gigantischer Debattendschungel mit zu vielen Gutmenschen
von Ansgar Lange

Was den Moslems Mekka und den Katholiken Rom, das ist den Managern Davos. Dort trifft sich eine Elite aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft einmal im Jahr zum sogenannten World Economic Forum (WEF). Das Weltwirtschaftsforum ist eine private Stiftung mit Sitz im schweizerischen Genf. Als „Gründungsvater“ dieser Veranstaltung gilt der deutsche Wirtschaftsprofessor Klaus Schwab, der im Jahr 1971 die European Management Conference initiierte, die dann 1987 in World Economic Forum umbenannt wurde. Doch ist diese Massenveranstaltung ihr Budget von geschätzten 60 Millionen US-Dollar wert? Zum 38. Treffen vom 23. bis 27. Januar wurden jedenfalls rund 2500 Teilnehmer erwartet.

Doch Masse ist nicht gleich Klasse. Es ist doch vor allem eine gigantische Show, wenn sich die Manager dort selbst und die Segnungen des Kapitalismus feiern. Und das finanziell gut gepolsterte Gutmenschentum zum Beispiel des früheren Finanzspekulanten George Soros, heute so eine Art Mutter Teresa von Davos, verstört doch ein wenig. Die Illusion, man könne in einem verträumten Alpenstädtchen für ein paar Tage eine kollektive Weltgemeinschaft zusammenzimmern, ist im besten Fall naiv zu nennen. Angesichts der drohenden Wirtschaftsrezession in den USA und der sich von dort wellenartig ausbrechenden Finanzkrise waren die Gemeinsamkeiten in diesem Jahr schnell aufgebraucht.

Das Selbstbewußtsein der in den letzten Jahren oft überheblich auftretenden Amerikaner ist mittlerweile sichtbar angeschlagen. Die Immobilienkrise steckt den Finanzexperten noch in den Knochen. Keiner weiß, welche faulen Kredite noch in nächster Zeit ans Tageslicht gezerrt werden. Die Europäer hingegen sind wieder selbstbewußter, da sich ihre Abhängigkeit von der US-Konjunktur in den vergangenen Jahren eher vermindert hat. Besonders stark aber fühlen sich die Asiaten und die Vertreter der Golfstaaten, die sich vielleicht schon als die Herren einer neuen Zeit sehen.

Das Programm zur Rettung der Welt war ambitioniert wie immer. Unter dem übergreifenden Thema „Innovationskraft durch Zusammenarbeit“ – nichtssagender, beliebiger und politisch korrekter geht es wohl kaum – debattierten die „happy few“ über die Entwick-lung der Weltwirtschaft in den nächsten zwölf bis 18 Monaten, über die neue Macht der Staatsfonds, die zunehmende Macht kleiner Aktionärsgruppen, die Effizienz des Handels mit Emissionszertifikaten, Neues aus der Informationstechnologie wie das Web 2.0 oder darüber, warum es immer noch so lange dauert, bis ein neues Medikament zur Marktreife gelangt.

Neben altbekannten Gesichtern wie Britanniens Ex-Premier Tony Blair waren natürlich auch eine Menge Chinesen und Inder mit an Bord, deren Namen sich trotzdem niemand bei uns merken kann. Noch stehen die alten Wirtschaftsmächte der G 7 für die Hälfte der Wirtschaftskraft der Welt. Doch China und Indien holen auf. Bei den Olympischen Spielen 2008 wird sich die westliche Welt von dem neuen Selbstbewußtsein der Chinesen wahrscheinlich ein besseres Bild machen können als bei einem Treffen in einen kleinen Ort in der Schweiz. Und Japan ist der Gastgeber des nächsten G-8-Gipfeltreffens.

Globalisierungsgegner machen bereits seit Jahren gegen Davos mit Gegenveranstaltungen mobil, weil Gruppierungen wie Attac das Managertreffen als eine Versammlung eiskalter neoliberaler Kapitalisten betrachten. Andere sehen darin eine Art moralisches Feigenblatt, weil es heute ganz einfach zur „Philosophie“ und „Markenbildung“ eines jeden größeren Unternehmens gehört, sich auch zu Menschenrechten, der gerechten Verteilung der Güter auf dieser Welt und dem Kampf gegen den Klimawandel zu äußern.

Den Einfluß einer solchen Mega-Veranstaltung kann man sowieso schwer messen. Er könnte ja zum Beispiel darin bestehen, die Moral der Manager zu stärken und das Vertrauen der Menschen überall auf der Welt in die Kräfte des Marktes und der Marktwirtschaft zu stärken. Doch was helfen die schönsten Sprüche, wenn gleichzeitig herauskommt, daß ein einziger, bis dato unbekannter Zocker der französischen Bank Société Générale Milliardensummen verspielt hat? Seit dem Sommer tobt die Finanzkrise. Mittlerweile ist das Vertrauen in die Bankenwelt so erschüttert, daß auch deutsche Boulevardblätter fast täglich auf Seite eins darüber spekulieren, wie sicher das eigene Ersparte noch ist. Vielleicht wäre es besser gewesen, dieses Thema ausführlich und mit einem feststellbaren Ergebnis zu debattieren. Denn so schaut keiner mehr durch in dem Debattendschungel von Davos. Weniger ist manchmal mehr.

Foto: Plattform erhalten: Armutsbekämpfer Bono (l.) und Klimaschützer Al Gore


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