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02.02.08 / Stilles Glück im Winkel / Vor 200 Jahren wurde der Maler Carl Spitzweg in München geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-08 vom 02. Februar 2008

Stilles Glück im Winkel
Vor 200 Jahren wurde der Maler Carl Spitzweg in München geboren
von Silke Osman

Spitzweg kennt jeder. Spitzweg lieben alle. Spitzweg ist heiter. Spitzweg ist unverfänglich. „Der Bücherwurm“, „Der arme Poet“ – natürlich von Spitzweg und noch heute so bekannt wie vor 150 Jahren. Und so ist es nicht verwunderlich, daß das Bundesministerium der Finanzen sich für den „armen Poeten“ entschieden hat, der auf einer 55-Cent-Briefmarke an den 200. Geburtstag des Malers Carl Spitzweg erinnern soll.

Poet und Bücherwurm sind jedoch nicht alles, was Spitzweg auf die Leinwand oder auch auf das Holz von Zigarrenkisten bannte. Pastoren, Amtspersonen, Literaten, Gelehrte und Einsiedler stellte er so dar, daß der Betrachter des Bildes durchaus schmunzeln mußte. Doch ist sein Witz, seine Ironie selten wirklich aggressiv. Seine Bildsprache ist jedem verständlich. Kein Wunder also, wenn er anhaltend populär geblieben ist.

Carl Spitzweg war der Maler der kleinen Leute. In einer Epoche, in der die offizielle Malerei Helden sehen wollte, hebt sich seine Schilderung des Lebens deutlich hervor. Rückzug in eine Nische war das Rezept seines Lebens, und damit entsprach er den unpolitischen Neigungen seines Publikums. Spitzweg ist zum Inbegriff des biedermeierlichen „stillen Glücks im Winkel“ geworden.

Das Licht der Welt erblickte Carl Spitzweg am 5. Februar 1808 in München als zweiter Sohn des Tuchhändlers Simon Spitzweg und dessen Frau Franziska, Tochter eines reichen Früchtegroßhändlers. Die Familie konnte es sich leisten, dem Sohn eine gute Schulbildung angedeihen zu lassen.

Carl ließ sich schließlich auf Wunsch des Vaters zum Apotheker ausbilden, studierte Pharmazie und war anschließend Provisor an der Löwenapotheke in Straubing. Nebenher beschäftigte er sich in Straubing aber auch mit dem „Liebhabertheater“, in dem er kleinere Rollen übernahm und Regie führte.

Eine Italienreise 1832 kündigte die Veränderungen in seinem Leben an. Carl war begeistert vom Theater, den Singspielen und den Opern, die er dort besuchte. Ein Kuraufenthalt in Bad Sulz war es schließlich, der seinen Entschluß, Maler zu werden, hervorrief. Der kunstbegeisterte Besitzer des Sanatoriums hatte die eigentümliche Idee, daß jeder Gast sich sein Abendessen durch eine Zeichnung „nach der Natur“ verdienen sollte. Als Carl, damals 25 Jahre alt, seine Zeichnung eines Ofens präsentierte, war die Zustimmung groß. Ein Jahr später schrieb er an seinen Bruder Eduard: „Sey versichert, seit dem ich Maler bin – bin ich ganz ein anderer Mensch – ich kann nicht mehr Rechtschreiben, und will nimmer recht schreiben  – und Gott sey es gedankt, wenn Du nach München kommst, und unsere Sachen ein wenig ordnest, so will ich mich der Malerei nun ganz verschreiben.“

Spitzweg ist Autodidakt und auch ganz Kaufmann. Er wirbt Vertreter für seine künstlerische Produktion an, die seine Bilder Kunstvereinen im ganzen Land anbieten. Von Augsburg über Breslau und Königsberg bis nach Zürich sind seine Kunden zu finden. Selbst Kunsthändler in New York sind an seinen Arbeiten interessiert. Spitzweg macht Karriere – er wird Mitglied des Münchner Kunstvereins, erhält den bayerischen Michaelsorden, ist auf der Weltausstellung 1867 mit vier Bildern vertreten, wird Ehrenmitglied der Akademie der Künste in München und ständiges Mitglied der Central-Gemälde-Kommission München. Seine eigentliche Leidenschaft aber gilt dem Reisen. Er reist gern und viel, manchmal auf der Flucht vor der Cholera in München, meistens aber aus Lust. Dalmatien, Venedig, Verona, Holland, Prag, Paris sind seine Ziele. Von dort bringt er die Elemente mit, die er in seinem Atelier zu seiner eigenen Welt zusammenfügt: Licht, Architekturfragmente, Stimmungen.

Als Carl Spitzweg am 23. September 1885 in München starb, hinterließ er etwa 1500 Gemälde und Ölstudien. Leider ist zu seinem 200. Geburtstag keine große Ausstellung in Sicht. Und so muß der Spitzwegfreund bis zum 29. Juni warten, wenn das Schweinfurter Museum Georg Schäfer die beiden  Jubilare dieses Jahres, Carl Spitzweg und Wilhelm Busch, mit einer Ausstellung ehrt. Spitzweg-Motive als Reproduktionen jeglicher Art (von Gobelins bis zur Briefmarke) hingegen sind noch bis zum 16. Februar im Haus zur Münze in Worms zu sehen.

Foto: Im Museum: Der Meister des Biedermeier, Carl Spitzweg, wird noch heute verehrt.


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