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02.02.08 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-08 vom 02. Februar 2008

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

kennt Ihr das auch: Da ruft eine unbekannte Stimme an und überfällt einen mit einem Wortschwall – ich meine nicht die vom Band, die mir stereotyp verkündigt, daß ich zu meinem großen Glück auf die Warteschleife für kostenloses Tanken geraten sei und der ich schadenfroh verkünden möchte: Ich habe gar kein Auto – nein, es handelt sich tatsächlich um eine lebende Person am anderen Ende der Leitung, die anscheinend glaubt, wir beide führten ständig Telefongespräche. Wenn endlich eine Atempause eintritt und man behutsam fragt, wer denn da spräche, wird entweder a) ein bekannter b) ein gänzlich fremder Name oder c) gar kein Name genannt, da bereits aufgelegt. Mit a und c könnte man keine oder kaum Schwierigkeiten haben, bei b sind die vorprogrammiert, da erneut nachgefragt werden muß. Und wenn dann ein Name genannt wird, der zu den gebräuchlichsten im deutschen Sprachraum gehört und im Telefonbuch ganze Seiten füllt, wird es ungemütlich – jedenfalls beim unbekannten Gesprächspartner. Wie kann man nur vergessen haben, daß man vor – wieviel? – Jahren einmal korrespondiert hat, und den Namen nicht mehr parat haben, wo doch dat Koppchen durchaus nich wie e Siebche ist!

Nun gut, das mag bei den meisten von unseren Leserinnen und Lesern kaum vorkommen, bei mir leider gar nicht so selten. Deshalb bin ich immer froh, wenn mir diejenigen, die auf einen lang zurück­liegenden Fall eingehen, sich für den Anruf vorbereiten und wenigstens die notwendigsten Angaben mitteilen wie genaue Namensangabe, Thema, Zeitpunkt der Korrespondenz, Veröffentlichung, Reaktionen. Noch besser: Sie fragen schriftlich nach, so daß ich in Ruhe nachfassen kann, wenn dies möglich ist. Daß es da auch Überraschungen gibt, wenn sich nach Jahr und Tag jemand meldet, habe ich gerade zu Beginn dieses Jahres erlebt. Ein Brief hat mich besonders berührt. Am liebsten würde ich ihn in voller Länge bringen, das geht leider nicht, er würde fast diese Seite füllen. So will ich auf das Wesentliche eingehen, und das wird schon Beeindruckendes vermitteln. Geschrieben hat ihn Frau Gertrud Janko-Stromberg aus Neuenrade, keine Ostpreußin, aber sie hatte als Krankenschwester in den letzten Kriegsmonaten in einem mecklenburgischen Lazarett Verwundete gepflegt, darunter auch junge Soldaten aus unserer Heimat. Sie bat, nach diesen zu suchen, und tatsächlich hatten wir Erfolg. Und damit beginnt auch ihr Brief, den sie während der Weihnachtstage schrieb:

„Vorige Tage war ich bei meinem jungen Pastorenfreund, da sah ich auf dem Tisch das Ostpreußenblatt liegen und schaute hinein und jubelte gleich, das ist doch die Frau Geede, die kenne ich, die hat schon einmal bei mir Schicksal gespielt. Durch sie habe ich vor Jahren Gert Hein wiedergefunden, und nach der Begegnung habe ich ihr geschrieben, und dieser Brief kam damals als schönster Brief des Jahres in die Weih­nachtsausgabe. Ich sagte zu dem Pastor, daß ich unbedingt Frau Geede schreiben müßte, weil sich in meinem Leben wieder einmal ein Kreis geschlossen hat.“

Und von diesem Kreis im Leben der nun 88jährigen erzählt Frau Janko-Stromberg. Zuerst, daß sie durch Vermittlung des jungen Pastors, der sie nach einem Beinbruch im Krankenhaus seelsorgerisch betreute, die Gelegenheit erhielt, das Grab ihres im Oktober 1944 in Frankreich gefallenen Verlobten in Lommel aufzusuchen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Frau Janko-Stromberg und dem jungen Theologen wurde immer enger, so daß sie, als er eine Urlaubsvertretung in Bayern übernehmen wollte, ihn dazu überredete, doch einmal in den ihm unbekannten Norden zu fahren. Sie schlug ihre Heimat Mecklenburg vor, und der junge Pastor folgte ihrem Rat, aber nicht allein: Frau Janko-Stromberg wurde seine Begleiterin und Reiseführerin, denn sie konnte nun in ihrem hohen Alter den Spuren ihrer Jugendzeit nachgehen, die noch nicht verwischt waren. Sie schildert dieses Auffinden sehr eindringlich und man spürt, wie sie berührt war von der wunderschönen Landschaft, der geliebten See, den Kulturstätten, der Pastor übrigens nicht minder. Und so stand auch Güstrow auf dem Reiseprogramm, und damit schloß sich unvermutet der Kreis in ihrem Leben, der auch unsere Ostpreußische Familie berührt hat: Sie mußten eine Umleitung fahren und – standen plötzlich vor jenem Lazarett im Inselsee, in dem die junge Schwester damals die Verwundeten gepflegt hatte.

„Mich haben die Erinnerungen überwältigt, und mir liefen die Tränen über die Wangen. Der Pastor legte seinen Arm um mich und sagte: Es ist alles Fügung, wie gut, daß Sie noch einmal hier sein durften, es sollte alles so sein! Liebe Frau Geede, warum ich dies alles geschrieben habe? Ich sah, daß in Ihrer Ostpreußischen Familie noch immer Menschen nach Menschen suchen, und da erinnerte ich mich, daß Sie zweimal für mich Erfolg hatten. Mit dem Maler Gert Hein bin ich noch immer in Verbindung, inzwischen ist er wohl völlig erblindet. Anläßlich seines 85. Geburtstages rief ich ihn an, seine Kriegsverletzung macht sich noch immer bemerkbar.“

Seht, liebe Leserinnen und Leser, das ist ein Brief, der nach Jahr und Tag noch voller Dankbarkeit ist und auch Mut macht, den Spuren der Vergangenheit nachzugehen.

Noch weiter in unsere Familiengeschichte zurück führt ein Fall, der nichts, aber auch gar nichts mit Ostpreußen zu tun hat bis auf die Tatsache, daß die Finderin eines aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammenden „katholischen Unterrichts- und Erbauungsbuches“ aus Ostpreußen stammt. Frau Friede Lukner entdeckte diese bibliophile Kostbarkeit 1999 in Florida und sandte sie uns zu, damit die in dem Buch genannten ursprünglichen Besitzer, vielmehr ihre Nachkommen, gesucht wurden. Das schien schwierig, da diese Familien aus dem Raum Konstanz stammten. Trotzdem wurden sie gefunden, das Buch kam in die richtigen Hände, unser Ostpreußenblatt hatte auch hier helfen können. Vergangen, vergessen? Mitnichten: Nun, neun Jahre später meldet sich per E-Mail ein Interessent, der für die Familie Handloser Ahnenforschung betreibt. Dieser Name ist handschriftlich in dem Buch eingetragen. Ich werde nun versuchen, zwischen dem Schreiber und den heutigen Besitzern des Buches Verbindung herzustellen.

Und lang, sehr lang ist es her, daß ich unserer treuen Leserin Rosemarie Pakleppa das Rezept der „Herrentorte“ zusenden konnte. Die wird noch heute im fernen Südafrika gebacken, aber nicht deshalb schrieb sie jetzt an mich. Sie wollte mir nur mitteilen, wie sehr sie sich über meinen Artikel über Otto Boris gefreut hat und daß er für sie wie ein Weihnachtsgeschenk war. Sie schreibt: „Meine Ostpreußenzeitung – ich nenne sie auch stets so – geht oft seltsame Wege, das bin ich seit 50 Jahren so gewohnt. Die Ausgaben 40 bis 47 waren schon gelesen und an meine Nichtostpreußen weitergereicht, da trudelte ausgerechnet zum Fest die fehlende Nummer 42 ein. Alles, was ich gelesen habe, war ,praha‘, die Freude groß. Und dann eben Otto Boris! Ich erhielt als Kind den ,Worpel‘, den ,Uhu Gunkel‘ und die Geschichte des Katers Murrner. Weitere Titel habe ich vergessen. Wie habe ich diese Bücher geliebt und war so stolz, sie zu besitzen. Alle blieben in Schirwindt zurück. Wie gerne würde ich sie meinen Enkelkindern in die Hand gedrückt haben!“ Dazu will ihr ein junger Südafrikaner verhelfen, der im Augenblick in Deutschland lebt und für sie im Internet nach Boris-Büchern sucht. Aber ein klein bißchen setze ich nun auf unsere Ostpreußische Familie: Mein Vorschlag: Falls noch jemand ein Buch von Otto Boris besitzt und es weitergeben möchte, würde er unserer Ostpreußin in Südafrika sicher eine große Freude bereiten. Es wird dort in sehr guten Händen sein. (Rosemarie Pakleppa, 27 Flambeau-Str. – South Contrai, 7646 Snider-Paarl, R. of. South Africa.)

Das Echo auf den Bericht über das Leben und Wirken des fast vergessenen ostpreußischen Schriftstellers ist noch immer spürbar. So schreibt Herr Arnold Krause aus Krefeld: „Alle Otto Boris-Freunde im In- und Ausland danken Ihnen ganz herzlich für Ihren ganzseitigen Bericht in der PAZ!“ Unser Landsmann aus dem masurischen Mykossen ist nicht nur ein Verehrer von Otto Boris, sondern auch von unsern großen ostpreußischen Literaten Otto Holz, Ernst Wiechert und Hermann Sudermann. Gerade für diesen Dramatiker und Epiker hat sich Herr Krause eminent eingesetzt, leider blieben seine Bemühungen um eine Sudermann-Gedenkmarke der Deutschen Post unerfüllt. Nun steht er mit dem russischen Schriftsteller und Übersetzer Sem Simkin aus Königsberg in Verbindung, der sich an den Sudermann-Verehrer gewandt hat, um seinen Wunsch realisieren zu können: Der mit dem Ostpreußischen Kulturpreis für Literatur ausgezeichnete, leidenschaftliche Verehrer der ostpreußischen Literatur möchte Sudermanns Roman „Frau Sorge“ in das Russische übersetzen. „Ich habe schon die neunteilige Serie Ostpreußische Literatur übersetzt und herausgegeben. Es ist Zeit für Sudermann!“ schreibt Simkin. Von Sudermanns „Litauischen Geschichten“, einigen Gedichten und Anekdoten liegt bereits eine Übersetzung vor, der litauische Konsul wollte die Auflage finanzieren, leider schien es bisher an den nötigen Mitteln zu fehlen. Und das gilt erst recht für „Frau Sorge“. Sem Simkin verlangt zwar kein Honorar für die Übersetzung, aber es ist nicht einmal ein Grundstock für die Herausgabe der geplanten 500 Exemplare vorhanden, deren Realisierung mit zirka 2500 Euro veranschlagt wird. Arnold Krause kann natürlich diese Summe nicht aufbringen und bittet deshalb im Namen von Sem Simkim, ihm zu helfen. Ich möchte diese Bitte nun weitergeben, denn ich kann in meiner Kolumne leider nicht auf die Fazilitäten eingehen. Wer sich mit Herrn Krause in Verbindung setzen will, hier seine Adresse: Arnold Krause, Thywissenstraße 70 in 47805 Krefeld, Telefon (0 21 51) 39 44 57. Sem Simkim, der ein Konto bei einer deutschen Bank eingerichtet hat, ist unter der Anschrift Batalnaja-Str. 35 – 14, in 236011 Kaliningrad und der Faxnummer 0 07 / 40 12 / 27 25 83 zu erreichen.

Eure Ruth Geede


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