28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
09.02.08 / Thierse ist nicht Möllemann

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 09. Februar 2008

Thierse ist nicht Möllemann
von Harald Fourier

Bei der RTL-Sendung „Deutschland sucht den Superstar“ war neulich ein Kandidat, der so schief sang, daß er gleich rausflog. Nach der Vorstellung bat er nur noch darum, ein Bild mit Dieter Bohlen machen zu können. Es gibt Menschen, die tun alles, nur um davon berichten zu können, daß sie irgendwelche Prominenten gesehen oder gesprochen haben. Am liebsten ist ihnen ein gemeinsames Foto.

Wenn ich also jetzt verrate, daß ich beim Einkaufen manchmal Wolfgang Thierse treffe, wissen Sie, warum ich das hier einstreue. Aber Prominente entpuppen sich bei näherem Hinsehen oft als Enttäuschung.

Vor drei Wochen stand Thierse auf dem Wochenmarkt am Kollwitzplatz hinter mir. Er kaufte drei Paprikaschoten. Leute, die wie ich im Prenzlauer Berg wohnen, sehen ihn da  öfter. Vor allem am Sonnabend, dem Markttag. Der Markt findet nämlich genau vor seiner Haustür in der Knaackstraße statt. Aber genau das gefällt dem ehemaligen Bundestagspräsidenten ganz und gar nicht.

„Seit über 20 Jahren wohne ich am Kollwitzplatz in direkter Nähe zum Wasserturm, dem Wahrzeichen von Prenzlauer Berg“, verkündet Thierse auf seiner Internetseite – soll sagen: mitten im Getriebe der Hauptstadt, hautnah unter den Menschen, wie es sich für einen bürgernahen Politiker gehört. Aber mit den Menschen und ihrem Trubel hat es der Bundestagsvizepräsident in Wahrheit gar nicht so, wie er plötzlich gestand. Jedenfalls hat er jetzt einen Brief an das Bezirksamt geschickt, in dem er eine  Verlagerung des Marktes fordert.

Der Markt solle dahin zurück, wo er bisher gewesen sei: an die Nordseite des Kollwitzplatzes. Doch dort wird seit dem Herbst gebaut. Also wurden die Straßenstände in die Knaackstraße verlegt. Erst als Provisorium. Nun aber als Dauereinrichtung, wenn es nach dem zuständigen Bezirksstadtrat geht.

Gegen den kleinen Kommunalpolitiker hat Thierse sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale geworfen: Er schrieb den Brief auf dem offiziellen Briefpapier des Bundestagsvizepräsidenten. Was das private Ruhebedürfnis des Bürgers Thierse mit den Obliegenheiten des Nationalparlaments zu tun hat, bleibt indes sein Geheimnis. Da sind ja schon andere drüber gestolpert, daß sie  offizielles Briefpapier für private Zwecke genutzt haben. Wie Jürgen W. Möllemann, der unter dem Minister-Briefkopf die Einkaufswagenchips seines Schwagers anpries.

Aber Thierse ist nicht Möllemann. Nicht mal die schäbigen Äußerungen über Helmut Kohl und seine tote Frau haben 2007 für den Sozialdemokraten Konsequenzen nach sich gezogen. Warum sollte sich die selbstherrliche Haltung Thierses jetzt rächen? Auch diesmal wird der Sozialdemokrat wohl unbeschadet davonkommen.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren