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09.02.08 / Behördenposse um Umweltplakette / Berlins Polizei und Ordnungsämter im Streit: Wer darf die Bußgelder kassieren? Außerdem: Verordnung schreckt Besucher

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 09. Februar 2008

Behördenposse um Umweltplakette
Berlins Polizei und Ordnungsämter im Streit: Wer darf die Bußgelder kassieren? Außerdem: Verordnung schreckt Besucher
von Markus Schleusener

Am letzten Januartag wurde es noch mal hektisch. Da am 1. Februar die Schonfrist für die Anbringung von „Umweltplaketten“ an Autos endete, beantragten in letzter Minute noch einmal viele Berliner den kleinen Aufkleber, ohne den die Fahrt in die Innenstadt demnächst teuer werden soll (40 Euro Bußgeld). Damit wollen die Berliner Stadtregenten ältere, abgasstarke Wagen aus dem Innern der Metropole fernhalten. Auf den Ämtern und in Werkstätten herrschte großer Ansturm, und bei Rundfunksendern wie „Rock Radio“, die solche Aufkleber an ihre Hörer verschenkten („Bei uns kriegen Sie eine geklebt“), stand das Telefon nicht still.

Genauso hektisch, wie sich manch ein Autofahrer wegen der Umweltzone verhielt, scheint auch der Senat das Gesetz über die Umweltzone zusammengezimmert zu haben. Wie schon bei den Arbeitsmarktreformen (Hartz IV) oder dem unvergessenen De­saster um die Autobahnmaut („Toll Collect“) zeigt sich, was alles schiefgehen kann, wenn Politiker mit heißer Nadel stricken.

Es geht – wie so oft – um Kompetenzgerangel, das mit dem wirklichen Leben wenig zu tun hat. Laut Gesetz ist vorgesehen, daß die Ordnungsämter die Kontrolle übernehmen. Mit anderen Worten: Die Politessen, die für die Ordnungsämter arbeiten, sollen Verstöße notieren. Aus naheliegenden Gründen, während sie Falschparker aufschreiben.

Nun gibt es aber auch Park­raum-freie Zonen in der Innenstadt, in der die neue Umweltzone eingerichtet worden ist. Wer soll dort kontrollieren?

Auf jeden Fall soll neues Personal her, um die Aufgaben bewältigen zu können. 88 neue Ordnungsamtsmitarbeiter will Berlins Senat auf die Bezirke verteilen, von denen einige für die Überwachung der Umweltzone vorgesehen sind. Recht wenig in einer Stadt mit dreieinhalb Millionen Einwohnern.

Der Pankower Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner verriet der „Berliner Morgenpost“, wie die Aktion bei ihm ankam: „Zehn neue Kollegen wurden uns angekündigt, fünf haben sich vorgestellt, einer macht nun eine Ausbildung.“

Wenn es indes nach der Gewerkschaft der Polizei (GdP) geht, können Kirchner und seine Kollegen die neuen Mitarbeiter gleich wieder nach Hause schicken: Die Bezirksämter seien, so die GdP, überhaupt nicht berechtigt, Verstöße gegen die Plakettenverordnung zu erfassen. Es handele sich nämlich um schwerwiegende Ordnungswidrigkeiten und nicht etwa um geringfügige. Immerhin gebe es neben der Geldbuße ja auch einen Punkt in Flensburg. Auf die Flensburger Kartei hätten aber nur Bußgeldbehörden und Gerichte Zugriff. Die Ordnungsämter seien kommunale Behörden und gehörten nicht zu diesem Kreis.

Eine Sprecherin der Umweltsenatorin hält dagegen: „Die Ordnungsämter werden Verstöße gegen die Plakettenpflicht an die Bußgeldstelle melden.“ Als wenn das so einfach wäre: Laut Gesetz dürften die Ordnungsämter solche Informationen gar nicht weitermelden, meint die  Polizeigewerkschaft und sieht eine Klageflut auf das Land zukommen.

Nicht nur die Behörden haben es schwer mit der neuen Regelung. Ausländische Autofahrer, die jedes Jahr zahlreicher an die Spree kommen, könnten in Schwierigkeiten geraten. Der eine oder andere Berlin-Tourist dürfte verärgert wieder abreisen, wenn er zum ersten Mal unwissentlich gegen die Vorgabe verstößt und ein Bußgeld aufgebrummt bekommt. Das befürchtet zum Beispiel die Opposition im Abgeordnetenhaus. Ein CDU-Sprecher verlangte deswegen eine Ausnahmeregelung für ausländische Fahrzeuge.

Die Berliner Wirtschaft ist besorgt. Die „Berliner Zeitung“ zitiert einen Mitarbeiter der Berliner Firma Harureisen: „Für Ausländer sind die Regeln kaum nachvollziehbar.“ Und ein Vertreter der Deutsch-Niederländischen Handelskammer klagt: „In den Niederlanden herrscht große Verwirrung, wer mit seinem Auto überhaupt noch in eine deutsche Innenstadt darf. Wir fürchten, daß dies niederländische Touristen abschrecken wird – auch in Berlin.“ Die landeseigene Firma Berlin Tourismus Marketing hat nach eigenen Angaben „alles Menschenmögliche“ getan, um Berlininteressierte im Vorfeld zu informieren.

Es gibt aber offenbar nur sehr wenige, die sich über die Plakette  freuen. Einer ist Georg Penners. Er verdient Geld mit der Umweltplakette. Seine Firma mit dem umweltpolitisch korrekten Namen „The Climate Company“ (Die Klimagesellschaft) besorgt gegen Zuzahlung ihren überwiegend ausländischen Kunden die Plakette.

Zu seinen potentiellen Kunden zählt auch eine bulgarischen TV-Journalistin, die in Berlin lebt: Bei der Behörde konnte man nichts mit ihren bulgarischen Fahrzeugpapieren anfangen. Penners: „Statt dessen empfahl man ihr, das Auto doch in Deutschland anzumelden, dann wäre es für sie einfacher.“ Als sie eine Berliner Politikerin dazu befragte, riet die ihr als Antwort, einfach ohne Schadstoffplakette zu fahren.


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