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09.02.08 / Alles nur Meinungsmache? / Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung relativiert steigende Auswanderung Deutscher

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 09. Februar 2008

Alles nur Meinungsmache?
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung relativiert steigende Auswanderung Deutscher
von Rebecca Bellano

Ist alles nur Meinungsmache und Manipulation von Interessenverbänden? Zu diesem Schluß könnte man kommen, wenn man die Ende Januar veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin zum Thema Auswanderung aus Deutschland liest. Zwar bestätigt das Institut, daß die Zahl jener Deutschen, die 2006 unser Land verließen, auf einem Rekordniveau liegt – seit Beginn der Aufzeichnungen 1954 zog es erstmals 155000 Deutsche innerhalb eines Jahres ins Ausland –, allerdings kamen auch 103000 Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit wieder zurück, so daß die Differenz bei nur noch 52000 Personen lag. Doch auch diese dürften nicht dauerhaft als verloren gelten, so das Institut. „Nicht das Auswandern für immer“, sondern das „Hin- und Herwandern“ sei Trend. „Wir rechnen mit einer verstärkten Wanderungsbereitschaft, aber auch mit einem wachsenden Rückstrom“, erklärt der Autor der Studie, Jürgen Schupp, die aktuelle Entwicklung. Während noch im 19. und 20. Jahrhundert Auswanderung eine endgültige Sache war, da die Heimat Deutschland den Betroffenen keine Lebensgrundlage bieten konnte beziehungsweise die Möglichkeiten zu Wohlstand zu kommen in anderen Ländern – vor allem dem klassischen Auswandererland USA – rosiger aussahen, sind die Gründe für einen Fortgang aus Deutschland heute keineswegs mehr derart existentiell. Die Motive für eine Auswanderung haben sich in Zeiten der Globalisierung geändert. Viele Deutsche werden auch von ihrem global agierenden deutschen Arbeitgeber ins Ausland versetzt, um mit ihrem Fachwissen in anderen Ländern den Ertrag ihres Unternehmens zu erhöhen. Allein Siemens schickt jedes Jahr gut 2000 Mitarbeiter ins Ausland. Und so ziehen die betroffenen Angestellten mit ihren Familien fort, doch viele von ihnen brechen die Brücken keineswegs dauerhaft ab. Im Falle eines Eigenheimes wird dieses oft nur vermietet und nicht verkauft, da das Engagement fern der Landesgrenzen des Export-Weltmeisters Deutschland zeitlich begrenzt und manchmal nur eine Zwischenstufe auf der Karriereleiter ist. Überhaupt helfen Auslandserfahrungen bei der Karriere, da Unternehmen in der Hoffnung auf bessere Geschäfte gezielt Mitarbeiter suchen, die in einem anderen Land vernetzt sind und außer der Sprache auch die Mentalität verstehen. Und so zieht es mehr Studenten und junge Uni-Absolventen dorthin, wo sie neben ihren Fremdsprachenkenntnissen auch ihre interkulturellen Erfahrungen erweitern können.

Während früher Hunger, Not und Unterdrückung politischer oder religiöser Art die Menschen aus Deutschland forttrieben, sind es heute die Karriereaussichten, Abenteuerlust und das Klima. Vor allem die Zahl der Rentner, die ihren Hauptwohnsitz in sonnigere Gefilde verlagern, ist beachtlich. Auf den Kanarischen Inseln, Mallorca und in Andalusien gibt es ganze Straßenzüge mit deutschen Senioren. Von einem „brain drain“, einem Abzug der intelligenten Köpfe Deutschlands, wie es in den Medien verbreitet wird, könne man nicht sprechen, so das DIW.

Das „Deutschlandradio“ fühlte sich von der Studie in seiner Vermutung bestätigt, daß Interessenverbände hinter der „brain drain“-Debatte stünden, da sie hofften, daß die Politik die Bedingungen ihrer Klientel verbessern würde, wenn sie die Sorge haben müßte, daß Deutschlands Ingenieure, Forscher, Ärzte und Computer-Fachleute ihr Heil jenseits der deutschen Grenzen suchten.

Außerdem zieht es laut der aktuellen Studie die meisten Auswanderer nicht in ferne, exotische Länder wie es die derzeit im Fernsehen inflationär gesendeten Auswanderer-Dokumentationen à la „Goodbye Deutschland“ zu vermitteln suchen. In der Realität liegen die deutschsprachigen Nachbarländer wie die Schweiz und Österreich auf Platz 1 und Platz 3. Vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe bieten sich hier Möglichkeiten, für einige Jahre sein Geld zu verdienen. Die USA stellen zwar auf der Beliebtheitsskala der Deutschen Platz 2, doch auch das ist logisch. Der amerikanische way of life ist hierzulande durchaus vertraut und Englisch lernt an der Schule heute jeder. Die wichtigste Zielregion sei aber mit großem Abstand Europa. „Und von klassischer Auswanderung kann man bei einem Europa ohne Grenzen ja eigentlich ohnehin nicht mehr sprechen“, so Jürgen Schupp.


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