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09.02.08 / Diese Bank gehört den Franzosen / Nicolas Sarkozy will die angeschlagene Société Générale vor der Zerschlagung retten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 09. Februar 2008

Diese Bank gehört den Franzosen
Nicolas Sarkozy will die angeschlagene Société Générale vor der Zerschlagung retten
von Jean-Paul Picaper

Daniel Bouton muß zurück-treten. Er muß die Verantwortung für dieses Malheur übernehmen.“ So äußerte sich Staatspräsident Sarkozy über den Direktor der Société Générale, nachdem entdeckt worden war, daß ein Mitarbeiter dieses Kreditinstitutes durch allzu riskante und vertrackte Geschäfte 4,8 Milliarden Euro verpulvert hatte. Vor den Sitzen der Société Générale in Paris und andernorts sammelten sich  Hunderte Angestellte und Kunden, die um ihre Arbeitsplätze und um ihr Geld bangten. Sarkozy wollte einen Sündenbock opfern, um die öffentliche Erregung aufzufangen. Aber Monsieur Bouton, 57, der seit 1981 an der Spitze dieses Kreditinstitutes steht, trat nicht zurück, sondern wurde vom Direktorium in seinem Amt bestätigt.

Frankreich wird des Öfteren als „colbertistisch“, das heißt als „staatsinterventionistisch“, beschimpft, aber manchmal stößt dort auch die Staatsgewalt an ihre Grenzen. Als drittes Kreditinstitut landesweit nach dem Crédit agricole (über 60 Milliarden Euro an Umsatz) und der BNP Paribas (fast 50 Milliarden Euro) ist die Société Générale mit ihrem Umsatz von über 30 Milliarden Euro eine Privatbank. Sie darf durchaus dem Staat Paroli bieten. Allerdings muß vermerkt werden, daß Bouton, der die Superbeamtenschule ENA absolviert hatte, seine Laufbahn an übergeordneter Stelle im Wirtschaftsministerium angefangen hat, was eine gewisse Staatsnähe schafft.

Immer wieder erinnert der Staatspräsident an das Unternehmen Alstom, das er vor dem Zugriff von Siemens gerettet hat, als dieses Privatunternehmen marode war. Seitdem ist Alstom ein blühender Betrieb. Daß der Inder Mittal jetzt ein Stahlwerk in Frankreich schließt, das er vor kurzer Zeit akquiriert hatte, muß Sarkozy überempfindlich gemacht haben. Nachts träumt er sicher von Räubern, die die Perlen der französischen Industrie- und Finanzkrone stehlen. Zwar wirft trotz des jüngsten Desasters die Société Générale immer noch Gewinne ab, aber sie sind geringer geworden und die Bank könnte unter Umständen leichte Beute für global agierende Konkurrenten werden. Monsieur Bouton ist deswegen, ob er es will oder nicht, auf die schützende Hand des Staates angewiesen. Nicht von ungefähr kursiert das Gerücht, daß die BNP Paribas sich für seine Kreditanstalt interessiert. In diesem Falle würde die Générale, wie man sie oft nennt, immerhin in französischer Hand bleiben. Und das möchte sicher die Regierung.

Eine überregionale deutsche Tageszeitung nahm neulich daran Anstoß, daß Sarkozy und sein Premierminister François Fillon die Société Générale vor ausländischen Käufern verteidigen wollen. Damit sei der französische Präsident „wenig europatauglich“, schrieb der Autor dieses Artikels, der die USA und die Schweiz lobte, weil sie „ihre Unternehmen für Kapital aus dem Nahen und Fernen Osten öffnen“. „Wie rück-ständig muß das Denken einer Regierung sein, wenn sie partout verhindern will, daß eine Großbank in ausländische Hände fällt?“ monierte der deutsche Kollege. „Dahinter steckt ein grundlegendes Mißtrauen gegen die Marktwirtschaft, das französische und auch viele deutsche Politiker prägt“, fuhr er fort und schloß messerscharf: „Dann wundern sie sich, daß durch diese Interventionen Unternehmen entstehen, die am Markt nicht überleben können.“

Dieses Plädoyer für ein ultraliberales Europa steht tatsächlich in krassem Gegensatz zur Sarkozianer Vorstellung eines Europas, das den großen Haifischen der globalen Welt die Zähne zeigt und seine Standorte behält, wo sie sind. Soll die Société Générale aufgrund einer vorübergehenden Schwäche in die Hände von Saudis oder gar von Chinesen geraten? Der Schaden wäre irreparabel und ein Politiker, anders als ein Volkswirt, muß an die nationalen und kontinentalen Interessen denken. Liberal sein ist gut, aber allzu gutgläubig und kurzsichtig paßt nicht zu Sarkozy. Da würde Europa sich durch Liberalität nicht „in voller Kraft entfalten“, wie der deutsche Kollege schrieb, sondern sein Geschäft schließen müssen. Frankreich gehört den Franzosen, Deutschland den Deutschen und Europa den Europäern, so denken Sarkozy und seine Leute nach dem Prinzip, daß jedem das Hemd näher als der Rock ist. Wer weiß, ob der Regierungschef in Frankreich trotz seiner offiziellen Versöhnung mit Amerika dabei nicht dem guten Onkel Sam mißtraut, und zwar nicht ohne Grund?

Neulich kursierten Gerüchte in Paris, wonach der amerikanische Multimilliardär Robert A. Day, der Gründer des Unternehmens Trust Company of the West (TCW), der es geschafft hat, ins Kapital der Société Générale einzusteigen, durchaus Mittel und Wege finden könnte, um sich der zurzeit fußkranken französischen Bank mehrheitlich zu bemächtigen. Die Internetseite von TCW offenbart, daß die Trust Company of the West mit Sitz in Los Angeles eine Filiale der Société Générale für die Verwaltung von Investitionen mit 500 Milliarden US-Dollar in ihrem Portfolio ist. Robert Day ist Mitglied des Direktoriums der Société Générale, und man muß sich fragen, ob die Filiale das Stammhaus schlucken könnte. Und die Sache könnte politisch sein, da die TCW 2000 und 2004 zu den „fund raisers“ bei den Wahlkämpfen von George W. Bush gehörte. Der amerikanische Präsident hat bereits Mr. Day in seinem Haus im schicken Viertel von Bel Air in LA besucht. Das Gerücht ist nicht von der Hand zu weisen.

Können aber die französischen Banken auf die Dauer den Stürmen aus Übersee widerstehen? Beobachter warnen, daß „2010 bis 2012 vielleicht nur noch BNP Paribas und die Société Générale weltweit handlungsfähig sein werden, vorausgesetzt, daß die Générale ihre heutige Verletzung überwindet. Die anderen werden nur noch lokale Spezialbanken sein.“ Die französischen Banken interessieren sich nicht genügend für das Auslandsgeschäft. Sie leben in erster Linie von ihren Kommissionen auf Überweisungen und Dienstleistungen. Aber in den allernächsten Jahren wird die Rendite solcher Aktivitäten um 50 Prozent auf nationaler und um 80 Prozent auf internationaler Ebene sinken. Die Banken sollen also andere Einkünfte wie insbesondere die elektronische Kreditcard entwickeln.

Foto: „Wir lieben Société Générale“: Mitarbeiter der französischen Bank demonstrieren für deren Erhalt.


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