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09.02.08 / »Unter dem zweiköpfigen Adler« / Ausstellung im Königsberger kunsthistorischen Museum über die russische Besatzung im Siebenjährigen Krieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 09. Februar 2008

»Unter dem zweiköpfigen Adler«
Ausstellung im Königsberger kunsthistorischen Museum über die russische Besatzung im Siebenjährigen Krieg
von Jurij Tschernyschew

Am 22. Januar 1758 marschierte die Armee von General Fermor in Königsberg ein. Danach stand die Provinz Preußen für vier Jahre unter russischer Verwaltung. Diese vier Jahre spielen bei dem Versuch der Russen, ihre Herrschaft über das Königsberger Gebiet zu legitimieren eine große Rolle, und so verwundert es nicht, daß im Königsberger kunsthistorischen Museum (in der Stadthalle) eine ungewöhnliche Ausstellung mit dem Namen „Unter dem zweiköpfigen Adler“ eröffnet wurde, welche diese kurze Episode in der (ost)preußischen Geschichte thematisiert und herausstellt.

Ende Januar 1758 trafen zirka 250 Soldaten in Königsberg ein. Am Morgen des 22. Januar nahmen sie die Vorstädte Königsbergs ein, und in der zweiten Hälfte des Tages besetzten sie die Stadt. Dem russischen Kommandeur Fermor wurden die Schlüssel der Fried­richsburger Zitadelle und der Festung Pillau übergeben. Am 24. Januar, dem Geburtstag Friedrichs des Großen, mußten die Einwohner der russischen Herrscherin Elisabeth I. den Treueeid leisten. Der Treueeid wurde in der Weise abgelegt, daß Preußens Bürger in Kirchen und andere amtliche Stellen gingen und ihre Unterschrift in entsprechende Listen setzten. Diese Prozedur war einer modernen Volkszählung ähnlich, wobei nicht bekannt ist, ob alle Einwohner daran teilgenommen haben. Deshalb kann man sagen, daß im Sinne des Völkerrechts dieser Eid praktisch keine Folgen hatte.

Den Treueeid leisteten viele bekannte Königsberger. Zwar ist nirgends dokumentiert, ob Immanuel Kant den Schwur leistete, jedoch ist sein Gesuch an die Zarin, ihn zum ordentlichen Professor der Logik und Metaphysik zu ernennen, bekannt. Ob man daraus allerdings schließen kann, daß er sich als Untertan der Zarin betrachtete, ist eine andere Frage.

Nachdem 1762 die Verwaltung der Provinz wieder auf den König übergangen war, besuchte Fried­rich der Große Königsberg kein einziges Mal, und brachte so seinen Protest gegen den Treueschwur zumindest eines Teils seiner Bürger gebenüber der russischen Zarin zum Ausdruck.

Es sei angemerkt, daß die russische Herrschaft sich in der Praxis nicht auf das Leben und die Privilegien der Bevölkerung ausgewirkt hat. 1758 hatte Elisabeth in einem speziellen Ukas alle vom preußischen König zugesagten Privilegien wie die Religionsfreiheit und den freien Binnen- und Außenhandel garantiert. Zudem wurden von ihr in hohem Maße Baltendeutsche als Besatzungsoffiziere eingesetzt, so daß auch in dieser Besatzungszeit die Ostpreußen im Grunde von Landsleuten verwaltet wurden.

In der Ausstellung sind unter anderem Kopien der Originaldokumente dieser Epoche zu sehen, aber auch Originale. Zu nennen sind hier Karten, Porträts der historischen Gestalten, ein Buch über Friedrich den Großen, das 1746 erschienen ist, sowie eine Sammlung mit Werken von Immanuel Kant.

Eine Einzelvitrine ist dem Russen Andrej Bolotow gewidmet, der aussagekräftige Memoiren hinterlassen hat. Er hat das damalige Königsberg nicht nur mit eigenen Augen gesehen, sondern auch ebenso ausführliche wie aussagekräftige Schilderungen hinterlassen.

Das besondere Interesse der Besucher der Ausstellung galt dem originalen Schlüssel des Tores Fried­richsburg, der dem russischen Kommandeur Fermor 1758 ausgehändigt worden ist.

Foto: Hauptattraktion der Ausstellung: Schlüssel der Feste Friedrichsburg


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