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09.02.08 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 09. Februar 2008

Alle kriegen was! / Prinz Naumann feiert Karneval in Hamburg, die SPD kreuzt die Finger, Beust balzt, und Merkel hat sehr wohl Meinungen
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Die Hamburger sind ein gemächliches Volk. Plötzlichen Anwandlungen begegnen sie mit der zurückgelehnten Skepsis einer alten Handelsrepublik, die schon manchen modernen Schabernack hat vorbeiziehen sehen. „Erst mal sehen, und dann ganz sachte“, lautet ihre Devise. Deshalb brauchen sie oft etwas länger für alles als die emsigen Schwaben oder die flinken Sachsen, die energischen Bayern oder die schwungvollen Rheinländer.

Sie kommen spät, dann aber kraftvoll, geben die Hamburger an diejenigen zurück, die ihnen Bräsigkeit vorhalten. Michael Naumann muß diesen Monat ganz besonders hamburgisch sein, weil er schließlich Bürgermeister werden will.

Deshalb fängt der Sozialdemokrat erst jetzt, wo der Karneval im Rest Deutschlands vorbei ist, mit dem hamburgischen Freudenumzug an und läßt es Kamellen regnen über Alster und Elbe.

Alle kriegen was ab: Den Studenten verspricht er das Gratisstudium, den Eltern die kostenlose Kinderbetreuung, Lehrmittelfreiheit und mehr Ganztagsschulen, und den Feingeistern will er über 50 Millionen zusätzlich in den Kulturtopf schmeißen. Und wer nun weder Student noch Papi oder Mami, noch Theaterfreund ist? Keine Furcht, Jeck Naumann hat für wirklich alle was Süßes parat: Um auf gar keinen Fall jemanden zu vergessen, hat Schröders früherer Kulturstaatsminister versprochen, die Gas- und Stromnetze der Stadt zu kaufen und danach die Preise kräftig zu senken.

Helau! Helau? Der um seinen Posten bangende, amtierende CDU-Finanzsenator Michael Freytag schickte seine Behördenbüttel los, um die Kosten für Naumanns Megaparty zu addieren. Sie kamen auf insgesamt 2,5 Milliarden Euro, allein die Strom- und Gasnetze stünden mit anderthalb Milliarden zu Buche. Zweieinhalb Milliarden! Wolle ma die nauslasse?

Kein Problem, lacht Naumann auf dem roten Festwagen. Machen wir per „Umschichtung“ im Haushalt, erklärt er. Das heißt, „erklären“ wäre übertrieben. Genaueres über die Finanzierung seiner tollen Show will er nämlich nicht verraten. Womit er uns wohl überraschen will? Schulden will er keine machen, verspricht Naumann. Was könnte man also streichen, um die für den kleinen Stadtstaat enorme Summe von 2,5 Milliarden Euro zusammenzuschichten?

Wir haben uns da schon was überlegt: Wozu beispielsweise braucht man auch Feuerwehren in einer Stadt, in der es so oft regnet? Und sind nicht auch die Meldeämter überflüssig? Hamburger erkennt man selbst ohne Ausweis am Näseln, die Ämter schaffen wir ab. Die Sozial­ämter können ebenfalls aufgelöst werden, schließlich wird Michael Naumann die Armut ja bald besiegen. Dann wird auch die Polizei nicht mehr benötigt, weil Kriminalität bekanntlich soziale Ursachen hat, die nach dem Sieg über die Armut beseitigt sind. Und die teuren Gefängnisse müssen eh weg, weil die – wie wir seit der Debatte um jugendliche Straftäter wissen – sowieso nur alles schlimmer machen.

Reicht das? Mal nachrechnen ... hm ... eins im Sinn ... hm ... doch, müßte hinhauen! Und wenn nicht, werden die Hamburger trotzdem viel Spaß haben an Naumanns Ritt durch die Haushaltswirklichkeit.

Der Bürgermeisterkandidat macht das alles mit einem Lachen, dabei treiben ihn innerlich schwere Sorgen um. Die Kommunisten wildern in den Sozi-Hochburgen der Hansestadt und ködern die Leute mit der Behauptung, selber noch viel süßere Sozialschlemmereien im Sack zu haben als die SPD.

Kann das stimmen? Man fragt  sich, wie die Kommunisten Naumanns sagenhafte Geschenkparade sogar noch übertreffen wollen, woher sie das Geld für noch mehr Präsente denn nehmen möchten. Schleswig-Holstein beschlagnahmen, das Land verhökern und den Erlös an die Hamburger verteilen?

Als Abnehmer käme Dänemark in Frage. Dortige Nationalisten sind immer noch scharf auf die deutsche Nordprovinz, außerdem haben die Dänen vor langer Zeit ihren nordischen Sozialismus begraben und deshalb Geld in der Kasse. Und bei den letzten Landtagswahlen ließen die Schleswig-Holsteiner die Ultralinken mit 0,8 Prozent abschmieren. Dafür müßten die ohnehin noch einen mitbekommen.

Den Sozialdemokraten geht das Gefummel um die Linkspartei indes langsam auf die Nerven. Jeden Tag leisten sie feurige Treueschwüre, niemals mit den Kommunisten zu koalieren. Die Deutschen wissen dann nie so recht, was sie davon halten sollen, das heißt: Eigentlich wissen sie das ganz genau. Deshalb können sie beim Gedanken an die SPD-Schwüre nur schwer einschlafen und wundern sich am nächsten Morgen, warum sie jede Nacht von gekreuzten Fingern träumen.

Eine wachsende Zahl von SPD-Politikern und Grünen haben die Finger schon wieder auseinandergezogen und servieren uns die rot-rot-grüne Kooperation als leuchtende Aussicht für die Zeit ab 2009.

Die Gysis und Lafontaines betrachten das leise Hinüberflutschen mit heiterer Gelassenheit. Für die Sozialdemokraten jedoch bringt die Sache gewisse Erklärungsnöte mit sich.

Da sollten sie sich ruhig trösten lassen von ihren künftigen Koalitionsfreunden. Die robusten SED-Kader, die noch immer das Rück­grat der Linkspartei bilden, wissen aus eigener Erfahrung, wie gut Sozialisten so eine „Wende“ wegstecken können. Aus ihrer Sicht müssen sich die Sozis keinen Kopf machen wegen der paar Idioten, die nach 2009 auf die alten „Schwüre“ pochen.

Man muß es dem Volk nur pädagogisch geschickt verabreichen, und die Leute schlucken alles. Schulen, Unis und Medien haben es ja auch erreicht, daß heutigen Jugendlichen die DDR wie ein romantisches Sozialparadies vorkommt, durchfahren von ulkigen kleinen Autos. Wer dieses hübsche Bild vom Sozialismus erst einmal verinnerlicht hat, der kann Rot-Rot-Grün nur noch herbeisehnen und wird alle alten SPD-Versprechen – von wegen „mit denen niemals“ und so – bereitwillig vergessen.

Ein bißchen ungemütlich wird es für Angela Merkel. Bislang lebte sie nach dem Motto: Ich bin Kanzlerin, und solange das so bleibt, ist alles andere auch gut. Nun aber bedrängen sie aufgescheuchte CDUler, sie solle „inhaltlich Stellung beziehen“. Was meinen die damit? Wollen die etwa unterstellen, der CDU-Chefin mangele es an einer eigenen Meinung?

Das ist lachhaft: In der Kontroverse um Roland Kochs Wahlkampf hatte Merkel nicht nur eine Meinung, sondern sogar zwei davon! Während sich die Regierungschefin selbst öffentlich hinter den Hessen stellte, schickte sie gleichzeitig ihre Integrationsbeauftragte Maria Böhmer los, sich unter die 17 Messerwerfer zu mischen, die mit dem Brief.

Nun gut, Messerwerfer ist vielleicht zu hart, schließlich beteuern die Unionspolitiker, daß ihre Freundschaft zu Roland Koch über jeden Zweifel erhaben sei – nur daß er sie auf der Straße bitte künftig nicht mehr grüßen möge, schon der Hamburg-Wahl wegen, bei der Bürgermeister und Brief-Mitunterzeichner Ole von Beust  ja bestätigt werden will.

Dafür balzt Beust auch die Grünen an. Er macht das richtig niedlich, verstohlen wie ein 15jähriger, der seiner Flamme heimlich sehnsüchtige Blicke zuwirft, auf dem Schulhof aber „voll cool“ den einsamen Cowboy mit Anspruch auf „absolute Mehrheit“ markiert.

Die Hamburger stört das doppelte Spielchen übrigens nicht die Bohne, sie kennen ihren Ole. Der galt zwar schon immer als schwarzer Linksausleger, hatte aber auch keine Schwierigkeiten, sich vom nicht eben linken Springteufel Schill 2001 ins Rathaus tragen zu lassen.

Und schließlich muß man sich die Alternative gut überlegen: Karnevals­prinz Naumann ist ja so gesehen furchtbar lustig, aber vier Jahre lachen schmerzt im Zwerchfell.


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