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16.02.08 / Ost-Deutsch (53): Humbug

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-08 vom 16. Februar 2008

Ost-Deutsch (53):
Humbug
von Wolf Oschlies

Humbug“ ist laut etymologischen Wörterbüchern eine Bezeichnung für „Aufschneiderei, Schwindel, Unsinn“, ein englischer Slangausdruck von unbekannter Herkunft, im 19. Jahrhundert ins Deutsche übernommen. Aber hat nicht 1867 der Franzose Jules Verne die Novelle „Le Humbug“ verfaßt, eine böse Satire über US-Geschäftsleute? Wir werden den Humbug wohl nie genau erklären können, ihn jedoch weiter im Munde führen, unsere slawischen Nachbarn auch.  

Bei Polen steht „humbug“ für Unsinn. Als 2006 Zyta Gilowska als Finanzministerin in die damalige Regierung eintrat, war das für die Presse ein „najbardziej zdumiewajacy humbug“, also ein höchst verblüffender Unsinn. Was eine Agentur für Zeitarbeit unternimmt, erscheint auch nur als „polski humbug“, und in der tiefsten Provinz einen Großflughafen zu planen, das „przedsiewziecie to humbug“ – ist ein unsinniges Unternehmen.

Mehrdeutiger als polnischer „humbug“ ist tschechischer „humbuk“. Er bezeichnet zum einen den absehbaren Fehlschlag: „Skolsky zakon je humbuk“ (Das Schulgesetz ist ein Humbug). Sodann eine mögliche Enttäuschung: „Laser TV. Revoluce nebo humbuk?“ (Laser-TV: Revolution oder Humbug?) Und schließlich überflüssigen Pressetrubel, wie unlängst Jaroslav Silhavy, neuer Fitnesstrainer der tschechischen Fußballnationalmannschaft, erkennen ließ. Er will alles anders als die Deutschen machen, denn „ti kolem toho spousteji humbuk“ (die machen daraus nur Radau).

Seit über 15 Jahren wirkt in Tschechien die Popgruppe „Humbuk“, deren melancholische Lieder sich zum Beispiel in Studentenkreisen größter Beliebtheit erfreuen. Vor drei Jahren entdeckten witzige Intellektuelle die „krivka humbuku“, die Humbugskurve, welche die Behandlung technischer Innovationen durch die Medien darstellt: Erst kommt die große Begeisterung, es werden unrealistische Erwartungen geweckt. Dann folgt der Praxisschock, Enttäuschung macht sich breit, einmal mehr wird die „krivka humbuku“ ihre vier Stationen absolvieren: Enthusiasmus, Kritik, Hohn, Vergessen. Oft entpuppt sich die Neuerung doch als Erfolg, aber da haben die Medien längst einen neuen „humbuk“ gestartet und der gestrigen Sensation „aufídrzén“ gesagt, also (deutsch) „Auf Wiedersehen“.


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