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16.02.08 / Vertrauen in die Ehe geraubt / Das neue Unterhaltsrecht kann Ex-Frauen zur Arbeit zwingen und heizt Prozeßwelle an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-08 vom 16. Februar 2008

Vertrauen in die Ehe geraubt
Das neue Unterhaltsrecht kann Ex-Frauen zur Arbeit zwingen und heizt Prozeßwelle an
von Rebecca Bellano

Anfang Februar zog die Tageszeitung „Die Welt“ eine erschütternde Bilanz der Familienpolitik der Bundesregierung, Mit den Worten „die Große Koalition hat das Ende der traditionellen Familie besiegelt“ begann der Artikel „Die Politik schafft die Hausfrau ab“. Der Auslöser für das, was „Die Welt“ so schockierte, war das neue Unterhaltsrecht, an dem die Große Koalition lange rumge-feilt hatte. „Neues Unterhaltsrecht – ein Sieg für die Kinder!“ lautete der positiv klingende Titel der Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz, in dem die zuständige Ministerin Brigitte Zypries am 9. November 2007 die vollzogene Reform des Unterhaltsrechts verkündete.

Die Grundidee zu dieser Reform mag auch durchaus redlich gewesen sein. Ziel war es, alle Kinder einer unterhaltspflichtigen Person, egal ob ehelich oder unehelich geboren, in ihren Ansprüchen gleichzusetzen. „Die Kinder stehen künftig im ersten Rang. Sie haben Vorrang vor allen anderen“, so Brigitte Zypries – und degradierte damit die geschiedenen Frauen. Ob nun willentlich oder unbewußt, Fakt ist, damit wurde auch die Institution Ehe verändert und aus Sicht vieler Konservative sogar entwertet, denn die Rolle der Hausfrau und Vollzeit-Mutter wird somit zum unkalkulierbaren Risiko für eine Frau. Vorher allerdings war die Ehe für viele Männer ein unkalkulierbares Risiko, da sie stets Sorge haben mußten, im Falle einer Scheidung nicht nur für ihre Kinder Unterhalt zu zahlen, sondern auch lebenslang ihre Ex weiter zu finanzieren. Diese Regelung erschwerte ihnen die Möglichkeit einer neuen Familiengründung und war Anlaß zu steter Verstimmung zwischen den geschiedenen Elternteilen. So mancher Mann kam sich von seiner Ex ausgenommen wie eine Weihnachtsgans vor. Das Unterhaltsrecht ermöglichte es beispielsweise ehemaligen Krankenschwestern, die dann ihren Chef ehelichten, ein Leben nach dem Motto einmal „Chefarztgattin, immer Chefarztgattin“ zu führen, obwohl sie selbst für ihren Unterhalt hätte sorgen können. Derartig schillernde Fälle sorgten für Mißstimmung bei vielen Männern und ließen auch so manchen vor einer Eheschließung zurückschrecken, zumal die beruflichen Möglichkeiten junger Frauen heute ganz andere sind als in Zeiten ihrer Mütter. Da heute viele Frauen aufgrund ihrer Ausbildung selber für sich sorgen können, sieht der moderne Mann nicht ein, warum er für die moderne Frau auch nach der Scheidung weiterzahlen soll. Doch wie so häufig neigt der Gesetzgeber auch hier, von einem Extrem ins andere zu wechseln. „Früher wurde beim Unterhaltsrecht so getan, als ob die Ehe nie geschieden worden wäre. Heute tut man nun so, als ob sie nie geschlossen worden wäre“, klagt die Berliner Familienanwältin Ingeborg Rakete-Dombek.

Außerdem ist das Gesetz schlecht gemacht, da es Fragen offenläßt. Zwar wäre es angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen verständlich gewesen, wenn das Unterhaltsrecht alle künftigen Ehen betreffen würde, schließlich nimmt es Männern so einen Teil ihrer Angst vor der Schließung einer Ehe, bedauerlicherweise kann es jedoch rückwirkend geltend gemacht werden, so daß Frauen, die vor Jahren von ihrem Mann geschieden wurden, jetzt in ihrem Unterhaltsanspruch gekürzt beziehungsweise zur Arbeit gezwungen werden können. Für jene Frauen, die seit Jahrzehnten aus dem Beruf raus sind, da sie, wie in ihrer Jugend üblich, die Rolle der Hausfrau übernommen haben, ist es unmöglich, nach so langer Auszeit wieder in den Beruf einzusteigen. Ihnen könnte der soziale Abstieg drohen.

Könnte? Da das Gesetz kaum klare Antworten, sondern den Juristen nur „Billigkeitsregeln“ als Hinweise anbietet, müssen jetzt Präzedenzfälle geschaffen werden. Eine unnötige Herausforderung für die Gerichte, die auch schon ohne das Aufrollen alter Fälle genug zu tun haben. Ist der Mutter zweier schulpflichtiger Kinder eine Vollzeitstelle zuzumuten? Und wer kümmert sich um die Kinder, wenn ihre Mutter arbeiten muß? Kindergartenplätze, bei denen der Nachwuchs eingehütet werden kann, gibt es bekanntlich jetzt schon zu wenige.

Auf was können Frauen jetzt noch vertrauen, wenn sie sich entscheiden, daheim bei ihren Kindern zu bleiben? Fragen über Fragen und inwieweit sind eigentlich Kinder die Sieger einer Gesetzesreform, die ihnen ihre Mütter nimmt?


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