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16.02.08 / »Ja, wir schaffen es« / US-Wahlkampf: Unterschiede zwischen Clinton und Obama sind nur schwer auszumachen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-08 vom 16. Februar 2008

»Ja, wir schaffen es«
US-Wahlkampf: Unterschiede zwischen Clinton und Obama sind nur schwer auszumachen
von Liselotte Millauer

Ein langgezogener Schrei erhebt sich aus dem euphorischen Chor der Anhänger der Demokraten: „Obaaamaaa!“ Es klingt wie ein filmreifer Hilferuf mit einem Schuß von Humor. Schauplatz ist das elegante Kodak-Theater am Hollywood-Boulevard, gleich neben dem weltberühmten Grauman’s Theater, wo die Superstars der Leinwand von einst bis heute ihre Hand- und Fußspuren hinterlassen. Doch das Kodak-Theater, mit Oscar-Verleihung und anderen hochkarätigen Ereignissen der Film- und Entertainment-Industrie  dem Hollywood-Glamour gewidmet, ehrte an diesem Tag zwei andere Superstars: Hillary Rodham Clinton und Barak Obama bei ihrer letzten Debatte vor dem größten Ereignis der Vorwahlen: dem Super Tuesday, an dem 24 der 50 US-Staaten ihre Entscheidung für einen der beiden Demokraten abgaben.

Daß die noch bis vor kurzem erwartete Krönung von Hillary Clinton zur Präsidentschafts-Kandidatin der Demokraten am Super Tuesday vorvergangene Woche ausgeblieben ist, überrascht. Zwar erhielt die Ex-First-Lady eine Mehrheit – 1045 Stimmen gegen-über 960 Stimmen für Obama –, doch mußte sie diese inzwischen nach Abstimmungen in weiteren Staaten an Obama abgegeben.

Dies ist der dramatischste Wahlkampf seit Nixon gegen Kennedy geworden. Die nun auch noch von einer massiven Wirtschaftskrise bedrohten Amerikaner sind plötzlich aus ihrer Lethargie aufgewacht, in die die Bush-Administration sie mit dem Krieg im Irak gebracht hat, der Milliarden US-Dollar verschlingt.

Mit Barak Obama und Hillary Clinton hat das Land gleich zwei hervorragende Demokraten, die sich im Prinzip einig sind und etwas verändern wollen … für Amerika und damit auch für die Welt. Aber da ist ein Unterschied. Die Schilder für Clinton hinter der CNN-Tribüne besagen „Hillary for President“, „Hillary into the White House“. Die Schilder für  Obama tragen groß das Wort  „HOPE“ für Hoffnung und „CHANGE“ für Wechsel. Und den sowohl überzeugt wie geschickt den mexikanischen Immigranten-Demonstrationen entliehenen Slogan „SI SE PUEDE“, „Yes, We Can“ für „Ja, wir schaffen es“. Das hat eine riesige emotionalle Wirkung.

Hillary steht für Erfahrung, aber auch Establishment. Obama aber steht für Aufbruch, für einen neuen Beginn, für die Zukunft – was er in seinen knappen, coolen und brillant formulierten Reden demonstrativ betont. Dieser junge, intelligente Senator von Illinois hat etwas Mitreißendes, was es seit John F. Kennedy in der US-Politik nicht mehr gegeben hat. „Seit dem Tod meines Vaters hat mich niemand so fasziniert wie Barak Obama“, sagte Caroline Kennedy, als sie sich mit Senator Edward Kennedy, American Royalty, hinter den Illinois-Senator stellte.

Der Riß Clinton oder Obama geht mit rapide steigender Intensität durch alles: durch Familien, Freundschaften, Gesellschaftsklassen, Organisationen, Rassen, Geschlechter, Altersgruppen und selbst durch die einflußreichen Hollywood-Stars. Da jeder von beiden für die gleichen demokratischen Rechte wie Veränderungen kämpft, ist die Entscheidung zwischen Clinton und Obama nicht so sehr eine sachliche, sondern vor allem eine persönliche geworden.

Bei den großen Themen, die die Amerikaner bewegen – Wirtschaft, Irak-Krieg-Beendigung, eine funktionierende Krankenversicherung wie Altersversorgung und Immigration –, ist es für beide schwer, Unterschiede herauszuarbeiten und in Wahl-Vorteile gegeneinander zu verwandeln. Einen für viele  gewaltigen Vorteil hat Obama mit seiner einst flammenden Ablehnung des Irak-Krieges. Hillary hingegen stimmte im Rahmen der Täuschung um die Massenvernichtungswaffen mit dem Washingtoner Establishment dafür. Das ist ihr einziger objektiver Nachteil.

Mit einer derartigen Dramatik können die Republikaner nicht aufwarten. Doch auch sie machten mit dem unerwarteten Sieg von John McCain, dem Ausstieg von Mitt Romney und dem guten Abschneiden des Ex-Baptisten-Predigers Mike Huckabee ihre eigenen Schlagzeilen. Unter den streng konservativen Kräften im Lande brach pures Entsetzen aus, denn der aufsässige, furchtlose und bei vielen verhaßte McCain gilt den echten Republikanern als zu liberal. Seine Versuche, den zwölf Millionen illegalen Immigranten einen Weg in die Gesellschaft zu ebnen, stieß auf Ablehnung bei den Rechten. Gleiches gilt für sein Eintreten für Abtreibung in Notfällen wie für weitgehende Rechte für homosexuelle Verbindungen. McCain ist in vielem, wie Arnold Schwarzenegger, der ihn offiziell unterstützt, den Demokraten näher als den konservativen Republikanern, doch seine Gegen-Kandidaten konnten die Anhänger der Partei noch weniger hinter sich einen.

Der größte Nachteil des Vietnamkriegveterans McCain ist sein Eintreten für den Irak-Krieg und seine Zustimmung, die US-Präsenz dort „wenn nötig für 100 Jahre“ zu erhalten. Das würde bei der Hauptwahl am meisten Obama nützen. doch im Grunde auch Clinton, denn beide sind für einen Abzug der Streitkräfte und somit für eine Beendigung der Todesfälle unter den Soldaten, die jeden Monat sinnlos neue junge Familien zerstören. Trotzdem sind alle Kandidaten für eine Fortsetzung der Terrorbekämpfung. Osama zu finden, ist selbst für Obama wichtig.

Ein weiterer Faktor ist McCains Alter, 71. „No Country For Old Men“ heißt ein für den Oscar nominierter Film, und für viele könnte er auf McCain gemünzt sein. Auch ein Vorteil für Obama.

Es ist unmöglich vorherzusagen, wer von den beiden Demokraten bessere Chancen gegen McCain hätte. Derzeit setzen Umfragen zwar auf Obama, aber einige Kreise sind von seinem „Wir wollen Amerika retten“-Gerede bereits angenervt. Wie ein CNN-Kommentator richtig bemerkte: „Wie wir wissen, wissen wir nichts. Alles, was wir voraussagen, wird ständig auf den Kopf gestellt.“

Foto: Es wird eng: Hillary Clintons Chance, gegen Barak Obama zu bestehen, wird geringer.


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