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23.02.08 / Potsdam wird nervös / Bodenreform-Skandal: Offenbar ist sogar der neue Großflughafen betroffen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-08 vom 23. Februar 2008

Potsdam wird nervös
Bodenreform-Skandal: Offenbar ist sogar der neue Großflughafen betroffen
von Markus Schleusener

Im Jahr 2001 landete die Berliner SPD ihren bislang größten Coup: Nach zwölf Jahren als Regierungspartei gelang es ihr, ihren Koalitionspartner CDU als Alleinschuldige am Berliner Bankenskandal dastehen zu lassen. Als das Jahr um war, hatte Klaus Wowereit (SPD) den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) gestürzt und seine eigene Partei wieder zur stärksten politischen Kraft in der Stadt gemacht, obwohl die SPD genauso tief in den Skandal verstrickt war wie die Union.

Matthias Platzeck versucht jetzt in Brandenburg das gleiche. Der brandenburgische Ministerpräsident und seine SPD versuchen mit aller Kraft, den neuen Bodenreformskandal (siehe PAZ von vergangener Woche) dem Koalitionspartner CDU in die Schuhe zu schieben. Die Schuld trage Innenminister Jörg Schönbohm, dessen Ministerium an der Enteignungspraxis in den Jahren 1999 und 2000 beteiligt gewesen sein soll.

Tatsache ist, daß Schönbohm damals gerade erst neu ins Amt gelangt war, nachdem die SPD bei der Landtagswahl im Herbst 1999 ihre absolute Mehrheit verloren hatte. Außerdem war die treibende Kraft für die Aneignung der Bodenreformgrundstücke das Potsdamer Finanzministerium, und das war immer in der Hand von Sozialdemokraten.

Nicht nur wegen Durchsichtigkeit dürfte das SPD-Manöver scheitern. Die Linkspartei, die der SPD nicht wie in Berlin zu Hilfe eilt, fährt diesmal in Brandenburg einen anderen Kurs. Für die Linke ist der Skandal ein Geschenk, das sie nach Kräften ausnutzen möchte, um endlich größte politische Kraft in der Mark zu werden. Sie hat bereits die Einrichtung eines  Untersuchungsausschusses angekündigt. Die Linken haben ein fundamentales Interesse daran, das Thema bis zur Landtagswahl im Herbst 2009 am Kochen zu halten.

Die Bodenreformaffäre wird zum großen Politikum, das alle bisherigen Schiffbrüche der Landesregierung von der hochsubventionierten Luftschiffwerft „Cargolifter“ bis hin zur Rennbahn „Lausitzring“ in den Schatten stellt. Das Land hat 10000 Grundstücke in Besitz genommen, die vorher Personen gehörten, die die Parzellen nach der Bodenform erhalten hatten. Sie sind verstorben, und das Land konnte angeblich keinen Erben finden, also trug es sich selbst ins Grundbuch als neuer Eigentümer ein. Das Problem: Die Landesbeamten hatten nicht einmal nach den Erben gesucht, wozu sie gesetzlich verpflichtet gewesen wären.

Dem Finanzministerium soll dies bewußt gewesen sein, schreibt der „Tagesspiegel“, dem entsprechende Dokumente vorliegen. Das Ministerium, damals geführt von Wilma Simon (SPD), war demnach die treibende Kraft hinter dieser Praxis.

Am 2. Oktober 2000 endete die zehnjährige Frist nach der Wiedervereinigung, in der das Land dies ohne größere Probleme konnte. Danach wurden Erben von Bodenreformland automatisch zu neuen Besitzern, aber vorher konnte das Land sich als Eigentümer reklamieren, was es auch tat.

Die Kommunen fürchteten schon damals Haftungsrisiken. Der damalige Oberbürgermeister von Frankfurt/Oder, Wolfgang Pohl, zum Beispiel ließ sich vom Finanzministerium eine sogenannte Freistellungserklärung ausstellen, die ihm zusicherte, daß alle Risiken beim Land lägen.

Erfaßt seien auch mögliche Ansprüche gegen die Stadt „wegen mangelnder Nachprüfung im Einzelfall … und unzureichender Eigentümerermittlungen“, zitiert der „Tagesspiegel“ aus dieser Erklärung. Pohl ist jetzt übrigens  SPD-Landtagsabgeordneter.

Die Abgeordneten versuchen an der Aufklärung des Skandals mitzuwirken. Der Parlamentspräsident jedenfalls hat Unterlagen zur Verfügung gestellt, die zur Erhellung beitragen sollen.

Die Landesregierung ist weniger kooperativ. Finanzminister Rainer Speer (SPD) hat im Finanzausschuß in der vergangenen Woche eine schlechte Figur abgegeben, berichten Teilnehmer. Es bringe nichts, irgendwelche Papiere „durch die Gegend zu schicken“, soll er hilflos in den Saal gerufen haben.

Unabhängig von der Schuldfrage zieht die Affäre immer weitere Kreise. Jetzt ist sogar der Bau des neuen Großflughafens Berlin-Schönefeld in Gefahr. Es droht ein Baustopp, weil auch das Bauland des gigantischen Flughafens betroffen ist. Brandenburg hat Land an die Flughafengesellschaft verkauft, das es sich vorher widerrechtlich angeeignet hatte.

Manche wichtigen Leute in Potsdam könnte der Bodenreformskandal unterdessen auch persönlich in arge Bedrängnis bringen. Es könnte sein, daß die „sittenwidrige“ Vorgehensweise des Landes Brandenburg ein juristisches Nachspiel für die Verantwortlichen hat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachtes der Untreue. Und zwar unter Hochdruck, wie es heißt.

Foto: Schlechte Figur im Finanzausschuß: Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer (li.), hier mit Ministerpräsident und SPD-Parteifreund Matthias Platzeck auf der Regierungsbank


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