20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.02.08 / Teures Postengeschacher / Der Steuerzahler berappt Milliarden – Staatliche Banken nicht richtig geführt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-08 vom 23. Februar 2008

Teures Postengeschacher
Der Steuerzahler berappt Milliarden – Staatliche Banken nicht richtig geführt
von Hans Heckel

Im Frühsommer 2005 schienen alle Träume von Ingrid Matthäus-Maier geplatzt zu sein. Die frühere SPD-Finanzexpertin, schon damals Mitglied im Vorstand der „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ (KfW), hatte den Posten des einflußreichen KfW-Chefs schon in der Tasche, im Herbst sollte sie nominiert werden. Dann kam das SPD-Debakel bei den NRW-Landtagswahlen, Kanzler Schröder (SPD) kündigte Neuwahlen für September an und jedem schien in diesen Tagen klar, was dabei herauskommen würde: Schwarz-Gelb führte die Umfragen mit weitem Abstand an.

In den Vorstand der KfW gelangte Matthäus-Maier 1999. Damals war sie eigentlich als Nachfolgerin des nach wenigen Monaten ins Privatexil geflüchteten Oskar Lafontaine für das Amt des Bundesfinanzministers vorgesehen. Nun aber verlor Hans Eichel die Hessen-Wahl und damit seinen Posten als Ministerpräsident. Hier stand jetzt ein prominenter Versorgungsfall gegen den anderen, Matthäus-Maier unterlag und wurde mit dem KfW-Vorstandsposten und der Option auf mehr abgefunden. Für die 1982 von der FDP zur SPD übergelaufene Politikerin hätte ein Machtwechsel zu Schwarz-Gelb 2005 alle Träume vom KfW-Chefsessel indes unter sich begraben.

Die KfW ist das Finanzierungsinstrument des Bundes schlechthin, er hält 80 Prozent an der Bank, die übrigen 20 Prozent sind in der Hand der Länder. Die Politik entscheidet daher auch über Neubesetzungen im sechsköpfigen Vorstand. Allerdings wäre Matthäus-Maier unter Schwarz-Gelb nicht nur ihr Parteibuch an sich im Wege gewesen. Bislang hievten die Parteien ihnen zwar nahstehende, aber im Bankgewerbe erprobte Fachleute an die KfW-Spitze. Ingrid Matthäus-Maier jedoch ist im Zivilberuf Verwaltungsrichterin. Zwar hat sie als Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses (damals noch als FDP-Abgeordnete) von 1979 bis 1982 und später als SPD-Finanzexpertin Erfahrungen im Haushaltsrecht gesammelt, aber zur Bänkerin machte sie das in den Augen der Fachwelt noch lange nicht.

Somit galt ihre Nominierung durch die rot-grüne Regierung mehr denn je in der KfW-Geschichte als parteipolitisch motiviert: Kanzler Schröder und sein Finanzminister Hans Eichel wollten offenkundig vor allem eine Genossin an der KfW-Spitze sehen, eine, mit der sie vertraut sind.

Doch die Erwählte hatte noch einmal Glück: Die Wende zu Schwarz-Gelb fand nicht statt, es kam die Große Koalition mit einer SPD, die weiterhin entschlossen war, ihre Kandidatin gegen den Widerstand aus Union und Bänkerkreisen durchzudrücken. Was folgte, war ein wochenlanges Gezerre um die KfW-Spitze, in dem die Union schließlich einlenkte. Matthäus-Maier hatte es geschafft.

Die Einwände, die seinerzeit aus der Finanzwelt gegen die Ende 2005 für die Amtsübernahme im Herbst des Folgejahres aufgestellte Matthäus-Maier vorgebracht wurden, hören sich aus heutiger Sicht prophetisch an. Gegenüber der „Welt“ äußerte sich ein namentlich nicht genannter Vertreter aus „Frankfurter Finanzkreisen“: „Eine Besetzung aus rein politischem Kalkül dürfte zur Abwanderung von hochspezialisierten Fachkräften vor allem aus dem für die KfW so wichtigen Kapitalmarktgeschäft führen. Das aber kann sich die Förderbank bei ihrem Geschäftsmodell nicht leisten.“

Gleich nach ihrer Amtsübernahme ließ Matthäus-Meier das Vorstandsekretariat der KfW umorganisieren und gab dabei die Verantwortung für das Kapitalmarktgeschäft aus der Hand. Und genau hier brennt es jetzt. Die zu 38 Prozent in KfW-Besitz stehende „Deutsche Industriebank IKB“ hat sich an den Kapitalmärkten mit horrenden Mengen undurchsichtiger Fonds eingedeckt, die im Zuge der US-Immobilienkrise ins Trudeln geraten sind. Offenbar haben die IKB-Direktoren ihre eigenen Investitionen nicht mehr durchblickt, ebenso wenig aber haben dies auch die Fachleute des größten IKB-Anteilseigners KfW. Nun muß die KfW mit Milliarden bereitstehen, um die Fehlschläge der IKB auszugleichen und den Zusammenbruch zu verhindern.

Damit sind wieder alle Augen auf die von Beginn an umstrittene KfW-Chefin gerichtet: Matthäus-Maier habe sich eben eher wie eine Politikerin verhalten, heißt es. Dort lautet das Motto: Tue Gutes und sorge dafür, dabei gesehen zu werden. Öffentlichkeitswirksame Projektförderungen waren das Feld, auf dem sich die Politikerin auf dem Bänkerstuhl weit wohler fühlte als im Gewirr der Kapitalmärkte. Entwicklungshilfe, seit je einer der Schwerpunkte der KfW-Förderpolitik, lag ihr besonders am Herzen. Für kommenden Mai ist eine Reise nach Ägypten und Uganda geplant.

Allerdings will derzeit niemand die Hand dafür ins Feuer legen, daß sie dann überhaupt noch im Amt ist. Vielmehr erscheint der Fall Matthäus-Maier – ganz im Sinne der Unkenrufe von 2005 – als Beispiel dafür, wie Parteien alle in ihrem Zugriff liegenden Posten zunehmend hemmungsloser an folgsame Parteisoldaten vergeben, statt sich von der fachlichen Eignung der Bewerber leiten zu lassen.

Wer sich im Lichte jüngster Skandale eine stärkere (partei-)politische Kontrolle von Wirtschafts- und Finanzwelt wünscht, für den bietet das Beispiel Matthäus-Maier eine herbe Enttäuschung. Nie war die Verflechtung von Parteipolitik und politisch kontrolliertem Finanzsektor offensichtlicher als in ihrem Fall, und nie war das Versagen kostspieliger. Übrigens: Im 37köpfigen Verwaltungsrat der in die Schlagzeilen geratenen KfW sitzt auch einer, dessen Partei am lautesten für „mehr Politische Kontrolle“ auf die Pauke haut: Oskar Lafontaine.

Foto: Politikerin als Bankdirektorin: Ingrid Matthäus-Maier

 

Zeitzeugen

Wolfgang Clement – Der 1940 geborene Sozialdemokrat sitzt seit 2006 im Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power AG. Der gebürtige Bochumer war von 1998 bis 2005 erst NRW-Ministerpräsident und dann Bundeswirtschafts- und -arbeitsminister.

Gerhard Schröder – Der 1944 geborene Sozialdemokrat ist nach dem Ende seiner von 1998 bis 2005 währenden Amtszeit als Bundeskanzler in seinen Beruf als Rechtsanwalt zurückgekehrt. Seit 2006 ist der gebürtige Mossenberger Aufsichtsratsvorsitzender des von Gasprom gebildeten Pipeline-Konsortiums NEGP Company sowie für den Schweizer Ringier-Verlag und dessen Verwaltungsratspräsidenten Michael Ringier als Berater tätig und bei der New Yorker Redner-Agentur Harry Walker als Vortragsredner unter Vertrag.

Matthias Wissmann – Der 1949 geborene Christdemokrat ist seit vergangenem Jahr Präsident des Verbandes der Automobilindustrie. Er gehört den Beiräten der Energie Baden-Württemberg AG Karlsruhe (EnBW) und der Rolls-Royce Plc. London sowie dem Aufsichtsrat der Seeburger AG Bretten an. Der gebürtige Ludwigsburger war von 1973 bis 1983 Bundesvorsitzender der Jungen Union und von 1998 bis 2000 Bundesschatzmeister der CDU. Als Bundesminister war er 1993 für Forschung und Technologie und von 1993 bis 1998 für Verkehr zuständig.

Werner Müller – Der 1946 geborene Parteilose ist Vorstandsvorsitzender der RAG Aktiengesellschaft und der Evonik Industries AG sowie Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bahn AG (DB) und der Degussa GmbH. Der gebürtige Essener war von 1998 bis 2002 Bundeswirtschafts- und -technologieminister.

Björn Engholm – Der 1939 geborene Sozialdemokrat schloß 1994 einen Beratervertrag mit dem Energiekonzern PreussenElektra, die im Rahmen der Fusion von VEBA und VIAG zur E.on AG 2000 in der E.on Energie aufging. Der gebürtige Lübecker war von 1981 bis 1982 Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, von 1988 bis 1993 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und von 1991 bis 1993 Bundesvorsitzender der SPD.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren