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23.02.08 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-08 vom 23. Februar 2008

Gefährliche Freunde / Wir dürfen »Abschaum« sagen, Liechtenstein trägt den Tortuga-Look, und Oskar Lafontaine fährt zum Mauern in die schöne Nordheide
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Es gehört sich nicht, unhöflich zu sein. Böse Gedanken schluckt man runter. Leicht ist das nicht immer, bei manchen staut sich da richtig was an, das dann irgendwann irgendwohin muß. Aber Vorsicht: Durch einen unkontrollierten Ausbruch häßlicher Wallungen kann man sich schnell lächerlich, ja unmöglich machen.

Daher ist es dringend empfohlen, den Dampf kontrolliert und gezielt abzulassen. Es gilt, eine günstige Gelegenheit abzupassen.  Die ist gekommen, wenn jemand, der ohnehin unbeliebt ist, einen Fehler macht. Über den können Sie all Ihren angesammelten Groll niedergehen lassen, ohne sich an die gesellschaftlichen Regeln halten zu müssen.

Der SPD-Generalsekretär Hubertus Heil mußte, das ist unverkennbar, sehr lange auf seine Stunde warten und bis dahin viel Frust hinunterschlucken. Doch nun war es endlich soweit: Der Herr Zumwinkel flog bei dem Versuch auf, mit allerlei Millionen in die Berge stiften zu gehen. In Heil schoß uralter Unrat hoch: Zumwinkel sei ein „Asozialer“. Auch Heils Vorgänger Benneter stand offenbar schon lange sehr unter seelischem Druck und titulierte den Liechtenstein-Liebhaber sogar als „Abschaum“.

Zurechtgewiesen hat sie dafür niemand, sie haben ihr Opfer also gut gewählt. Hätten die beiden über einem mehrfach vorbestraften Gewaltverbrecher solche Worte ausgekübelt, wäre die Republik der Guterzogenen wie Attilas Horde über sie hergefallen: Menschenverachtend, einen Menschen „Abschaum“ zu nennen! Die Menschenwürde gilt schließlich auch für einen Verurteilten, meine Herren Heil und Benneter!

Keine Spur von derlei Empörung im vorliegenden Fall, denn dieser Zumwinkel trägt alle Ekelzüge, die es zum Buhmann braucht, selbst ohne schwarze Konten in den dunklen Tälern des Hochlandes: Er ist reich, er ist Manager, und er hat den größten Logistikkonzern der Welt gezimmert, kurz: Er ist ein bösartiges Reptil, bei dem wir alle Scham fahren lassen können.

Und Liechtenstein? Das Fürstentum hoch oben am Rhein entpuppt sich als europäisches Tortuga. Tortuga, das war die sagenhafte Insel in der Karibik, auf der die Piraten des 17. und 18. Jahrhunderts, die mit Augenklappe und Papagei, ihre Beute deponierten. Damals waren es Handelsschiffe, auf die es die Seeganoven abgesehen hatten. Heute geht es gegen den Kraken Fiskus. Mit den barocken Pfeffersäcken hat der Fis­kus gemein, bei der Beschaffung seiner Einkünfte auch nicht zimperlich vorzugehen, weshalb er ebenfalls wenig populär ist.

Aber das macht jetzt nichts, jetzt macht der Fiskus erst mal den Zumwinkel zur Minna, wobei wir voller Wonne zuschauen oder wie die Heils und Benneters auch gern selbst einmal ein faules Ei gegen den Pranger schleudern. Wenn die Schau vorbei ist und wir im Publikum uns ordentlich ausgetobt haben, gehen wir wieder unserem Tagwerk nach und suchen unsere Umgebung nach Steuerschlupflöchern ab.

Die Liechtensteiner können nicht so schnell zur Tagesordnung übergehen. Die haben länger zu beißen an der Sache, sie fühlen sich nicht wohl in ihrem Tortuga-Look und fluchen fürchterlich. Das Briefkastenländchen hat eine schwatzhafte Laus im noblen Pelz gehabt. Den Verräter hätten sie gern.

Ja, so ist das eben: Nichts ist gefährlicher als ein indiskreter Freund. Am gefährlichsten sind aber nicht die käuflichen Verräter, die hinterhältigen Scheinfreunde. Es gibt eine viel verheerendere Variante des gefährlichen Freundes: den Trottel.

Wir hatten ja nur eine trübe Ahnung davon, was die Genossen von ganz links wirklich denken und an ihren Stammtischen so herumreichen. Christel Wegner aus Buchholz in der Nordheide hat uns in ihrer Unbedarftheit aus der Not geholfen mit ihren Erzählungen von der Mauer und den Träumen von einer stasibewehrten Zukunft im Staat der Linken.

Wer jetzt allerdings meint, die Genossin habe der Linkspartei nachhaltig geschadet, sollte sich mit dem Blick auf die Realitäten beruhigen. Was Frau Wegner da ausgeplaudert hat, wird bei vielen auf Zustimmung stoßen, war es doch lange vor dem 9. November 1989 in weiten Kreisen Westdeutschlands beinahe Allgemeingut. Wie hieß es damals: Die deutsche Teilung sei die Basis für den Frieden und somit die Mauer ein notwendiges Instrument der Friedenssicherung. Dachten nicht alle fortschrittlichen, realistischen, durch Annäherung gewandelten Menschen so?

Ja, die schon. Es rumorten aber auch noch die „dumpfen Antikommunisten“. In den 70er und 80er Jahren gab es gar keinen anderen Antikommunismus mehr als den „dumpfen“; war von „Antikommunismus“ die Rede, kam das Attribut „dumpf“ immer gleich mit, es gehörte dazu wie „Hansestadt“ zu „Hamburg“.

Man hätte den Antikommunismus auch „gefährlich“ nennen können. Kam aber nicht so gut: Leute mit Pappschildern vor der waffenstarrenden Berliner Mauer „gefährlich“? Glaubt einem keiner. Also waren sie eben „dumpf“.

In dieser schönen, klaren Zeit sammelte Christel Wegner ihre politischen Erfahrungen und Klischees. Sie hat in „Panorama“ lediglich dahergeträllert, was damals politisch schick war. Die Arme hat ihre Sätze nur nicht hinreichend verschwurbelt, weil sie die Fernsehsendung mit dem Linkspartei-Stammtisch verwechselt hatte.

Das ist ärgerlich, aber auch kein Beinbruch. Der Rausschmiß war wohl unvermeidlich, um den Vorhang schnell wieder zuzukriegen, aber im Grunde überflüssig. Im Vorwort zum neuen Buch von Hans Modrow schwärmt Linkechef Oskar Lafontaine, die DDR habe in einer „mehr als mißlichen Lage Beachtliches geleistet: vom Arbeitsgesetzbuch über die Volksbildung, die medizinische Versorgung, die Landwirtschaft bis hin zur Sozialpolitik“. Kein Wunder, würde Christel Wegner hier nahtlos anfügen, daß man eine Mauer bauen mußte, um so viel Gutes vor dem Griff der 60 Millionen arbeitslosen, ungebildeten, kranken, ausgehungerten und sozial deklassierten Bundesbürger zu schützen.

Und die Sache mit der Stasi? Der „Spiegel“ berichtet, daß die Linkspartei-Zentrale neuerdings Aufpasser zu westdeutschen Parteiversammlungen schickt. Die säßen im Hinterzimmer, um jeden, der sich meldet und für Aufgaben in der Partei empfehlen will, sofort zu „googeln“. Für die Computer-Abstinenten: Einen Menschen „googeln“ heißt, die größte Suchmaschine im Internet nach Informationen, Gerüchten und ähnlichem über ihn abzusuchen.

Leute, die im Kämmerchen hinter dem Saal sitzen, das Geschehen akribisch observieren und Personenüberprüfungen am Fließband vornehmen – und so eine Partei schmeißt eine Stasi-Anhängerin aus der Fraktion?

Das Hamburger Magazin hat nicht nur die Freizeit-Mielkes im Linkspartei-Nebenzimmer entdeckt. Es war auch dabei, als Oskar Lafontaine in trautem Kreise erklärte, was seinen Weg vom Linken zum ganz Linken, seine ganze Radikalität ausgelöst habe.

Nach der Gesundung von dem Attentat auf ihn 1990 habe er „plötzlich unglaubliche Lust gehabt, mit Steinen etwas zu mauern“. Lafontaines Erklärung: Bei den Transfusionen muß ihm das Blut eines Arbeiters, eines Maurers gespritzt worden sein.

Aha. Ratgeber empfehlen, mit solchen Menschen leise und gemessen zu sprechen und abrupte Bewegungen zu vermeiden, die sie als Bedrohung auffassen könnten. Es sei wichtig, behutsam ihr Vertrauen zu gewinnen, sonst sei jede Therapie von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Vielleicht tun es auch bloß ein paar Tage Ausspannen bei der Christel in der romantischen Nordheide. Es ist in seelisch turbulenten Phasen wichtig, jemanden um sich zu haben, mit dem man sich gut versteht, dessen Träume man teilt. Beim Thema Mauern finden Arbeiterblut Oskar und die Frau Wegner sicherlich rasch zur geistigen Symbiose.


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